UNDERDOG #63
UNDERDOG #63 Punk und Subkultur in Südostasien Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.
UNDERDOG #63
Punk und Subkultur in Südostasien
Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.
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spirituellen Sinnsuche lesen – und als
Kritik am religiösen Dogmatismus.
Der Erfolg des Buches war der
Startschuss für die Entstehung einer
echten Taqwacorebewegung mit Bands
und Supporter*innen, gefolgt von einer
Low-Budget-Tournee durch Amerika,
einem Dokumentarfilm mit dem Titel
‚Taqwacore - The Birth of Punk Islam‘
im Jahr 2009 und einem Film mit dem
Titel ‚The Taqwacores‘ im Jahr 2010.
Kourosh Poursalehi, ein damals 16-
jähriger Sufi aus der texanischen
Metropole San Antonio, las kurz nach
Erscheinen Knights Roman und hielt die
beschriebene Bewegung für echt. Um
Anschluss an die Szene zu finden,
vertonte er einige Verse, die der
Schriftsteller dem Buch vorangestellt
hatte – „Mohammed war ein
Punkrocker“ – und schuf damit
ironischerweise den ersten realen
Taqwacore-Song. Poursalehi gründete
schließlich selbst eine Band mit dem
ironischen Namen Vote Hezbollah
(Wählt Hisbollah).
Das erfolgreiche Buch übte einen
enormen Einfluss auf islamische
Musiker in den USA aus, die zum Teil
schon in Bands waren, zum Teil dann
erst Bands gründeten.
THE KOMINAS sind eine weitere
Taqwacore-Band, die 2005 von zwei
pakistanischen Amerikanern aus
Worcester, Massachusetts, gegründet
wurde und Teil des Dokumentarfilms
waren 2 . Ihr tanzorientierter Sound
verbindet charakteristisch Punk-Stile
von 1977 mit Einflüssen von
Psychedelic Rock aus der ganzen Welt
(wie der Türkei und dem Iran), Punjabi-
Volksmusik, Surf Rock, Reggae, Disco
und Dub. Ihre Songs sind oft
selbstreferenziell und situativ und
fordern die Hörer*innen oft heraus, ihre
Annahmen darüber, was es bedeutet,
Amerikaner, Muslime oder Punk zu sein,
neu zu bewerten. The Kominas wurden
auch in Südasien durch Songs bekannt,
die sie in Punjabi, Urdu und Hindi
veröffentlichten. Einer ihrer
erfolgreichsten Hits ist der Song
‚Tunnnnnn‘, eine Neuinterpretation
eines klassischen Reggae-Songs:
‚Armagideon Time‘ von Willie Williams.
Die Texte von ‚Tunnnnnn‘ sind ein
Mashup aus Englisch, Urdu und
Punjabi. Der Text proklamiert (auf
Urdu): „Wir werden nur trinken, was sie
im Irak trinken! Wir werden nur
trinken, was sie in Karbala trinken!“
Allerdings ist die Band nicht bei allen
beliebt und wird von allen Seiten des
politischen, musikalischen und
religiösen Spektrums angegriffen. In
einem Interview 3 mit ‚Vanyaland‘, einer
Bostoner Musikzeitschrift, bringt
Usmani dies zur Sprache, wenn er
erwähnt, wie sie von anti-religiösen
pakistanischen Punks dafür kritisiert
werden, sich als Muslime zu sehen. Und
20
2 Ein Teil des Films handelt davon, wie ‚islamische‘
Punkbands gemeinsam mit Knight in einem alten
Schulbus auf Tournee durch die USA fahren, der
andere Teil beschreibt eine Reise Knights nach
Pakistan, wo er verschiedene Sufi-Schreine sowie
seine alte Madrassa besucht und die „Kominas“
trifft, die sich damals gerade für zwei Jahre im Land
aufhielten.
3 http://www.vanyaland.com/2014/10/28/interviewkominas-muslim-punk-band-taqwacore-bridginggap-consciousness-cultures/2/