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UNDERDOG #63

UNDERDOG #63 Punk und Subkultur in Südostasien Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

UNDERDOG #63
Punk und Subkultur in Südostasien
Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

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A GLOBAL MESS – Eine SubkulTOUR durch Südostasien

lässt das bleiben, was einem nicht gefällt

und ändert, was einen stört.

Was sind die Kernthemen, die

Probleme, mit denen sich Punks und

Hip Hopper*innen in Malaysia,

Indonesien oder Thailand im Alltag

beschäftigen/auseinandersetzen?

Diana: Auch diese Frage lässt sich

nicht pauschal beantworten. Die

Unterschiede zwischen den einzelnen

bereisten Ländern sind mitunter riesig

und führen zu komplett verschiedenen

Lebensrealitäten der jungen Menschen.

So gehört das insgesamt sehr westlich

geprägte Singapur beispielsweise zu den

reichsten Ländern der Welt und die

feministischen Hardcore-Musikerinnen,

die wir dort trafen, beschäftigten sich mit

Themen wie der Frauenquote in Bands,

Cybermobbing und überholten

Rollenbildern. Das Nachbarland Malaysia

gilt hingegen als Schwellenland und der

ethnischen Gruppe der Malaien wird dort

ein Religionszwang auferlegt, der

mithilfe der Scharia umgesetzt wird. Eine

junge Künstlerin, die wir dort

kennengelernten, erzählte uns, dass sie

mal für ein paar Tage ins Gefängnis

musste, weil sie unverheirateter Weise

mit zwei männlichen Mitbewohnern in

einer WG zusammengelebt hat. Allein

diese beiden Beispiele zeigen, dass auch

innerhalb Südostasiens verschiedene

Welten aufeinanderprallen.

Dementsprechend setzen sich auch die

einzelnen Subkulturen dort mit komplett

unterschiedlichen Themen auseinander.

Die Haltung gegen das System

scheint in Südostasien oftmals auch

die Haltung gegen die Religion.

Welche Spuren haben diese erlebten

Erfahrungen bei dir hinterlassen?

Felix: Ich glaube, dass es nur aus

der Ferne so scheint. In vielen Ländern

spielt Religion im Alltag eine weitaus

größere Rolle als bei uns. So kommt es

natürlich, dass die jungen Leute dort

auch ganz anders mit Religion

sozialisiert werden und dem Ganzen

daher weniger (oder überhaupt nicht)

kritisch gegenüberstehen.

Selbstverständlich wird Religion auch

häufig benutzt, um gewisse Traditionen

zu rechtfertigen. Doch tatsächlich habe

ich es unterwegs weitaus öfter erlebt,

dass Menschen versuchten, ihren

Glauben und ihre Szene-Identität

miteinander zu vereinen. Das beste

Beispiel dafür waren ein paar Frauen, die

ich auf einem Deathmetal-Konzert

gesehen habe. Sie trugen Shirts mit

satanischen Motiven zu ihren Hijabs und

feierten die Bands ab. Dennoch möchte

ich nicht den Eindruck erwecken, dass

Religion nicht auch missbraucht wird, um

strukturelle Unterdrückung zu

rechtfertigen.

Was sind die langfristigen, positiven

Folgen von Subversion in Südostasien

für die gegenkulturelle Bewegung?

Felix: Das kann ich wirklich nicht

beantworten. Wie auch?

Südostasien ist geprägt von einem

autoritären Verständnis von

Männlichkeit und traditionellen

Identitäten. Wie wird Feminismus in

Subkulturen wie Punk und Hip Hop

definiert und praktiziert?

Diana: Man muss natürlich auch

hier wieder zwischen den einzelnen

Ländern unterscheiden und darf nicht alle

über einen Kamm scheren. Auf den

Philippinen sind im Jahr 2016 zum Beispiel

47 Prozent aller Abgeordneten, leitenden

Beamt*innen und Manager*innen Frauen

gewesen. Im Gleichstellungsranking des

Weltwirtschaftsforums landeten die

Philippinen daher auf dem 7. Platz weltweit

– Deutschland nur auf Platz 13. Aber klar,

die patriarchische Rollenverteilung ist

dennoch in vielen Lebensbereichen

spürbar, auch wenn ihre Ausprägung von

vielen Faktoren abhängig ist. Das fängt

bereits bei dem Zugang zu Bildung an,

aber auch religiöse Einflüsse können eine

Rolle spielen, genauso wie der Lebensraum

und nicht zuletzt das persönliche Umfeld.

So ist es für die eine ein feministischer

Befreiungsschlag, das Kopftuch abzulegen

und Künstlerin zu werden, während sich

ein paar Hundert Kilometer weiter eine

gleichaltrige Frau auf der Bühne in den

Schritt fasst und „This is my body“ ins

Mikro brüllt. Allein die Frauenquote auf

den Konzerten variierte schätzungsweise

41

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