bull_05_01_Aufbruch
Credit Suisse bulletin, 2005/01
Credit Suisse bulletin, 2005/01
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CREDIT SUISSE<br />
Bulletin_1.<strong>05</strong><br />
30<br />
Wissenswert<br />
So lese ich einen Geschäftsbericht<br />
Text: Dorjee Kokasang<br />
Public Affairs<br />
Zeig mir deinen Anhang …<br />
Neben einer schönen Hülle enthalten<br />
Geschäftsberichte knallharte Fakten<br />
für Investierende. Die Analyse ist für<br />
den Laien nicht immer einfach. Doch<br />
gibt es einige Anhaltspunkte, an die<br />
sich Anleger halten können.<br />
In der Schweiz hat der Gesetzgeber keine<br />
Nor men für die Konzernrechnungslegung von<br />
Unternehmen erlassen. So gibt es eine Reihe<br />
von Standards und Empfehlungen wie Swiss<br />
GAAP FER (schweizerische Fachempfehlung<br />
zur Rechnungslegung), IFRS (International<br />
Financial Reporting Standards) oder US GAAP<br />
(US Generally Accepted Accounting Principles),<br />
die in der Schweiz zur Anwendung kommen.<br />
Zwischen den verschiedenen Rechnungslegungsnormen<br />
gibt es grosse Abweichungen –<br />
und selbst wenn sich ein Unter nehmen für ein<br />
Regelwerk entschieden hat, gibt es noch gewisse<br />
Wahlmöglichkeiten bei dessen Anwendung.<br />
Ab 20<strong>05</strong> müssen sich an der Schweizer<br />
Börse kotierte Unternehmen zumindest für<br />
IFRS oder US GAAP entscheiden. Auch auf<br />
internationaler Ebene hat man erkannt, dass<br />
unterschiedliche Standards dem Ziel einer<br />
«true and fair view», einer wahren, transparenten<br />
und vergleichbaren Sicht der Un ternehmensverhältnisse,<br />
widersprechen. So schreibt<br />
die EU ihren börsenkotierten Unternehmen ab<br />
20<strong>05</strong> die Anwendung von IFRS im Konzernabschluss<br />
vor. Zwischen dem IASB (International<br />
Accounting Standards Board) und dem<br />
US FASB (Financial Accounting Standards<br />
Board) kam es zudem zu einer Vereinbarung,<br />
innerhalb eines so genannten Con vergence-<br />
Projekts die beiden Standards IFRS und US<br />
GAAP einander weitgehend anzugleichen. Das<br />
kommt angesichts der globalen Kapitalmärkte<br />
einer Stärkung der Interessen der Investoren<br />
gleich. Für Philipp Hallauer, Leiter IFRS Advisory<br />
Services von KPMG Schweiz, ist es klar,<br />
dass der Kapitalmarkt die Unternehmen vor<br />
diesem Hintergrund weiter antreiben wird, ihre<br />
Zahlen noch transparenter und noch einheitlicher<br />
zu gestalten.<br />
Auch Credit Suisse Analyst Markus Mächler<br />
kennt die verschiedenen Rechnungslegungs-<br />
normen aus eigener Erfahrung. Das Studium<br />
von Geschäftsberichten und Research-Publikationen<br />
gehört für ihn zum Alltag. Um das<br />
relevante Zahlenmaterial herauszuschälen,<br />
macht er die Zahlen in einem ersten Schritt vergleichbar.<br />
«Berücksichtigt man zusätzlich noch<br />
die unterschiedlichen Rechnungslegungsarten,<br />
so kommt man nach der Bereinigung auf<br />
eine Vergleichsbasis, die es erlaubt, Unternehmen<br />
einer Branche untereinander zu vergleichen»,<br />
erklärt er. Für diese Analyse ist der<br />
Anhang einer Konzernrechnung unentbehrlich.<br />
«Wenn man Bilanzveränderungen und<br />
Performance eines Konzerns verstehen will,<br />
kommt man nicht darum herum, den Anhang<br />
zu konsultieren», bestätigt auch Philipp<br />
Hallauer. «Der Anhang ist integraler Bestandteil<br />
einer Jahresrechnung.» Weitere relevante<br />
Informationen, wenn auch ausserhalb der<br />
geprüften Jahresrechnung, finden sich im<br />
Geschäftsbericht im Rahmen der regulatorischen<br />
Bestimmungen zur Corporate Governance.<br />
Seit 2002 müssen an der SWX kotierte<br />
Unternehmen mit Sitz in der Schweiz entsprechende<br />
Infor ma tionen über Kapitalstruktur,<br />
Verwaltungsrat, Geschäftsleitung sowie Revisionsstelle<br />
respektive Konzernrechnungsprüfer<br />
offen legen. Diese sollen dem Anleger die<br />
nötige Transparenz verschaffen.<br />
Mehr Orientierung im Kennzahlensalat<br />
Markus Mächler stützt sich bei der Bewertung<br />
von Unternehmen auf verschiedene Kennzahlen.<br />
«Die wichtigsten Zahlen aus einem Unternehmensbericht<br />
betreffen: Umsatz je Segment,<br />
operatives Ergebnis (Gewinn vor Zinsen und<br />
Steuern; EBIT) je Segment, Nettoertrag pro<br />
ausgegebene Aktie, Cash Flow Statement<br />
und Bilanz», erklärt Mächler. «Doch EBIT und<br />
andere Kennzahlen müssen auch über verschiedene<br />
Geschäftsperioden hinweg miteinander<br />
verglichen werden, um aussagekräftig zu<br />
sein», sagt Philipp Hallauer. Über kurzfristige<br />
Volatilitäten, die sich aus Sonderabschreibungen,<br />
Veräusserungsgewinnen oder Restrukturierungen<br />
ergeben können, gibt wie derum<br />
der Anhang Auskunft. So kann man den Geschäftsgang<br />
eines Unternehmens über mehrere<br />
Jahre verfolgen, um eine Aussage über<br />
Quelle Illustration: kpmg