11.09.2021 Aufrufe

bull_05_01_Aufbruch

Credit Suisse bulletin, 2005/01

Credit Suisse bulletin, 2005/01

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

CREDIT SUISSE<br />

Bulletin_1.<strong>05</strong><br />

Quartierleben <strong>Aufbruch</strong> 19<br />

Geradlinig markanter Fussgängereingang zum neuen<br />

Parkhaus des Vallée du Flon: Das grelle Kunstlicht übt nachts<br />

eine magische Anziehungskraft aus.<br />

FiÞ und Babette Morand sind die Inhaber der Boutique Maniak.<br />

Die Geschwister sind echte Flon-Pioniere: «Wir möchten, dass<br />

unser Quartier harmonisch wächst.»<br />

Berlin hat seinen Potsdamer Platz, Paris sein Quartier Latin. Lausanne<br />

das Vallée du Flon, ein auf seine spezielle Weise einzigartiges Viertel.<br />

Es handelt sich um ein spannendes Aufeinandertreffen von alter und<br />

neuer Bausubstanz. Das 50 000 Quadratmeter grosse Flon-Quartier<br />

im Herzen Lausannes gehört einer einzigen privaten Immobiliengesellschaft.<br />

Nicht zuletzt deshalb erlebt das Vallée du Flon zurzeit eine<br />

spektakuläre Renaissance.<br />

Im Flon treffen sich zwei sehr unterschiedliche Typen von Besuchern:<br />

Da sind zum einen die Nachtschwärmer, die es vor allem in die<br />

berühmte Diskothek Mad und den Club Atelier Volant zieht. Zum anderen<br />

bummeln im Flon auch viele Durchschnittsbürger von Handwerksläden<br />

zu Geschäften oder Restaurants. Verschwunden sind die Prostituierten,<br />

die im verwaisten Lagerhausquartier während Jahren offenherzig ihre<br />

Dienste anboten. Sie haben ihr Revier an die Route de Genève verlegt.<br />

Auch Drogenhändler sieht man keine mehr. «Als ich klein war, durfte<br />

ich im Flon nicht spielen. Er galt als unsichere Gegend. Es gab dort nur<br />

Lagerhäuser sowie Obst- und Gemüsehändler», erinnert sich Jean-<br />

Marc Regamey, einer der drei Geschäftsführer des «Atelier Volant».<br />

An der Place de l’Europe ist das besondere Flair des Quartiers am<br />

intensivsten spürbar. Er ist zwar mit seinem glatten Boden und dem<br />

grauen Belag alles andere als einladend – und zwar nicht nur während<br />

der kalten Jahreszeit –, doch der Blick schweift schnell von der etwas<br />

steril wirkenden Architektur auf das, was wie ein Dorf im Herzen der<br />

City pulsiert. An diesem Nachmittag im Januar richten Eltern und Kinder<br />

ihre Schritte entschlossen in Richtung Eisbahn … Ja, der Flon macht<br />

sogar Manhattan Konkurrenz – und die zahlreichen Passanten freuts.<br />

Einige unter ihnen eilen zu einem riesigen Gebäude mit klaren Linien:<br />

das neue Europlex-Kino mit seinen sieben Sälen. Die Nachmittagsvorstellung<br />

beginnt in wenigen Minuten. Einige Meter weiter steigen<br />

Passanten ein halbes Dutzend Metallstufen zu einer Plattform hinauf,<br />

die zu einer Reihe von Geschäften führt. Eines davon ist Miss Saigon,<br />

eine eigentliche Schatzkammer für Liebhaber von Stoffen, Schmuck<br />

und anderen Gegenständen aus Asien und vom indischen Subkontinent.<br />

Im Laden daneben restauriert ein Handwerker prächtige Koffer<br />

und Truhen aus vergangenen Jahrhunderten.<br />

Sobald es Nacht wird und die kleinen Schlittschuhläufer schon<br />

lange Besuch vom Sandmännchen erhalten haben, leitet ein ausgetüfteltes<br />

Lichtspiel neue Besuchergruppen zu weiteren Zielen. Im Flon<br />

wird die Nacht zum Tag. Die Autos verschwinden im unterirdischen<br />

Parkhaus. Danach streben die Freunde von Salsa, Rhythm and Blues<br />

oder Reggae zielstrebig dem einzigen bunten Fleck des Flon zu: dem<br />

orangefarbenen Gebäude, in dem das «Atelier Volant» untergebracht<br />

ist und wo früher eine Glasfabrik war. Der Slogan hier lautet kurz,<br />

aber schlagkräftig: «Drei Etagen, drei Stimmungen.» Fans von House<br />

und Techno zieht es dagegen in Richtung der trendig angestrahlten<br />

Fassade des «Mad».<br />

Das Vallée du Flon verdankt seinen Namen dem Bach, der es einst<br />

durchfloss. Bevor Ende des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Lagerhallen<br />

erstellt wurden, standen in diesem Quartier Sägewerke und<br />

Wohnhäuser. In ihnen drängten sich arme Familien auf engstem Raum,<br />

oft in einem einzigen Zimmer, das zugleich auch noch als Küche diente.<br />

Der Flon wurde damals in einen unterirdischen Kanal verlegt und das<br />

Tal mit Tonnen von Aushubmasse aufgefüllt. Die Erdmassen wurden<br />

mit Güterwaggons auf den Schienen herangeführt, die noch heute >

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!