bull_05_01_Aufbruch
Credit Suisse bulletin, 2005/01
Credit Suisse bulletin, 2005/01
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CREDIT SUISSE<br />
Bulletin_1.<strong>05</strong><br />
Metamorphosen <strong>Aufbruch</strong> 07<br />
Grasschwertlilie mit exotischem Schmetterling.<br />
Aquarell- und Druckfarben auf Pergament.<br />
Text: Marcus Balogh Bilder: Maria Sibylla Merian<br />
Der Raupen wunderbare Verwandlung<br />
Künstlerin, Forscherin und nicht zuletzt eine Frau, die aufbrach, um sich über die Vorurteile ihrer Zeit<br />
hinwegzusetzen. Das Leben der Maria Sibylla Merian wäre auch heute noch ungewöhnlich.<br />
Im Juni 1699 traten zwei ehrbare Frauen eine höchst ungewöhnliche<br />
Reise an. Maria Sibylla Merian und ihre Tochter Dorothea bestiegen im<br />
Hafen von Amsterdam ein Schiff ans Ende der Welt: Surinam. Die<br />
damalige Kolonie der Niederlande liegt 9600 Kilometer von Amsterdam<br />
entfernt, am nördlichen Rand Südamerikas, eingekeilt von Guyana,<br />
Französisch-Guyana und Brasilien.<br />
Die Wanderlust der 52-jährigen Maria Sibylla passt nicht in diese<br />
Epoche. Frauen reisten in männlicher Begleitung, als Ehegattin oder<br />
als Dienstmädchen. Und wenn Frauen alleine reisten, war es meist<br />
schon im Voraus um ihren Ruf eher schlecht bestellt. Doch den <strong>Aufbruch</strong><br />
ins Unbekannte hat Sibylla Maria Merian nie gescheut – was<br />
allerdings nicht von ungefähr kommt. In ihrem Frankfurter Elternhaus<br />
sind Künstler und Wissenschafter gern gesehene Gäste und Maria<br />
Sibyllas wacher Geist und ihr künstlerisches Talent wurden begrüsst,<br />
statt eingeschränkt – selbst dann, als sie mit dreizehn Jahren sich<br />
lieber mit Raupen und Faltern beschäftigte, als Stoffe zu besticken.<br />
Trotz dieser Freiheiten und mit Ausnahme ihrer Insekten-Obsession<br />
vergehen die ersten drei Jahrzehnte der Maria Sibylla Merian in<br />
mehr oder minder konformem Tritt. Sie heiratet, bricht zu einem<br />
neuen Zuhau se in Nürnberg auf, bekommt Kinder, zeichnet, sticht >