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UNDERDOG #63

UNDERDOG #63 Punk und Subkultur in Südostasien Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

UNDERDOG #63
Punk und Subkultur in Südostasien
Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

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Pinoy Punk – Punk und Subkultur in den Philippinen

Wissens schlechter dokumentiert. Aber

es gab ab Anfang der 1970er eine große

Protestrock-Bewegung. Einige nennen

den Stil „Pinoy Folk“ oder „Pinoy Rock

Music“. International am bekanntesten

ist sicherlich Freddie Aguilar und sein

Song „Anak“. Juan de la Cruz Band (1968

gegründet), Apo Hiking Society (1969)

oder Asin (zweite Hälfte der 1970er)

haben in Richtung heimischer Rockmusik

auch wichtige Vorarbeit geleistet. Viele

der 1970er Rockbands haben sich an

Universitäten gegründet oder kamen aus

deren Umfeld. Anfang der 1970er gab es

große Proteste in Manila, die oftmals in

Gewalt umschlugen. Die Zeit wird im

Rückblick auch First Quarter Storm

(Januar bis März 1970) genannt und

dürfte viele Studierende damals sehr

stark geprägt haben. Gewisse Parallelen

zu der 1968er Bewegung hier gibt es

wahrscheinlich auch. Während hier sich

einige radikalisiert haben und RAF-

Sympathisant*innen wurden, wurden

einige der radikalisierten Studierenden

in den Philippinen Mitglieder der

Communist Party of the Philippines

(CPP). Diese war erst 1968 gegründet

worden. Ab 1972 regierte der zuvor 1965

gewählte Präsident Ferdinand als

Diktator. Diese Diktatur ging bis 1986 –

also auch über die ersten Jahre des

Punks in den Philippinen hinaus. Ende

der 1970er, Anfang der 1980er war die

CPP und ihr bewaffneter Arm, die New

People's Army (NPA), ein wichtiger

Gegenspieler. Viele Mitglieder der

Rockbands unterstützten mehr oder

weniger offen den bewaffneten

Widerstand, der zum Teil bis zu 25

Prozent des Territoriums einnehmen

konnte, nicht nur militärisch, sondern

weil er vor allem Gesundheitsversorgung

und Bildung in die ländlichen Regionen

brachte. Auch bei der sogenannten

EDSA-Revolution (benannt nach der

wichtigsten Straße Manilas), die 1986

den Diktaturen mit lang anhaltenden,

friedlichen Protesten stürzte, spielte

diese Rockmusik eine große Rolle. Auch

heute stehen Noel Cabangon oder The

Jerks (Band um Chickoy Pura) in dieser

Tradition. The Jerks sind

interessanterweise sogar als Punkband

angefangen.

«No Future war nicht die Angst vor

der Stationierung von Atom-Raketen

im Land, sondern wahrscheinlich viel

greif- und erlebbarer.»

Ich glaube, dass das wichtig ist als

Vorwissen, wenn man jetzt sagt, Punk

kam ja ursprünglich aus England in die

Philippinen, später dann auch Hardcore

aus den USA auf die Inseln. Ich würde

eher sagen, dass Punk und Hardcore

auch in den Philippinen auf einen

vorbereiteten Boden gefallen sind. Einige

Entwicklungen verliefen dann parallel,

sind aus der philippinischen Geschichte

erklärbar. Generell gab es in den 60ern

und 70ern – in denen die Philippinen

nach Japan das zweitwohlhabendste

asiatische Land waren – einen gewissen

Wohlstand und wohl Livebands sowie

eine damit verbundene Musikkultur (inkl.

Plattenpresswerken und anderer

Infrastruktur). Vieles von dieser

Rockkultur war aber anscheinend

beschränkt auf das „Covern“ von

internationalen Hits. Das wiederum hatte

Einfluss auf die Punkszene, weil einer

der Gründungsväter, Tommy Tanchanco –

dessen Vater tatsächlich im Marcos-

Regime Minister war – Konzerte

organisierte und darauf bestand, dass

Bands dort, wie auch später auf seinem

Label (Twisted Red Cross), eigene

Songs spielten. Auch der genannte

Radio-DJ Howlin' Dave spielte

philippinischen Punk im Radio, wenn

diese Songs eigenständig waren. Daraus

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