12.04.2022 Aufrufe

Hartwig von Schubert: Nieder mit dem Krieg! (Leseprobe)

Jahrzehnte des Krieges in Afrika, auf dem Balkan, am Golf und im Nahen Osten, Krieg in der Ukraine, Krieg in Mexiko, Krieg in Afghanistan. Die USA haben sich weltweit zurückgezogen, das Vakuum füllen andere. Europa sollte sich dieser Realität stellen, um nicht immer wieder von ihr überrascht zu werden; dies aber nicht auf dem Weg zurück in die Machtspiele des 19. Jahrhunderts, sondern auf den Wegen des Völkerrechts und durch die Errichtung von und die Mitwirkung an Systemen gemeinsamer Sicherheit. Liegt aber nicht gerade das Völkerrecht am Boden? Wer glaubt noch an die UN-Charta? Christen glauben nicht an die Charta, sondern an Gott und die Macht der Nächstenliebe. Zu diesem Glauben aber gehört das Bekenntnis zu Menschenwürde und Menschenrecht und zur zivilisierenden Kraft des Völkerrechts. Die Gründe für dieses Bekenntnis werden in Hartwig von Schuberts zukunftsorientierter »Ethik politischer Gewalt« ausführlich erläutert.

Jahrzehnte des Krieges in Afrika, auf dem Balkan, am Golf und im Nahen Osten, Krieg in der Ukraine, Krieg in Mexiko, Krieg in Afghanistan. Die USA haben sich weltweit zurückgezogen, das Vakuum füllen andere. Europa sollte sich dieser Realität stellen, um nicht immer wieder von ihr überrascht zu werden; dies aber nicht auf dem Weg zurück in die Machtspiele des 19. Jahrhunderts, sondern auf den Wegen des Völkerrechts und durch die Errichtung von und die Mitwirkung an Systemen gemeinsamer Sicherheit. Liegt aber nicht gerade das Völkerrecht am Boden? Wer glaubt noch an die UN-Charta? Christen glauben nicht an die Charta, sondern an Gott und die Macht der Nächstenliebe. Zu diesem Glauben aber gehört das Bekenntnis zu Menschenwürde und Menschenrecht und zur zivilisierenden Kraft des Völkerrechts. Die Gründe für dieses Bekenntnis werden in Hartwig von Schuberts zukunftsorientierter »Ethik politischer Gewalt« ausführlich erläutert.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

1.1 Anlass und Zweck, Ergebnis und Anlage der Studie 25<br />

1.1.2 Ergebnis und Anlage der Begründung<br />

1. Ergebnis: Nicht Macht und Gewalt, nicht Staat oder Staatlichkeit per se, sondern<br />

ihre normative Beurteilung ist der Gegenstand dieser Untersuchung. Das<br />

Ergebnis lautet in drei Kernthesen: (1) Gewalt ist ethisch hochambivalent, hier<br />

Fluch, dort Segen. (2) Deshalb ist Gewalt politisch und rechtlich einzuhegen durch<br />

die Einrichtung republikanischer Staaten und eine Republik der Republiken, der<br />

<strong>Krieg</strong> ist abzuschaffen. (3) Der christliche Glauben soll diese Einhegung aus engagierter<br />

Distanz unterstützen und nicht ablassen, wie in anderen Hinsichten so auch<br />

hier Anerkennung zu zollen, Bildung zu ver<strong>mit</strong>teln und Solidarität zu üben. Im<br />

Einzelnen:<br />

1. Zu normativen Ordnungen: Gewaltkonflikte verstetigen sich und eskalieren<br />

in <strong>dem</strong> Maße, in <strong>dem</strong> die Akteure glauben, im Recht zu sein. Sie werben für<br />

die Verfolgung ihrer Zwecke und Ziele da<strong>mit</strong>, dass sie für diese eine Rechtsgeltung<br />

beanspruchen, die möglichst weithin anerkannt werden soll. Die Darlegung<br />

der Genese und Faktizität eines normativen Anspruches in Gestalt <strong>von</strong><br />

Konventionen und Institutionen kann ganz erheblich dazu beitragen, diesen Anspruch<br />

zu verstehen und zu unterstützen, reicht aber allein nicht dazu, seine<br />

allgemeine Geltung zu begründen. Zur Begründung eines moralischen Geltungsanspruchs<br />

taugen gemäß <strong>dem</strong> aufgeklärten Ideal freier Selbstbestimmung nur<br />

solche Kriterien, die bei je<strong>dem</strong> Einzelnen in seinem persönlichen Gewissen, also<br />

in einem gedankenexperimentellen forum interum und in der Praxis individueller<br />

Lebensführung Anerkennung finden, sprich: sich dort bewähren. Rechtlich<br />

gelten gemäß <strong>dem</strong> republikanischen Ideal einer freien Bürgerschaft <strong>von</strong> Freien<br />

nur die Kriterien, die in <strong>dem</strong> politisch organisierten forum externum einer Gemeinschaft<br />

positiven Rechts Anerkennung finden und sich dort bewähren. Sowohl<br />

ein Gewissen als auch eine Rechtsgemeinschaft können ihrerseits ihren<br />

Geltungsanspruch über diese oder jene partikulare Anerkennung und Bewährung<br />

hinaus nur aus einer vorstaatlich organisierten universalen Norm begründen.<br />

Wollte man wiederum deren Anerkennung staatspolitisch organisieren,<br />

mündete dies im Totalitarismus. In einer Staatengemeinschaft können staatliche<br />

Rechtsnormen keine überstaatlich universale Geltung beanspruchen. Da<strong>mit</strong><br />

bleibt für die Begründung universaler Menschenrechtsnormen nur der Modus der<br />

international durch Selbstverpflichtungspakte und einzelstaatlich qua Verfassungsrecht<br />

zu vollziehenden Anerkennung, Aneignung und Durchsetzung. Und<br />

eine kritische Rechtsmoral und eine Rechtsethik werden immer Sache der Verantwortung<br />

und Rechenschaftslegung <strong>von</strong> Individuen bleiben.<br />

2. Zur Ethik: Die Wissenschaft, die sich normativ <strong>mit</strong> menschlichem Handeln<br />

befasst, wird seit Aristoteles »Ethik« genannt. Sie adressiert Menschen als sich<br />

ihrer selbst bewusste und sich selbst in endlicher Freiheit zum Handeln bestimmende<br />

Personen, deren Moral und Handlungen ihnen verbindlich zugerechnet<br />

und nach diesem derart bestimmten Prinzip menschlicher Würde beurteilt werden<br />

können. Zwei Auffassungen führen in die Irre: Erstens gibt es ethisch keine<br />

Kollision zwischen Prinzipien und Interessen, sie liegen auf unterschiedlichen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!