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UNDERDOG #63

UNDERDOG #63 Punk und Subkultur in Südostasien Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

UNDERDOG #63
Punk und Subkultur in Südostasien
Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

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Pinoy Punk – Punk und Subkultur in den Philippinen

resultiert, dass die jungen Punks ab den

Spät-70ern / Früh-80ern eigene Songs

schrieben. Punk entstand auch, anders

als in UK, USA oder Deutschland, in

einem politischen Umfeld der Diktatur,

die an vielen Stellen massive Risse hatte

und nichtsdestotrotz aggressive,

repressiv gegen alles „Linke“ vorging.

Ein Trend, der anders geartet (s. weiter

unten: Krieg gegen die Drogen) bis heute

anhält. Dadurch war der Punk der ersten

Stunde – zumindest die Bands, die

Tonträger veröffentlichten – viel

politischer als zum Beispiel viele USoder

deutsche Bands der ersten Stunde.

Es ging nicht um eine Kunst-Performance

oder das pure Schocken der

Elterngeneration. No Future war nicht

die Angst vor der Stationierung von

Atom-Raketen im Land, sondern

wahrscheinlich viel greif- und erlebbarer.

Wenn wir jetzt den Sprung ins Jahr 2020

wagen, hat sich das heute natürlich weit

aufgefächert. Die Bands von damals

beeinflussen sicherlich noch heute

aktuelle Bands. Philippine Violators,

Urban Bandits, Wuds und andere – bzw.

einzelne Bandmitglieder – sind zum Teil

sogar noch aktiv. In Zeiten von Youtube,

Bandcamp, Facebook, Spotify, etc. ist

Musik aber natürlich wesentlich

internationaler, Einflüsse sind breiter.

Mit einem Click hast Du auch in den

Philippinen die ganze Welt des Internets.

Nahezu alle Musik ist so zugänglich

geworden oder zumindest die Illusion

dessen. Daher findet man natürlich von

den globalen Entwicklungen angestoßen

von Hardcore, Emo, Streetpunk, Straight

Edge Hardcore, Pogopunk, Crust,

Metalcore, Christian Hardcore,

Skatecore, Oi!, Ska, Skacore und viele

verschiedene Spielarten alternativer

Musik auch in den Philippinen. Ich habe

schon bei 38 Grad im Schatten Leute mit

Manila City Hardcore (MCHC)

Kapuzenpullover gesehen, als wäre

Manila City in Konkurrenz zu Boston City

oder New York City. Mode und Lifestyle

sind natürlich viel internationalisierter.

Auch ist Punk – so wie ich in den

Philippinen erlebt habe – ähnlich wie in

Deutschland von der Mittelschicht

geprägt.

Gleichzeitig würde ich dennoch

behaupten, dass einige philippinische

Bands immer wieder Eigenständiges

geschaffen haben. So hat die Band Wuds

zum Beispiel schon vor Veröffentlichung

von Cro-Mags Platten mit Hare Krishna

Einflüssen gespielt – was man natürlich

religionskritisch auch hinterfragen kann,

ob das jetzt gut ist. Und ich finde auch,

dass vor allem einige der älteren Bands,

wie Philippine Violators, Urban

Bandits, Dead Ends, Biofeedback oder

IOV einen durchaus eigenen Sound

geprägt haben. Das gleiche kann man

sicherlich auch für Istukas Over

Disneyland, The Beauty of Doubt oder

Bad Omen sagen, die allesamt

szeneintern eher größere Bands sind.

Was die Attitüde angeht, finde ich das

schwierig einzuschätzen. Subjektiv

würde ich sagen, dass die Szene generell

solidarischer ist. Es ist auch recht klar,

dass man mit Punk und Hardcore kein

Geld verdienen kann. Das heißt

Eintrittspreise, CD-, Vinyl- oder Fanzine-

Preise etc. decken in der Regel nur die

Kosten, im besten Fall inklusive der

Aufnahmen. The Beauty of Doubt, eine

Band die Ende der 2000er Jahre sehr

populär in der Szene war, haben mir mal

gesagt, dass sie Angebote hatten, aber

sie sich überhaupt keiner Illusion

hingeben würden, dass sie von der Musik

leben könnten. Die Philippinen sind ein

Land des Globalen Südens, viele

Menschen leben am Existenzminimum,

trotz harter Arbeit. Das wiederum führt

dazu, dass es relativ viele Soli-Shows gibt

für Personen aus der Szene – und

darüber hinaus –, die zum Beispiel

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