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UNDERDOG #63

UNDERDOG #63 Punk und Subkultur in Südostasien Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

UNDERDOG #63
Punk und Subkultur in Südostasien
Punk wurde oft als provokante Inszenierung von Unordnung und Widerstand beschrieben, ein rebellisches jugendliches Verhalten, der die autoritäre Hierarchie und Disziplin herausfordert. Während Punk an seinen Herkunftsorten verwässert sein mag, hat er sich anderswo auf der Welt – von Indonesien, den Philippinen und Myanmar – als relevante und sehr lebendige Ausdrucksform etabliert.

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AIB #126

68 DIN-A-4 Seiten; € 3,50.-

AIB, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin

https://www.antifainfoblatt.de/

Der Schwerpunkt beleuchtet die Neonazi-Szene in

der Ukraine, ihre Verbindung in die Politik und

beschreibt das Land als „Sehnsuchtsort der

extremen Rechten“.

Das Erstarken der extremen Rechten in der Ukraine

ist wesentlich von der Politik in der Regierung

geprägt. Dass sich der Nationalismus in der

heutigen Ukraine, die vom Krieg und der ständigen

Bedrohung durch Russland geprägt ist, wieder

seiner mobilisierenden Funktion bedient und die

Symbole des nationalen Befreiungskampfes Teil der

staatlichen Propaganda, ja Manipulation werden,

dürfte die wenigsten überraschen. Zum einen hat

sich das paramilitärische „Regiment Asow“

innerhalb von sechs Jahren von einer

neofaschistischen Miliz zur politischen Bewegung

gewandelt. Der Kommandeur der Einheit ist der

Führer der extrem rechten Sozial-Nationalen

Versammlung, Andrij Bilezkyj. Die Miliz wurde zur

Drehscheibe im internationalen Netzwerk der

militanten extremen Rechten. Ihre Anziehungskraft

für Neonazis reicht weit über die ukrainischen

Grenzen hinaus. Der Ruf „Ruhm der Ukraine“ und

die Antwort „Den Helden Ruhm“ ist zur offiziellen

Begrüßungsformel erklärt worden. Zum anderen

begrüßte der ukrainische Ministerpräsident Oleksij

Hontscharuk auf Neonazi-Konzerten das Publikum

willkommen. Und immer wieder besuchen

deutsche Neonazis und Politiker*innen von AFD bis

‚Der III. Weg‘ die Ukraine, um am

Gedenkmarsch/Marsch der Nationalisten, der an

die Gründung der faschistischen Aufstandsarmee

UPA erinnert, teilzunehmen. Die UPA hatte sich im

Zweiten Weltkrieg aus desertierten Angehörigen der

ukrainischen Hilfspolizei gebildet, die die

Nazibesatzer zur Sicherung ihres Hinterlands

zugelassen hatten. Seit 1941 begingen sie unter

Duldung von Wehrmacht und SS Pogrome an der

jüdischen Bevölkerung. Ihr Ziel war eine

»unabhängige Ukraine«. Kein Wunder also, dass die

Ukraine nicht nur ein ‚Sehnsuchtsort'‘für die extrem

Rechte darstellt, sondern hier vielmehr ungeniert

und offen agieren können.

Gesamteindruck: In der Ukraine blüht der

Nationalismus. Der ukrainisch-nationalistische

Politiker und Anführer der OUN (Organisation

Ukrainischer Nationalisten) Stepan Bandera

(†

15.10.1959) wird zum Nationalhelden verklärt,

das ASOW-Regiment führt unverhohlen

faschistische Inszenierungen durch und nutzt NS-

Symbole. Der Nationalismus soll die ukrainische

Identität stärken, doch er spaltet das Land. Der

ukrainische Nationalismus dürfte in den

kommenden Jahren noch für etliche Aufregungen in

der Erinnerungspolitik sowie

Zeitgeschichtsschreibung und in den

Außenbeziehungen Kiews sorgen. Die

Nationalkultur ist ein natürliches Resultat der

besonders komplizierten Geschichte des

Unabhängigkeitsstrebens eines breiten Spektrums

national orientierter Ukrainer im Verlauf des letzten

Jahrhunderts. Roma, LGBTI und

Frauenrechtlerinnen stehen im Fokus rechter

Gewalt. Und die das Hauptproblem, weshalb rechte

und nationalistische Gruppen so aktiv sein können,

liegt in der Tatsache begründet, dass sie von der

Polizei und Teilen der Politik geduldet und

unterstützt werden. Der neue ukrainische Präsident

Wolodymyr Selenskyj zeigt kein Interesse, rechte

Angriffe auf Roma und zivilgesellschaftliche Akteure

stärker zu verfolgen als sein Vorgänger. Es herrscht

ein Klima der Straflosigkeit, das Übergriffe

befördert.

Allerdings konnte bis Ende 2019 in der politischen

Landschaft der Ukraine kaum etwas beobachtet

werden, was auch nur annähernd an die hohen

Wahlergebnisse oder jahrelange

Regierungsbeteiligung verschiedener

Rechtspopulisten und Ultranationalisten in etlichen

anderen europäischen Ländern erinnern würde.

Vielmehr stellt sich die Ukraine nach fünf Jahren

Krieg als ein Land dar, dass 2019 mit Wolodymyr

Selenskyj nicht nur einen jüdischstämmigen

Präsidenten wählte, sondern für ca. drei Monate

gleichzeitig auch einen jüdischstämmigen

Premierminister hatte – Wolodymyr Hroisman, der

von April 2016 bis August 2019 die ukrainische

Regierung führte. Nichtsdestotrotz haben es

ultrarechte Gruppen geschafft, staatliche Protektion

und Unterstützung für ihre Aktivitäten zu erhalten,

etwa im Rahmen bestimmter Veteranen- und

Bildungsprogramme. Je länger der bewaffnete

Konflikt mit Russland andauert, desto stärker

vermögen es heute selbst Randgruppen wie die

inzwischen weithin bekannte Neonazi-Gruppe S14

(oder C14), in die ukrainische Gesellschaft und in

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