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Haus+Mensch 2/2019

Das Magazin Haus + Mensch hat sich ganz den Themen Wohngesundheit, Nachhaltigkeit und Ökologie verschrieben. Die Leserinnen und Leser werden gezielt informiert, welche Alternativen sich für den Neubau, die Renovierung und den Innenausbau ihres Wohnraums eignen. Der Fokus liegt auf wohngesunden, schadstofffreien oder schadstoffarmen, klimaverträglichen und naturnahen Materialien.

Das Magazin Haus + Mensch hat sich ganz den Themen Wohngesundheit, Nachhaltigkeit und Ökologie verschrieben. Die Leserinnen und Leser werden gezielt informiert, welche Alternativen sich für den Neubau, die Renovierung und den Innenausbau ihres Wohnraums eignen. Der Fokus liegt auf wohngesunden, schadstofffreien oder schadstoffarmen, klimaverträglichen und naturnahen Materialien.

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Spätestens seit Herbst 2018 sind<br />

in allen Bundesländern veränderte<br />

Landesbauordnungen in Kraft.<br />

Deren wichtigste Neuerung ist die Musterverwaltungsvorschrift<br />

Technische Baubestimmungen,<br />

kurz MVV TB. Darin sind<br />

die konkreten Anforderungen an Gebäude<br />

und dort verwendete Baustoffe festgelegt,<br />

zum Beispiel zur Sicherheit und die Umweltverträglichkeit<br />

von Gebäuden. Diese<br />

Bestimmungen gab es schon früher, etwa<br />

in den sogenannten Bauregellisten. Neu<br />

ist unter anderem der Anhang 8 „Anforderungen<br />

an bauliche Anlagen hinsichtlich<br />

des Gesundheitsschutzes (ABG)“. Hier sind<br />

jetzt erstmals gesundheitliche Mindestanforderungen<br />

festgelegt, mit denen der Gesetzgeber<br />

die Nutzer von Gebäuden vor<br />

Schadstoffen aus Bauprodukten schützen<br />

will. Seitenweise finden sich hier Angaben<br />

zu schwer auszusprechenden Schadstoffen<br />

und deren maximale Konzentrationen, die<br />

in einem Baustoff und damit in einem Haus<br />

erlaubt sind. Damit findet erstmals ein gesundheitlicher<br />

Mindestschutz Eingang in<br />

das Bauordnungsrecht.<br />

Aus Empfehlung wird Pflicht<br />

Das Konzept der Schadstoffhöchstwerte<br />

gibt es schon lange. Als Schema des Ausschusses<br />

für die gesundheitliche Bewertung<br />

von Baustoffen (AgBB) war es bisher lediglich<br />

eine Empfehlung. Nun ist es Pflicht<br />

und muss von Architekten und Bauunternehmen<br />

beachtet werden. Allerdings sind<br />

die genannten Grenzwerte als Mindestschutz<br />

zu verstehen, der direkte Gefahren<br />

für die Gesundheit abwehren soll. Da wir<br />

uns sehr lange, etwa 90 Prozent unserer<br />

Zeit in Innenräumen aufhalten, sollten gerade<br />

für die eigenen vier Wände höhere<br />

Standards gelten.<br />

Neu sind auch Kontroll- und Dokumentationspflichten<br />

für Architekten und Bauunternehmen.<br />

Sie müssen prüfen, ob die<br />

verwendeten Baustoffe den gesetzlichen<br />

Vorschriften und den Anforderungen der<br />

Bauherren genügen. Diese Anforderungen<br />

sollte man am besten vertraglich festlegen.<br />

Das können zum Beispiel bestimmte<br />

Grenzwerte einer Raumluftmessung nach<br />

Fertigstellung sein. Manche Fertighausanbieter<br />

oder Bauunternehmen sowie<br />

Architekten bieten diese Sicherheit bereits<br />

von sich aus an.<br />

CE-Zeichen hilft nicht weiter<br />

Grund für die Änderungen des deutschen<br />

Bauordnungsrechtes ist ein Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofes (EuGH) von 2014.<br />

In diesem wird Deutschland verboten, eigene<br />

Regeln für die Zulassung von Baustoffen<br />

zu haben, für die es europäische<br />

Normen gibt. Das bekannte Ü-Zeichen des<br />

Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt)<br />

gibt es für diese Produktgruppen also nicht<br />

mehr. Der Nachteil für Verbraucher, Planer<br />

und Handwerker: In vielen europäischen<br />

Normen ist nur der kleinste gemeinsame<br />

Nenner definiert. Vorgaben, etwa zu<br />

Schadstoffen, gibt es dort im Moment noch<br />

keine. Statt der staatlichen Behörde muss<br />

jetzt jeder selbst schauen, ob alles<br />

seine Richtigkeit hat.<br />

Das Problem: Das CE-Kennzeichen<br />

für die Übereinstimmung<br />

mit europäischen Regeln, ist kein<br />

Brauchbarkeitnachweis, wie es im<br />

Juristendeutsch heißt. Um ein Bauprodukt<br />

in Europa mit dem CE-Zeichen in Verkehr<br />

bringen und handeln zu können, muss<br />

nur eines der wesentlichen Merkmale aus<br />

einer EU-Norm erklärt sein. Für alle anderen<br />

Anforderungen kann der Hersteller auch<br />

einfach keine Angaben machen. „NPD - No<br />

performance determined“ heißt das dann.<br />

Das Umweltbundesamt spricht deshalb von<br />

einer „Schutzlücke“ für die Gesundheit von<br />

Bauherren und Gebäudenutzern und ist<br />

dabei, diese zu schließen. Zum Beispiel indem<br />

Normen nachgebessert werden und<br />

für manche Produktgruppen Schadstoffmessungen<br />

vorgeschrieben werden. Das<br />

ist mühsam, geht aber langsam voran.<br />

Erste europäische Normen sind auf dem<br />

Papier und die Prüfung auf flüchtige organische<br />

Verbindungen (VOC) erweitert<br />

worden. Allerdings gibt es bei der EU einen<br />

Normenstau, sodass die Regelungen bis<br />

Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht<br />

wurden und erst später in Kraft treten.<br />

Betroffen von der Deklarationspflicht für<br />

VOC sollen zunächst Boden- und Wandbeläge,<br />

Estriche, Sportböden, bestimmte<br />

Dämmstoffe, behandeltes Massivholz und<br />

Holzwerkstoffe sein.<br />

VERZEICHNIS<br />

UND LOGOS<br />

Eine Vielzahl geprüfter Bau- und Reinigungsprodukte,<br />

davon zahlreiche kostenlos<br />

recherchierbar, findet sich im Bauverzeichnis<br />

Gesündere Gebäude www.<br />

bauverzeichnis.gesündere-gebäude.de.<br />

Logos von Labeln: www.natureplus.<br />

org, www.eco-institut.de, www.<br />

blauer-engel.de, www.eurofins.de<br />

Gesundheitspass Gesündere<br />

Gebäude: www.sentinel-haus.eu<br />

Gute Prüfzeichen helfen!<br />

Was also tun? Vor allem Architekten und<br />

Bauunternehmen, aber auch Handwerker<br />

sitzen zwischen den Stühlen. Bei<br />

rund 500 Produkten, die in einem<br />

Einfamilienhaus verbaut sind, sind<br />

Kontrolle und Dokumentation viel<br />

Arbeit. Gleichzeitig haften sie für die<br />

korrekte Baustoffauswahl. Die Lösung<br />

sind vertrauenswürdige, unabhängige<br />

Prüfungen durch Label wie natureplus,<br />

eco-Institut, teilweise dem Blauen Engel,<br />

Eurofins Indoor Comfort Gold, Pure Life<br />

und manch andere mehr. Deren Grenzwerte<br />

gehen deutlich über die neuen gesetzlichen<br />

Mindestanforderungen hinaus und<br />

bieten einen guten Gesundheitsschutz. Für<br />

komplette Gebäude reicht das aber nicht,<br />

denn da kommt es auf das Gesamtpaket<br />

aus geprüft gesünderen Baustoffen und<br />

einer sorgfältigen Verarbeitung an. Ein<br />

umfassendes Konzept für geprüft gesündere<br />

Gebäude hat das Sentinel Haus Institut<br />

entwickelt, das zum Beispiel manche<br />

Fertighausanbieter umsetzen. Dort kann<br />

man die gesundheitliche Qualität seines<br />

Hauses und deren Kontrolle durch eine<br />

Raumluftmessung vertraglich vereinbaren<br />

und einen Gesundheitspass bekommen.<br />

Aufmerksame Bauherren erfragen, welche<br />

Form der gesundheitlichen Qualitätssicherung<br />

ein Hausanbieter hat, und vereinbaren<br />

entsprechende Standards im Vertrag. Trotz<br />

oder gerade wegen der neuen Rechtslage:<br />

Wer Wert auf seine Gesundheit und die<br />

seiner Familie legt, muss sich also nach wie<br />

vor kümmern. n büh<br />

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