WOLL Magazin 2020.4 Winter I Warstein, Möhnesee, Rüthen
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Pee Power -<br />
Eine besondere Form von Bioenergie<br />
Christel Zidi<br />
Eine echte Mutprobe. Eine Männermutprobe wohlgemerkt,<br />
ist das Urinieren an elektrische Weidezäune.<br />
Schließlich könnte den kleinen oder großen Mann ja<br />
der Schlag treffen. Aber ist dem wirklich so? Als Frau hat man<br />
da ja so keinerlei Erfahrungswerte …<br />
Nun ist salzhaltiger Urin ein sehr guter elektrischer Leiter.<br />
Würde der Harnstrahl aus allernächster Nähe auf den Elektrozaun<br />
treffen, könnte es tatsächlich gefährlich werden. Normalerweise<br />
wird aber ein gewisser Abstand zum Zaun eingehalten,<br />
so dass sich der Harnstrahl schon nach wenigen Zentimetern<br />
in viele, kleine Tröpfchen auslöst. (Bitte deshalb immer die<br />
Klobrille hochklappen, liebe Herren). Das Urinieren auf den<br />
Elektrozaun ist – von einem Restrisiko abgesehen – deshalb<br />
ziemlich risikofrei.<br />
Vor einigen Jahren ist es dem englischen Professor Ioannis<br />
Ieropoulos mit seinem Team gelungen, aus Urin Energie zu erzeugen,<br />
Pee Power (deutsch: Pinkelenergie). Dabei hat er es sich<br />
zunutze gemacht, dass Urin, der zu 95 % aus Wasser besteht,<br />
Anke Kemper<br />
einen Anteil von 5 % der für die Stromerzeugung wichtigen<br />
Kohlenhydraten besitzt. Die Stromerzeugung erfolgt in einem<br />
Keramikzylinder, einer sogenannten „mikrobielle Brennstoffzelle“.<br />
Dort sind innen und außen jeweils unterschiedliche<br />
Elektroden befestigt. Der Zylinder wird in einen Behälter mit<br />
Urin gestellt. Um Strom zu erzeugen, haben Wissenschaftler<br />
Bakterien im säurearmen Urin angesiedelt, die sich von<br />
Kohlenhydraten ernähren und sie zersetzen. Als Nebenprodukt<br />
aus diesen Prozessen entstehen Protonen und Elektronen. Die<br />
Elektronen gelangen über einen Draht in die Brennstoffzelle<br />
und erzeugen dort ein Übermaß an negativer Ladung. Zum<br />
Ausgleich bewegen sich die Protonen durch die Keramikschicht<br />
der Brennstoffzellen hindurch - und Strom entsteht.<br />
Durch Nutzung dieser Bioenergie können z. B. LED-Lampen<br />
zum Leuchten gebracht werden. Auch Handys konnten schon<br />
mit Pee Energy geladen werden.<br />
Wichtiger Hinweis: Auch bei dieser Form von Bioenergie muss<br />
zunächst eine Umwandlung erfolgen. Der direkte Weg sollte -<br />
auch versuchsweise - nicht gewählt werden! ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> 2020 - 35