Ausgabe 190
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>190</strong> / 19. 12. 2019<br />
Kultur<br />
111<br />
Tatsächlich waren hier, auch kriegsbedingt,<br />
anfänglich vor allem Frauen tätig. Als<br />
„Ideenlaboratorium“ bot die Künstlerwerkstätte<br />
Möglichkeiten zum uneingeschränkten<br />
Experimentieren, die Ergebnisse wurden von<br />
der WW angekauft oder abgelehnt. Von Bunt -<br />
papieren, Perlarbeiten und bemalten Gläsern<br />
über Stickereien, Schmuck und Elfenbeinschnitzereien<br />
bis zu Spielzeug und figürlicher<br />
Keramik reichte das Produktionsspektrum.<br />
Arbeiten in größerem Maßstab ermöglichte<br />
die Gestaltung der WW-Filiale in der<br />
Kärntner Straße 32, die 1918 für den Verkauf<br />
von Spitzen, Stoffen und Lampen eingerichtet<br />
wurde. Die Wände und Decken wurden<br />
von Hilde Jesser, Reni Schaschl und Felice<br />
Rix mit Natur- und szenischen Motiven be -<br />
malt und werden in der Ausstellung fotografisch<br />
dokumentiert.<br />
Zwischen Anerkennung und Kritik<br />
Der Ausstellungsparcours mündet in die<br />
Rezeption der „weiblichen“ WW-Kunst in<br />
den 1920er Jahren. Im Zuge des Ersten Weltkriegs<br />
erforderte die wirtschaftliche Situation<br />
Foto: MAK<br />
Susi Singer, Postkarte der Wiener Werkstätte (Nr. 631), 1912<br />
Foto: MAK / Katrin Wißkirchen<br />
Gudrun Baudisch, Keramikfigur<br />
(WW-Originalkeramik Nr. 5941), 1927<br />
der Frauen Erwerbstätigkeit und ließ einen<br />
neuen Typus Frau entstehen: eigenständig<br />
und souverän. In der zeitgenössischen Literatur<br />
wird er u. a. durch die kurzhaarige, rauchende<br />
und extravagant gekleidete „Kunstgewerblerin“<br />
versinnbildlicht. Diesen Beruf<br />
umgab etwas Elitäres: Er garantierte keinen<br />
guten Verdienst und war eine Domäne für<br />
Frauen aus begüterten Verhältnissen. Adolf<br />
Loos sah in ihnen gelangweilte höhere Töchter,<br />
die sich „‚Künstlerinnen‘ nennen, weil<br />
sie batiken können“. Die Kritik kulminierte<br />
in der Bezeichnung „Wiener Weiberkunstgewerbe“<br />
durch den Grafiker Julius Klinger.<br />
Dieser radikalen Kritik stand die Würdigung<br />
bei großen Ausstellungen der Zwi -<br />
schenkriegszeit, etwa der Deutschen Gewerbeschau<br />
in München (1922) oder der Artdéco-Ausstellung<br />
in Paris (1925), gegen über.<br />
Der von Gudrun Baudisch, Mathilde<br />
Flögl und Vally Wieselthier gestaltete Katalog<br />
zum 25-Jahr-Jubiläum der Wiener Werkstätte<br />
1928 führte das grafische und plastische<br />
Können noch einmal beispielhaft vor<br />
Augen.<br />
Die Ausstellung „Die Frauen der Wiener<br />
Werkstätte“ wird von einer gleichnamigen Pu -<br />
blikation begleitet, die die vom MAK recherchierten<br />
Biografien zu den Künstlerinnen ent -<br />
hält.<br />
n<br />
https://www.mak.at/<br />
https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Werkst%C3%A4tte<br />
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