11.03.2021 Aufrufe

KAV MAGAZIN - Ausgabe 01/2021

In dieser KAV MAGAZIN Ausgabe präsentiert der Kölner Anwaltverein e. V. sein umfangreiches Fortbildungsangebot im Rahmen der KAV ONLINESEMINARE. Im Interview der Rubrik RECHTPERSÖNLICH stellen sich der Vorsitzende Richter am LG Köln, Herr Prof. Dr. Jan F. Orth und das Vorstandsmitglied, Herr Rechtsanwalt Dr. Björn Kupczyk den Fragen der Redaktion. Zudem sind die weiteren Themen Inhalte dieser Ausgabe: Brexit, Infektionsschutzgesetz, beA etc.

In dieser KAV MAGAZIN Ausgabe präsentiert der Kölner Anwaltverein e. V. sein umfangreiches Fortbildungsangebot im Rahmen der KAV ONLINESEMINARE. Im Interview der Rubrik RECHTPERSÖNLICH stellen sich der Vorsitzende Richter am LG Köln, Herr Prof. Dr. Jan F. Orth und das Vorstandsmitglied, Herr Rechtsanwalt Dr. Björn Kupczyk den Fragen der Redaktion. Zudem sind die weiteren Themen Inhalte dieser Ausgabe: Brexit, Infektionsschutzgesetz, beA etc.

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30 | AUSSCHÜSSE & ARBEITSKREISE<br />

AUSSCHÜSSE & ARBEITSKREISE<br />

Ausschuss Insolvenzrecht<br />

Die GmbH in der Insolvenz – Abweisung mangels Masse – und nun?<br />

Aus gegebenem Anlass möchte ich mich mit den Rechtsfolgen des<br />

Abweisungsbeschlusses durch das Insolvenzgericht befassen. Der Antrag<br />

auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der L GmbH<br />

wurde mit Beschluss des AG Köln vom 10.07.2020 abgewiesen.<br />

Einer der Gläubiger der L GmbH wird von der Paigo GmbH, einem Inkassobüro,<br />

vertreten. Im Rahmen meiner Mandatsbetreuung, der Vertretung der L<br />

GmbH, hatte ich Paigo von der Abweisung mangels Masse informiert, unter<br />

Nennung des Aktenzeichens.<br />

Ich erhielt daraufhin folgendes Schreiben:<br />

Wer stellt jedoch fest, ob die GmbH wirklich vermögenslos ist?<br />

Der Geschäftsführer kann sich sicherlich an das Insolvenzgutachten halten.<br />

Aus diesem gehen die aktuellen Vermögenswerte hervor. Dieses stellt aber<br />

andererseits auch nur fest, dass die Vermögenswerte zur Deckung der<br />

Verfahrenskosten nicht ausreichen.<br />

Diese mögen sich um die 2.000,00-3.000,00 Euro belaufen.<br />

Was nun, wenn Vermögenswerte von ca. 1.500,00 Euro durchaus vorhanden<br />

sind, die zwar nicht für die Durchführung des Insolvenzverfahrens ausreichen,<br />

die Paigo aber nur eine Forderung in Höhe von 1.200,00 Euro gegen die<br />

GmbH hat?<br />

„Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin, in der E-Mail vom 10.09.2020 teilten Sie<br />

uns schriftlich mit, dass die Insolvenz mangels Masse am 10.07.2020 abgewiesen<br />

wurde. Die Forderung wird unsererseits weiterhin gegen die Firma<br />

L GmbH geltend gemacht und befreit diese nicht von Zahlungen. Anbei erhalten<br />

Sie die Forderungsaufstellung. Ihren Regulierungsvorschlag erwarten<br />

wir bis zum 22.10.2020.“<br />

Ich versuchte telefonisch kurz die Paigo darüber aufzuklären, dass kein Geld<br />

zur Zahlung zur Verfügung stünde, was sich aus dem Abweisungsbeschluss<br />

ja schon logisch erklären würde und dachte, das Problem sei erledigt. Ein<br />

praktischer Ansatz, der in der Regel zum Erfolg führt. Weit gefehlt. Am<br />

09.11.2020 erhielt ich eine weitere Sachstandsanfrage nebst Frage, ob das<br />

Mandat noch besteht, die ich allerdings unbeantwortet abheftete.<br />

Nach einiger Überlegung folgerte ich jedoch, dass es vielleicht doch unklar<br />

sein mag, was genau der Beschluss „Abweisung mangels Masse“ für eine<br />

GmbH bedeutet und fasse hiermit die Rechtfolgen kurz zusammen.<br />

Hier fallen nämlich die rein praktischen Maßnahmen und die rechtlichen<br />

Konsequenzen auseinander.<br />

Der grobe Ablauf des Insolvenzverfahrens in einem solchen Fall ist<br />

folgender:<br />

Nach dem (eigenen oder durch einen Gläubiger veranlassten) Antrag auf<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss das Gericht feststellen, ob die<br />

Verfahrenskosten zur Durchführung des Insolvenzverfahrens gedeckt sind.<br />

In der Regel wird daraufhin ein Gutachter (der meist dann für den Fall der<br />

Eröffnung spätere Insolvenzverwalter) benannt, welcher die<br />

Vermögensverhältnisse der GmbH prüfen soll. Kommt er zum Ergebnis, dass<br />

das Vermögen noch nicht einmal die Verfahrenskosten decken wird und<br />

niemand einen Vorschuss zahlt, so regelt § 26 Abs. 1 InsO, dass der Antrag<br />

auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgewiesen wird. Der entsprechende<br />

Beschluss ergeht und erlangt nach zwei Wochen Rechtskraft, wenn keine<br />

Beschwerde eingelegt wird.<br />

Die Rechtsfolgen für die GmbH sind in § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG geregelt: die<br />

Gesellschaft wird mit der Rechtskraft des Abweisungsbeschlusses aufgelöst.<br />

Die Eintragung der Auflösung ins Handelsregister erfolgt gemäß § 65 Abs. 1<br />

S. 2 und 3 GmbH von Amts wegen. Sollte die GmbH zu diesem Zeitpunkt vermögenslos<br />

sein, wird sie von Amts wegen vom Handelsregistergericht nach<br />

§ 394 Abs. 1 S. 1 FamFG gelöscht werden. Dieser Schritt kann auch durch die<br />

Gesellschafter beim Handelsregistergericht angeregt werden.<br />

Richtigerweise müsste nunmehr wieder der Geschäftsführer für die<br />

Liquidation zuständig sein.<br />

Das bedeutet: laufende Geschäfte werden beendet, bestehende<br />

Forderungen werden eingezogen und das Gesellschaftsvermögen wird in<br />

Geld umgesetzt. Die Liquidation richtet sich dann nicht nach insolvenzrechtlichen<br />

Vorschriften, sondern nach dem Gesellschaftsrecht (§§ 66 ff. GmbHG).<br />

Der Geschäftsführer wäre danach berechtigt und verpflichtet, Gläubigerforderungen<br />

zu befriedigen, aber auch – für den Insolvenzgutachter eventuell<br />

unsichere – Forderungen beizutreiben. Die Paigo kann daher rechtmäßig<br />

darauf bestehen, dass ihre Forderung von dem restlichen Gesellschaftsvermögen<br />

beglichen wird. Im Handelsregister wurde für die L GmbH am<br />

13.08.2020 die Eintragung vorgenommen, dass die Gesellschaft aufgelöst<br />

wurde. Was fehlt, ist die Löschung der Gesellschaft. Diese wird gem. § 394<br />

Abs. 1 FamFG vorgenommen, wenn besagte Vermögenslosigkeit vorliegt.<br />

Die Gesellschaft ist nämlich erst dann vollbeendet, wenn die Löschung der<br />

Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist. Die vollbeendete Gesellschaft<br />

hört damit auf zu existieren. Und wieder stellt sich die Frage, wann<br />

Vermögenslosigkeit vorliegt. Der Gedanke, dass dies doch durch den Abweisungsbeschluss<br />

eindeutig ist, ist leider unzutreffend. Vermögenslosigkeit<br />

liegt nämlich dann vor, wenn die Gesellschaft über keine Vermögenswerte<br />

mehr verfügt, die für eine Gläubigerbefriedigung oder eine Verteilung unter<br />

die Gesellschafter in Betracht kommen (ausführlich mit weiteren Nachweisen<br />

hierzu: OLG Frankfurt, Beschluss v. 29.<strong>01</strong>.2<strong>01</strong>5 – 20 W232/13).<br />

Der Senat bringt hier die Voraussetzungen auf den Punkt: „Auch wenn es<br />

nach überwiegender Auffassung - der auch der Senat folgt - jedenfalls<br />

Anhalt für eine derartige Vermögenslosigkeit ist, wenn ein ordentlicher<br />

Kaufmann keine Werte mehr als Aktiva in seine Bilanz einstellen kann, es<br />

somit an einer verteilungsfähigen Masse fehlt, können somit insbesondere<br />

auch nicht bilanzierungsfähige Vermögensgegenstände oder Rechtspositionen<br />

Vermögen im Sinne von § 394 Abs. 1 FamFG darstellen. Dabei steht der<br />

Annahme einer Vermögenslosigkeit nach allgemeiner Auffassung bereits das<br />

Vorhandensein von Vermögen in nur geringem Umfang entgegen. Da es somit<br />

- wie dargelegt - nur darauf ankommt, ob noch verwertbare Aktivposten<br />

vorhanden sind, ist für die Feststellung einer Vermögenslosigkeit im Sinne<br />

von § 394 Abs. 1 FamFG eine bloße Überschuldung (vgl. § 19 Abs. 2 InsO), eine<br />

Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 17 Abs. 1 InsO) oder eine Masselosigkeit (vgl. § 26<br />

InsO) nicht maßgeblich und ausreichend.

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