UNDERDOG #63
UNDERDOG #63 Punk und Subkultur in Südostasien Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.
UNDERDOG #63
Punk und Subkultur in Südostasien
Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.
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Pinoy Punk – Punk und Subkultur in den Philippinen
weil damit auch ein Protest gegen
gesamtgesellschaftliche Normen
angesprochen wird. Witzigerweise
wurden die ersten Punks häufig als
Satanist*innen bezeichnet und von der
Kirche hart angegangen.
Und dennoch gibt es natürlich auch die
Widersprüche. Ich meine, auch in der
CDU gibt es ja bekannte Politiker, deren
Punk-Vergangenheit denen nicht peinlich
ist. „Wilde Jugend“ und so. Auch in den
Philippinen gibt es Punks, die hinter
Duterte stehen. Sie sehnen sich nach
einem starken Mann und sind
abgefressen von den anderen politischen
Dynastien. Das menschen-, frauen- und
armenfeindliche Handeln des
Präsidenten wird dann ausgeblendet
oder relativiert.
Wie reagiert Politik auf subkulturelle
Strategien und Raumaneignung? Ist
Gewalt ein allgegenwärtiges
Instrument?
Es gibt meines Wissens keine
Raumaneignung für kulturelle Nutzung,
wie wir es in Europa durch besetzte
Häuser (AJZs, AZs) oder auch nur
Jugend(kultur)zentren kennen.
Gleichwohl gibt es Raumaneignung und
Besetzungen, die aber fast ausschließlich
für Wohnen und Leben sind. Die
Philippinen sind eine rasant wachsende
Gesellschaft (über 100 Millionen
Menschen in einem Inselstaat mit der
flächenmäßigen Größe Deutschlands). Es
gibt vor allem in den urbanen
Ballungsgebieten eigentlich keine „freien
Plätze“ oder „verlassenen Orte“, wo nicht
sofort Menschen Wohnraum errichten. Es
gibt aber Versuche anarchistische
Buchläden und Infoshops zu etablieren,
in den Städten Manila und Davao auch
über lange Zeiträume erfolgreich.
Meines Wissens sind die Räume dann
aber auch angemietet. Die
Anarchist*innen sind gut vernetzt und
haben zum Beispiel auch mobile
Buchläden organisiert, um auch in den
ländlichen Raum zu wirken. Kulturelle
Raumaneignung ist meines Wissens eher
punktuell, in dem man an Orten Konzerte
gibt, an denen ansonsten nicht
regelmäßig Konzerte stattfinden. Das
können Bars, Basketball-Plätze,
Baulücken, zeitweiser Leerstand oder
Hinterhöfe sein. Hier habe ich die Polizei
auf den Konzerten, auf denen ich war,
nicht als präsent erlebt. Allerdings muss
man auch betonen, dass die Menschen in
den Philippinen generell sehr gut
untereinander verletzt sind und gut
organisieren können. Das heißt Punks
schaffen es, Equipment, Location, Bands,
etc. innerhalb kürzester Zeit auf die
Beine zu stellen. Da hilft es dann auch
mal, wenn die Cousine bei der Stadt
arbeitet oder der Onkel im Barangay
(Stadtteil) aktiv ist. Gleichzeitig gibt es
aber wenig Orte, an denen regelmäßig
Konzerte stattfinden. Das heißt
Konzertorte sind fast immer
kommerzielle Läden und die haben, wenn
sie Punk im Programm haben –
zumindest gefühlt aus meiner
Perspektive – selten eine wirklich lange
Lebensdauer. In Metro Manila – der
Hauptstadtregion – gibt es immer wieder
Läden, professionelle Bars, die sich über
einige Monate oder Jahre halten,
regelmäßige Punkshows haben, dann
aber dennoch verschwinden. Ich kenne in
Metro Manila nur zwei oder drei
Locations, in denen seit mehr als einem
Jahrzehnt Rockshows stattfinden, wobei
das dann in der Regel schon etablierte
Orte sind. Die meisten Venues sind auch
übersichtlich groß, können nur fünzig bis
hundertfünzig Leute fassen. Bei
internationalen, größeren Acts, wird
dann immer auf Stadien (Basketball-
Arenen, Theater) ausgewichen. Meines
Wissens gibt es auch keine
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