bull_05_01_Aufbruch
Credit Suisse bulletin, 2005/01
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CREDIT SUISSE<br />
Bulletin_1.<strong>05</strong><br />
40<br />
Formel 1<br />
Das neue Fahrerduo von Sauber Petronas<br />
Gegensätze treiben sich an<br />
Text: Andreas Thomann<br />
Felipe Massa gegen Jacques Villeneuve,<br />
das ist Jugend gegen Routine,<br />
brasilianische Unbekümmertheit gegen<br />
kanadische Extravaganz. So unterschiedlich<br />
das Temperament der<br />
beiden Sauber-Piloten, so ähnlich<br />
gebärden sie sich, wenn sie im Cockpit<br />
sitzen: als knallharte Kämpfer.<br />
Die Zahl 13 steht gewöhnlich für Unglück.<br />
Doch beim Schweizer Rennstall Sauber Petronas<br />
könnte ausgerechnet die 13. Saison in<br />
der Formel 1 ein Glücksjahr werden. Selten<br />
standen die Vorzeichen so gut: Der C24 wird<br />
das erste Auto sein, dessen äussere Form<br />
komplett im neuen Windkanal entstanden ist.<br />
Die neue Partnerschaft mit dem Reifenhersteller<br />
Michelin hat sich bereits bei den Wintertests<br />
in viel versprechenden Rundenzeiten<br />
niedergeschlagen. Und last but not least fährt<br />
ab nächster Saison neben Felipe Massa ein<br />
gewisser Jacques Ville neuve für die Hinwiler.<br />
Ein Ex-Weltmeister im Sauber-Cockpit –<br />
das hat es noch nie gegeben. Die Medien<br />
sprachen vom «Deal des Jahres» und waren<br />
dankbar, dass ihnen Peter Sauber am Ende<br />
einer eher spannungsarmen Saison ein Thema<br />
lieferte, das sie über Wochen ausschlachten<br />
konnten. Der Weltmeister von 1997 dümpelte<br />
nach seinem Titelgewinn fünf erfolglose Jahre<br />
vor sich hin, um Ende 2003 vor die Tür<br />
gesetzt zu werden. Diese schillernde Figur<br />
gibt nach einem Jahr Zwangspause ihr Comeback<br />
ausgerechnet in einem Team, dessen<br />
grundsolides Image so gar nicht zur bunten<br />
Ver gangenheit des Kanadiers passt. Gespannt<br />
verfolgen die Fans seit he r, wie gut die zurückhaltenden<br />
Schweizer mit dem Rennfahrer<br />
zurechtkommen, dessen Haarfarbe im Laufe<br />
seiner Karriere bereits alle Tönungen durchgemacht<br />
hat, dessen Overalls stets ein paar<br />
Grössen zu weit sind und der lieber mit seinem<br />
Motorhome zu den Rennen rollt, als in<br />
einem Nobelhotel abzusteigen.<br />
Das grelle Scheinwerferlicht, das zurzeit<br />
auf den Neuzugang bei Sauber gerichtet ist,<br />
droht den zweiten «Saubermann», Felipe Massa,<br />
etwas in den Schatten zu drängen. Das könnte<br />
jedoch rasch umschlagen, zum Beispiel dann,<br />
wenn der Brasilianer seinen neuen Teamkollegen<br />
im ersten Saisonrennen klar hinter sich<br />
lässt. Nichts würde der junge Brasilianer lieber<br />
tun. Seit Villeneuve in der Saison 2002 den<br />
damaligen Formel-1-Neuling Massa für seine<br />
Fahrfehler mehrmals öffentlich kritisierte, hat<br />
der Brasilianer noch eine Rechnung offen.<br />
Zwar wird Villeneuve inzwischen nicht müde,<br />
in Interviews die grossen Fortschritte von Felipe<br />
Massa zu unterstreichen. Dennoch wird man<br />
den Eindruck nicht los, dass der Brasilianer<br />
geradezu auf eine Revanche drängt. Eine<br />
erste Kostprobe davon, was es bedeutet, die<br />
brasilianische Rennfahrerehre angekratzt zu<br />
haben, kriegte Villeneuve vergangenes Jahr<br />
im Grossen Preis von Japan zu spüren. Gleich<br />
zweimal musste Villeneuve, der für die letz -<br />
ten drei Saisonrennen in einem Renault fuhr,<br />
einen ent fesselten Massa an sich vorbeiziehen<br />
lassen.<br />
Felipe Massa bläst zum Zweikampf<br />
Es ist nicht zu erwarten, dass sich Felipe Massa<br />
in der neuen Saison zurückhalten wird, nur<br />
weil Jacques Villeneuve nun für das gleiche<br />
Team fährt. Eher das Gegenteil wird der Fall<br />
sein. «Der erste, den du schlagen musst, ist<br />
dein Teamkollege», lautet Massas Kampfansage.<br />
Darin steckt viel Wahrheit, denn in der<br />
Formel 1, wo das Auto einen so grossen Anteil<br />
am Erfolg hat, lassen sich die Leistungen der<br />
Fahrer nur schwer vergleichen – ausser sie<br />
fahren im gleichen Team. Sollte es Massa<br />
gelin gen, den Ex-Weltmeister über die ganze<br />
Saison hinweg zu dominieren, dann wäre ihm<br />
die Anerkennung im Fahrerlager sicher. So<br />
gesehen kann Felipe Massa viel gewinnen,<br />
Villeneuve dagegen viel verlieren.<br />
Wenngleich sich die beiden Rivalen wohl<br />
auf der Rennstrecke noch ein paar Mal sehr<br />
nahe kommen werden, so spricht wenig dafür,<br />
dass dies auch abseits des Fahrerlagers der<br />
Fall sein wird. Zu ungleich ist das neue Sauber-Duo.<br />
Das beginnt beim Äusseren: Felipe<br />
Massa wirkt mit seinen bubenhaften Gesichtszügen<br />
und der Wuschelfrisur eher wie ein<br />
Nachwuchstalent als wie ein Formel-1-Profi,<br />
der mit 24 Jahren bereits auf eine 14-jährige<br />
Fotos: Daniel Reinhard