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Credit Suisse bulletin, 2005/01

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CREDIT SUISSE<br />

Bulletin_1.<strong>05</strong><br />

14<br />

Walter Lanz, Arbeitsagoge: «Arbeit hat in unserer Gesellschaft einen zu hohen Status.<br />

Das ist vor allem für diejenigen tragisch, die keine mehr haben.»<br />

«Nur wer bereit zu <strong>Aufbruch</strong> ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.» Hermann Hesse<br />

den Faden verloren haben, und dass der Behelfsjob sie nicht befriedigt.<br />

Sie merken, dass sie weitersuchen müssen.» Ein anderes Phänomen<br />

ist laut dem Psychologen die so genannte vorgelagerte Midlifecrisis.<br />

«Manche haben mit 35 schon all das erreicht, was ihre Eltern erst<br />

mit 50 hatten.» Da stellt sich dann die Frage, wie man die nächsten<br />

30 Jahre Berufsleben sinnvoll verbringen kann.<br />

Die Schweizerische Berufsberatungsstatistik für 2003 verzeichnet<br />

rund 126 000 beratene Personen. Das ist eine Zunahme von einem<br />

Prozent gegenüber 2002. 61 Prozent der Beratungen kreisten um die<br />

Berufs- und Studienwahl, 30 Prozent widmeten sich der Laufbahnund<br />

Karriereplanung oder einer Neuorientierung. Als freischaffender<br />

Berufsberater zählt Peter Dändliker vor allem junge Leute bis 25 sowie<br />

Personen zwischen 40 und 55 Jahren zu seiner Klientel. Oft hilft er<br />

seinen Klienten beim <strong>Aufbruch</strong> zu neuen beruflichen Ufern; doch<br />

manchmal müsse er den Ratsuchenden aber auch klar machen, dass<br />

sie am richtigen Ort seien. Es gehe nicht immer um einen Wechsel.<br />

Meist müssten sich die Betroffenen erst einmal über ihr Privatleben<br />

klar werden, bevor eine Neuorientierung im Beruf thematisiert und<br />

umgesetzt werden könne. «Die Leute müssen bereit sein, sich mit der<br />

eigenen Person auseinander zu setzen.» Eine Berufs- oder Laufbahnberatung<br />

sei immer anspruchsvoll, gibt Dändliker zu bedenken.<br />

Karriere macht man heute nicht mehr linear, der Anteil der so genannten<br />

Portfoliokarrieren ist im Steigen begriffen. Sennett ortet hier<br />

eine fehlende langfristige Bindung zur Arbeit selbst. Der Soziologe<br />

zieht als Beispiel Bill Gates heran, der propagiert, man solle sich in<br />

einem Netz von Möglichkeiten bewegen, statt sich in einem fest umrissenen<br />

Job selbst zu lähmen.<br />

Die fehlende langfristige Bindung zur Arbeit interpretiert Walter<br />

Lanz nicht ganz so düster wie Sennett. In seiner heutigen Berufspraxis<br />

als Arbeitsagoge konfrontiert der ehemalige Wirtschaftsanwalt seine<br />

Studenten oft mit der Frage, was ihnen Arbeit bedeute, unabhängig<br />

vom finanziellen Einkommen. Von Selbstverwirklichung sei die Rede,<br />

von Lebenssinn, Lebensfreude, Anerkennung. Eine unglaublich lange<br />

Liste: «Da denke ich mir manchmal, ‹um Himmels willen, was passiert<br />

mit euch, wenn ihr mal keine Arbeit mehr habt?›» Er sei auch gar nicht<br />

unglücklich darüber, dass sich ein Wandel abzeichne. «Arbeit hat in

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