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UNDERDOG #63

UNDERDOG #63 Punk und Subkultur in Südostasien Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

UNDERDOG #63
Punk und Subkultur in Südostasien
Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

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Pinoy Punk – Punk und Subkultur in den Philippinen

der Diktatur geprägt. Die Songs sind

schroffer, härter, politischer,

desillusionierter. Kurz nach der

friedlichen Revolution und der

Wiedereinsetzung der Demokratie, mit

der jeweils viel Hoffnung verbunden war,

passierte das Massaker von Mendiola.

5

Schon während der Zeit des First

Quarter Storms, den Studierenden-

Proteste in den 1970ern, gab es an

diesem Ort blutige Proteste (Urban

Bandits Song: Battle of Mendiola), doch

das Massaker fand dann später Einzug in

Punksongs, wie von Abrassive

Relations (2001) oder ins Artwork von

The Exsenadors (2016). Er zeigt die

Frustration mit dem System, denn trotz

Wandels ändert sich nichts.

Ich glaube, dass die Inspiration an vielen

Stellen aus Wut geschöpft wird und sich

die kleinen Freiheiten und Ausflüchte in

einem beschissenen System zu nehmen.

Aber eigentlich müsste man da

wahrscheinlich viele Leute fragen, die

alle verschiedene Antworten geben

würden.

Würdest du mir zustimmen, wenn ich

behaupte, dass Punk in den

Philippinen in einem

konfliktbeladenen und

kämpferischen Verhältnis zu Politik,

Religion und Gesellschaft ist?

Ein wenig sehe ich die Gefahr, mit so

einer einseitigen Antwort die Szene zu

exoitisieren oder zu romantisieren.

Meine spontane Eingebung wäre, dir

zuzustimmen, gleichzeitig gibt es in den

Philippinen genauso Mittelschichtskids in

der Punk-Szene. Instrumente, Konzerte

(die in der Regel ohne Gage sind),

Proben (in häufig gemieteten Studios),

Aufnahmen, etc. kosten halt Geld, das bei

vielen Menschen aufgrund der

5 Mendiola ist eine Brücke zum Regierungspalast, auf

der 1987 mindestens 12 protestierende Bäuerinnen

und Bauern von der Polizei ermordet wurden.

Lebenssituation nicht da ist. So

beschissen Hartz IV auch ist, so viel

schlechter unser Gesundheitssystem im

Vergleich zu den 1970ern ist, für

Filipin@s klingt das alles noch

paradiesisch. Das heißt aber auch, einige

Mittelschichtskids in der Punkszene

haben mehr zu verlieren, als zu

gewinnen – genauso wie hier ja auch. Auf

der anderen Seite gibt es viele Bands und

Personen, auf die das vollkommen

zutrifft.

Ein Beispiel: Die Band The Beauty Of

Doubt hat eine CD-Single mit dem Titel

„Just Matter“ herausgegeben. Das

Artwork ist von JL Burgos, einem

Künstler, dessen Bruder aufgrund seiner

politischen Arbeit entführt wurde und

verschwunden ist. Seine Mutter (Edith

Burgos) und JL kämpfen dafür, dass

Jonas Burgos wieder auftaucht oder es

zumindest Klarheit gibt, wann er wo

ermordet wurde. Es gilt als recht sicher,

dass das Militär hinter seiner Entführung

steckt.

In den drei Liedern von The Beauty of

Doubt geht es dann um den Widerstand,

um den Mut der Aktivist*innen im Land

und im dritten Song um die „enfored

dissapeared people“, inklusive einer

langen Liste von Namen, die im Song

genannt werden, die halt

„verschwunden“ sind.

Selbst Streetpunk Bands wie Bad Omen

oder Istukas Over Disneyland

schreiben in fast allen Texten über die

sozio-ökonomische Situation im Land und

wie beschissen das politische System ist.

„Maling systema“ (beschissenes System)

ist in der lokalen Szene ein gewisser Hit,

den auch junge Punker-Kiddies schon live

laut mitsingen.

Ein anderes Beispiel: Nehmen wir

Religion. Die Philippinen sind

überwiegend katholisch und religiöse

Normen viel stärker verbreitet. Hier ist

ein Ankämpfen dagegen viel wichtiger,

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