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Credit Suisse bulletin, 2005/01
Credit Suisse bulletin, 2005/01
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CREDIT SUISSE<br />
Bulletin_1.<strong>05</strong><br />
China <strong>Aufbruch</strong> 25<br />
Die Europäer, die damals nach China aufbrachen, brachen sich den<br />
neuen Markt buchstäblich mit Gewalt auf. Um den begehrten chinesischen<br />
Tee, aber auch Seide und Porzellan bezahlen zu können, überschwemmten<br />
die Engländer Mitte des 19. Jahrhunderts China mit Opium<br />
und schlugen die kaiserlichen Abwehrversuche in zwei «Opium-<br />
Kriegen» blutig nieder.<br />
Erst seit 1918 eine eigenständige Politik mit China<br />
Erst 1918 – sechs Jahre nach der Abdankung des letzten Kaisers –<br />
wurde mit dem Sino-Schweizerischen Freundschaftsvertrag eine selbstständige<br />
politische Beziehung zwischen der Schweiz und China etabliert.<br />
Dieser brachte unserem Land in der noch jungen asiatischen<br />
Republik die angestrebte Extraterritorialität (eigene Gerichtsbarkeit).<br />
An diesem kolonialistischen Element hielt die Schweiz allzu lange – bis<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg – fest.<br />
Umgekehrt gehörte jedoch die neutrale Schweiz zu den ersten<br />
Ländern, welche nach der am 1.Januar 1949 erfolgten Ausrufung der<br />
Volksrepublik China die kommunistische Regierung von Mao Zedong<br />
anstelle der nach Taiwan geflüchteten Kuomintang anerkannten. «Die<br />
Chinesen wissen das heute noch zu würdigen», betont Hans Jakob<br />
Roth, Schweizerischer Generalkonsul in Shanghai. Allerdings konnte<br />
dies allein die Schweizer Interessen in China nicht schützen. Bis 1953<br />
hatten die Missionare und Missionsschwestern das Land zu verlassen,<br />
und nach und nach wurden sämtliche Betriebe verstaatlicht – 1948<br />
waren es immerhin 18 Schweizer Unternehmen und 16 chinesische<br />
Firmen in Schweizer Besitz gewesen. 1960 war dieser Prozess mit<br />
der Verstaatlichung eines Aluminiumwalzwerks der Alusuisse abgeschlossen.<br />
Schindler 1980 als Pionier des Westens nach China<br />
Bereits 20 Jahre später brach die Schweizer Wirtschaft erneut nach<br />
China auf: Die Firma Schindler war im März 1980 das erste ausländische<br />
Unternehmen, welches sich mit einem Joint Venture in China<br />
ansiedelte. Es folgten weitere Pioniere wie Nestlé, ABB, Novartis und<br />
Georg Fischer. Die Credit Suisse ist ebenfalls bereits seit 1985 mit<br />
einem Representative Office in Beijing vertreten und konnte sich im<br />
Finanzmarkt, welcher nun mehr und mehr liberalisiert wird, eine gute<br />
Position verschaffen. Beispielsweise bietet sie seit kurzem als erste<br />
Schweizer Bank in Zusammenarbeit mit Sinosure Handelsfinanzierungen<br />
für Exporteure aus China an.<br />
Etliche Schweizer Industriepioniere mussten allerdings gehörig<br />
Lehrgeld bezahlen. Dies nicht nur, weil die Chinesen einen anderen<br />
Umgang mit «Know-how-Transfer» hatten und – trotz eingeführtem<br />
Patentschutz – immer noch haben, sondern auch, weil man die Bedürfnisse<br />
des chinesischen Marktes zu wenig genau abklärte und die<br />
unterschiedliche Kultur und Mentalität nicht berücksichtigte. So ist<br />
beispielsweise das Beziehungsnetz – das «Guanxi» – von zentraler<br />
Bedeutung.<br />
Mittlerweile arbeiten aber immer mehr Firmen aus «Ho-la-weitscha-ya»<br />
mit immer grösserem Erfolg in China. Gemäss Auskunft der<br />
Schweizer Botschaft in Beijing sind gegenwärtig rund 300 Unternehmen<br />
mit 616 Niederlassungen und schätzungsweise 55 000 Mitar- ><br />
Die Stadt des Frühlings<br />
Der Durchschnitts-Chinese weiss nicht, dass die Schweiz im Januar<br />
1950 als eines der ersten Länder die Volksrepublik China anerkannte,<br />
und er weiss auch nicht, dass die Frühlingsstadt Kunming,<br />
Hauptstadt der Provinz Yunnan, seit 1982 Partnerstadt Zürichs ist.<br />
Den politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern ist<br />
indes beides wohl bekannt. Deshalb darf man sich glücklich schätzen,<br />
dass der Zürcher Souverän im November 2000 ein klares<br />
Bekenntnis zu dieser Partnerschaft ablegte. Dank der Unterstützung<br />
des Bundes kann momentan auch das wichtige Engagement<br />
in Sachen Städteplanung und Umweltschutz weitergeführt werden.<br />
Diese frühe Liaison mit den Kommunisten geht übrigens auf den<br />
bürgerlichen Stadtpräsidenten Sigmund Widmer zurück. Ein weiterer<br />
Kunming-Förderer, Thomas Wagner, ist nun Präsident der<br />
Schweizerisch-Chinesischen Gesellschaft, die ihr 60-jähriges<br />
Bestehen feiert. Wichtig für die bilateralen Beziehungen ist zudem<br />
die Swiss-Chinese Chamber of Commerce, präsidiert von Jörg<br />
Wolle, CEO der DKSH Holding.<br />
China soll die Schweiz entdecken<br />
ADS heisst die Zauberformel, welche der Schweiz künftig mehr Gäste<br />
aus China bescheren wird. Rund 100 000 Touristen zählte man<br />
früher im Jahr, bis 2007 sollen es 300 000, bis 2<strong>01</strong>5 gar 800 000 sein.<br />
Mit dem «Approved Destination Status», welcher am 15. Juni 2004<br />
unterzeichnet wurde, fällt für Chinesen die bis dahin obligatorische<br />
staatliche Ausreisegenehmigung weg. Schweiz Tourismus und hotelleriesuisse<br />
haben mit dem Vademekum «Chinesen zu Gast in der<br />
Schweiz» umgehend reagiert. Rund 5000 Chinesen leben heute in<br />
unserem Land, insbesondere im Raum Genf. Ein beträchtlicher Teil<br />
von ihnen besitzt das Schweizer Bürgerrecht, so etwa der Kunstturn-Olympiasieger<br />
Donghua Li oder der Chemiker und Unternehmer<br />
Liangpeng Jing. Dieser entwickelte einen Rauchgenerator, der<br />
beispielsweise für die Optimierung von Abgasmessgeräten dienlich<br />
ist. Dafür erhielt der Jungunternehmer letztes Jahr den Förderpreis<br />
der W. A. de Vigier-Stiftung. Sonst sind Chinesen als Unternehmer<br />
vor allem in Restaurants oder Feng-Shui-Schulen tätig. Dies soll sich<br />
ändern. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und 14 Kantone<br />
haben im Dezember 2004 die Firma Generis des Schaffhauser Wirtschaftsförderers<br />
Thomas Holenstein beauftragt, künftig in China die<br />
Vorzüge der «Location Switzerland» bekannt zu machen.