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Credit Suisse bulletin, 2005/01
Credit Suisse bulletin, 2005/01
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CREDIT SUISSE<br />
Bulletin_1.<strong>05</strong><br />
38<br />
Credit Suisse Sports Awards<br />
Roger Federer und Karin Thürig sind die Sportler des Jahres 2004<br />
Wider die Schnelllebigkeit des Sports<br />
Text: Andreas Schiendorfer<br />
Sportlerehrungen 2004:<br />
Sportler<br />
1. Roger Federer, Tennis<br />
2. Marcel Fischer, Fechten<br />
3. Sven Riederer, Triathlon<br />
Sportlerin<br />
1. Karin Thürig, Radsport<br />
2. Simone Niggli-Luder, Orientierungslauf<br />
3. Daniela Meuli, Snowboard<br />
Teams<br />
1. Patrick Heuscher/Stefan Kobel,<br />
Beach volleyball<br />
2. Bruno Risi/Franco Marvulli, Radsport<br />
3. Team Sauber Petronas, Formel 1<br />
Newcomer<br />
1. Marcel Hug, Behindertensport<br />
2. Johan Vonlanthen, Fussball<br />
3. Fabian Cancellara, Radsport<br />
Behindertensportler<br />
1. Urs Kolly, Leichtathletik<br />
2. Edith Hunkeler, Rollstuhl<br />
3. Hans Burn, Ski alpin<br />
Trainer<br />
1. Rolf Kalich, Fechten<br />
2. Patrick Egger, Beachvolleyball<br />
3. Christian Gross, Fussball<br />
Roger Federer und Karin Thürig wurden<br />
am Galaabend der Credit Suisse<br />
Sports Awards zu den Sportlern des<br />
Jahres 2004 gewählt. Wer aber war<br />
bester Trainer, wer bester Behindertensportler?<br />
Und was lässt sich aus<br />
solchen Ehrungen ableiten?<br />
Die Credit Suisse Sports Awards finden Jahr<br />
für Jahr breite Beachtung; wiederum verfolgten<br />
726 000 Personen die Direktübertragung<br />
des Schweizer Fernsehens. Kein Skirennen,<br />
kein Eishockeyspiel und auch kein Tennismatch<br />
findet ein solches Echo. Ausser der<br />
EURO 2004 lockte nur noch die Eröffnungsfeier<br />
der Olympischen Spiele in Athen gleich<br />
viele sportbegeisterte Schweizer an den Bildschirm.<br />
Damit können die Credit Suisse Sports<br />
Awards auch weniger populäre Sportarten ins<br />
öffentliche Bewusstsein rücken.<br />
Ein Paradebeispiel hierfür ist die erst seit<br />
1987 durchgeführte Wahl zum Behindertensportler<br />
des Jahres. Sie trug wesentlich bei<br />
zur Entkrampfung des Verhältnisses unserer<br />
Gesellschaft zu den Behinderten. Namen wie<br />
Heinz Frei (8 Titel), Franz Nietlispach (4 Titel)<br />
und Edith Hunkeler (3 Titel) stehen nicht für<br />
Menschen, die unser Mitleid benötigen, sondern<br />
für Spitzensportler, denen unsere Anerkennung<br />
und Bewunderung gilt. Ihr Rollstuhl<br />
ist letztlich nichts anderes als ein Sportgerät,<br />
eines, welches dem Alltag sogar näher ist als<br />
jenes des Werner Günthör, der es – man will<br />
es kaum glauben – als Kugelstosser schaffte,<br />
dreimal zum Sportler des Jahres gewählt zu<br />
werden. 2004 wurde mit dem Fünfkämpfer<br />
und Weitspringer Urs Kolly zum zweiten Mal<br />
nach Lukas Christen (2000) ein schenkelamputierter<br />
Sportler geehrt. Skifahrer hingegen<br />
gingen trotz der beeindruckenden Medaillensammlung<br />
von Hans Burn bislang leer aus.<br />
Marcel Hug, zweifacher Medaillengewinner<br />
an den Paralympics, wurde in einer Internetabstimmung<br />
zum Newcomer des Jahres<br />
ge wäh lt. Damit kam er als erster Behindertensportler<br />
in einer allgemeinen Kategorie zu<br />
Ehren. Dies ist umso bemerkenswerter, als<br />
sich Hug gegen zwei bekannte Berufssportler<br />
durchsetzte: Johan Vonlanthen, Torschütze an<br />
der EURO 2004, sowie Fabian Cancellara,<br />
Prologsieger der Tour de France. Wie schwierig<br />
– auf jedem Niveau – der Übergang von<br />
den Junioren zu den Aktiven ist, beweisen ungewollt<br />
die früheren Newcomer, die Triathletin<br />
Nicola Spirig (20<strong>01</strong>), die Tennisspielerin Myriam<br />
Casanova (2002) und der Motorradfahrer<br />
Thomas Lüthi (2003), denen der Sprung an<br />
die Weltspitze noch nicht ganz geglückt ist.<br />
Trotz Topspieler kein Tennisboom mehr<br />
Roger Federer wurde 2003 in Anerkennung<br />
seines Siegs in Wimbledon zum Sportler des<br />
Jahres (und wenig später zum Schweizer des<br />
Jahres) gewählt. Letztes Jahr wiederholte die<br />
unbestrittene Nummer 1 der Welt dank zehn<br />
Turniersiegen seinen Erfolg, was sechs Jahre<br />
zuvor die ebenso überlegene Martina Hingis<br />
nicht schaffte. Reicht es Federer gar zum<br />
Hattrick, oder hat er mit seinem Verzicht auf<br />
die Teilnahme am Davis Cup seinen Sym pa thiebonus<br />
verspielt und seine Chancen ent scheidend<br />
kompromittiert? Schliesslich kann diese<br />
Wahl, je zur Hälfte durch Sportjourna listen und<br />
Fernsehzuschauer vorgenommen, unmöglich<br />
nach völlig objektiven Kriterien erfol gen. Eine<br />
Steigerung für Federer hätte nur noch der<br />
erste Grand Slam seit Rod Laver 1969 mit<br />
Siegen in Melbourne, Paris, London und New<br />
York dargestellt; Martina Hingis gelang dies<br />
1998 im Doppel. Diesem persönlichen Ziel,<br />
etwas vorsichtiger formuliert als Verteidigung<br />
der Weltranglistenspitze, ordnet Federer alles<br />
unter. Zu Recht.<br />
Ausnahmeathleten, die Siege und Ehrungen<br />
anhäufen, lösen oft einen Boom in ihrer<br />
Sportart aus. Umgekehrt können sie dazu verlei<br />
ten, allfäl lige Nachwuchs- oder Struktur probleme<br />
zu verdrängen. Der Schweizer Tennissport<br />
jedenfalls erreichte seinen Höhepunkt<br />
mit 222 322 lizenzierten Spielern bereits 1994.<br />
Seither erfolgte trotz Hingis und Federer ein<br />
Aderlass von rund einem Fünftel.<br />
Ähnliches passierte im Skisport, welcher in<br />
der Gesamtbilanz seit 1950 zusammen mit der<br />
Leichtathletik mit je 29 Titeln alle anderen Sportarten<br />
weit hinter sich lässt. Die Dominanz von