12.04.2022 Aufrufe

Hartwig von Schubert: Nieder mit dem Krieg! (Leseprobe)

Jahrzehnte des Krieges in Afrika, auf dem Balkan, am Golf und im Nahen Osten, Krieg in der Ukraine, Krieg in Mexiko, Krieg in Afghanistan. Die USA haben sich weltweit zurückgezogen, das Vakuum füllen andere. Europa sollte sich dieser Realität stellen, um nicht immer wieder von ihr überrascht zu werden; dies aber nicht auf dem Weg zurück in die Machtspiele des 19. Jahrhunderts, sondern auf den Wegen des Völkerrechts und durch die Errichtung von und die Mitwirkung an Systemen gemeinsamer Sicherheit. Liegt aber nicht gerade das Völkerrecht am Boden? Wer glaubt noch an die UN-Charta? Christen glauben nicht an die Charta, sondern an Gott und die Macht der Nächstenliebe. Zu diesem Glauben aber gehört das Bekenntnis zu Menschenwürde und Menschenrecht und zur zivilisierenden Kraft des Völkerrechts. Die Gründe für dieses Bekenntnis werden in Hartwig von Schuberts zukunftsorientierter »Ethik politischer Gewalt« ausführlich erläutert.

Jahrzehnte des Krieges in Afrika, auf dem Balkan, am Golf und im Nahen Osten, Krieg in der Ukraine, Krieg in Mexiko, Krieg in Afghanistan. Die USA haben sich weltweit zurückgezogen, das Vakuum füllen andere. Europa sollte sich dieser Realität stellen, um nicht immer wieder von ihr überrascht zu werden; dies aber nicht auf dem Weg zurück in die Machtspiele des 19. Jahrhunderts, sondern auf den Wegen des Völkerrechts und durch die Errichtung von und die Mitwirkung an Systemen gemeinsamer Sicherheit. Liegt aber nicht gerade das Völkerrecht am Boden? Wer glaubt noch an die UN-Charta? Christen glauben nicht an die Charta, sondern an Gott und die Macht der Nächstenliebe. Zu diesem Glauben aber gehört das Bekenntnis zu Menschenwürde und Menschenrecht und zur zivilisierenden Kraft des Völkerrechts. Die Gründe für dieses Bekenntnis werden in Hartwig von Schuberts zukunftsorientierter »Ethik politischer Gewalt« ausführlich erläutert.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

1.2 Kultur- und religionstheoretischer Rahmen 65<br />

sein sollte. Am Beispiel des Sprechaktes lässt sich nach <strong>dem</strong> ethischen Aspekt<br />

kommunikativen Handelns fragen. Daran anschließend soll die Diskussion gängiger<br />

Ethiktheorien in die Skizze einer integrativen Ethik münden, die wiederum<br />

Formgesetze für eine Ethische Theologie liefern kann.<br />

1. Normativität im kommunikativen Handeln: Sprechen ist ein biosozialer Fall.<br />

Er setzt biophysische Gegebenheiten voraus, die nicht selbstverständlich sind,<br />

sodann walten soziale Gesetze, beispielsweise Rangordnungen. Der Status eines<br />

Sprechers kann den Gehalt des <strong>von</strong> ihm Gesagten erheblich dominieren. Wer<br />

meint, um Sympathie werben zu müssen, macht sich selbst klein und den anderen<br />

groß. Wer glaubt, recht zu haben, macht sich selbst groß und den anderen<br />

klein. Wer meint, im Kampf um die Rang- und Herrschaftsordnung auf Sanktionen<br />

verzichten zu können, wird vermutlich scheitern. Wer nur <strong>mit</strong> Sanktionen<br />

operiert, wird mehr und anderes als Herrschaft kaum beeinflussen. 78<br />

Nehmen wir als Standardfall die eidliche Bezeugung als einen Fall darstellenden<br />

Geltungsanspruchs zur Sicherung der Verlässlichkeit einer Aussage und<br />

ihrer Bedeutung. In vielen Kulturen ist es üblich, eine Aussage in ihrem Wahrheitsgehalt<br />

<strong>mit</strong> einem Eid, einer bedingten Selbstverfluchung also, zu bekräftigen.<br />

In Deutschland beispielsweise besagt § 64 StPO:<br />

»1) Der Eid <strong>mit</strong> religiöser Beteuerung wird in der Weise geleistet, dass der Richter<br />

an den Zeugen die Worte richtet: ›Sie schwören bei Gott <strong>dem</strong> Allmächtigen und Allwissenden,<br />

dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen<br />

haben‹ und der Zeuge hierauf die Worte spricht: ›Ich schwöre es, so wahr<br />

mir Gott helfe‹. (2) Der Eid ohne religiöse Beteuerung wird in der Weise geleistet,<br />

dass der Richter an den Zeugen die Worte richtet: ›Sie schwören, dass Sie nach bestem<br />

Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben‹ und der<br />

Zeuge hierauf die Worte spricht: ›Ich schwöre es‹. (3) Gibt ein Zeuge an, dass er als<br />

Mitglied einer Religions- oder Bekenntnisgemeinschaft eine Beteuerungsformel dieser<br />

Gemeinschaft verwenden wolle, so kann er diese <strong>dem</strong> Eid anfügen. (4) Der<br />

Schwörende soll bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben.«<br />

Und § 154 StGB setzt ein höheres Strafmaß fest und besagt:<br />

»(1) Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme <strong>von</strong> Eiden zuständigen<br />

Stelle falsch schwört, wird <strong>mit</strong> Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. (2) In<br />

minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe <strong>von</strong> sechs Monaten bis zu fünf<br />

Jahren.«<br />

78<br />

Zur Komplexität sozialer Kompetenz vgl. Asendorpf / Neyer (2018 6 ): Psychologie der<br />

Persönlichkeit.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!