Kunstbulletin Oktober 2022
Unsere Oktober Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Nora Toratu, Monica Bonvicini, F+F Schule für Kunst und Design, Klodin Erb, uvm.
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23 artistes de la Galerie<br />
Neuenburg — In einer Comic-Kurzgeschichte<br />
erzählt der italienische Künstler Giulio Camagni<br />
von seiner ersten Begegnung mit François<br />
Ditesheim an der Art Basel. Der Stand der<br />
Galerie Ditesheim & Maffei sei eine Insel der<br />
Ruhe und der Eleganz inmitten des lauten<br />
Messegedränges. Die zweiseitige Comic-<br />
Geschichte ist Teil der Ausstellung, mit der die<br />
Neuenburger Galerie ihr 50-jähriges Bestehen<br />
feiert. Die Ruhe und Eleganz, die Camagni<br />
dem Messestand der Galerie attestiert, sie<br />
dominieren auch die aktuelle Ausstellung. Und<br />
diese Gesamtwirkung ist durchaus ein Kunststück<br />
für sich, vereint die Schau doch Werke<br />
von 23 recht unterschiedlichen Kunstschaffenden.<br />
Was den harmonischen Gesamteindruck<br />
befördert, ist die Konzentration auf traditionelle<br />
künstlerische Techniken: Malerei, Grafik,<br />
Skulptur. Eine einzige fotografische Arbeit ist<br />
vertreten, von Béatrice Helg, und die weist einen<br />
so hohen Abstraktionsgrad auf, dass man<br />
sie glatt für ein Gemälde halten könnte. Schräg<br />
neben der Fotografie steht die lebensgrosse<br />
Keramikfigur eines Kindes von Giuseppe<br />
Cavazi. ‹Après le bain› heisst die Arbeit. Der<br />
Körper verschwindet unter einem glatten Tuch,<br />
dessen strenges Streifenmuster der Figur<br />
etwas Abstraktes gibt – und das zudem mit<br />
zwei Ölbildern von Adolfo Estrada im Stil der<br />
Konkreten Malerei korrespondiert.<br />
Abstraktion oder Figuration? In der Ausstellung<br />
hat beides Raum. François Ditesheim sucht<br />
im Werk der Künstlerinnen und Künstler, mit<br />
denen er zusammenarbeitet, vor allem eine<br />
gewisse Ruhe und Nachdenklichkeit. Nicht<br />
zu verwechseln mit Beschaulichkeit! Zu den<br />
langjährigen Künstlern der Galerie gehört<br />
François Rouan, der zur einflussreichen südfranzösischen<br />
Bewegung Supports/Surface<br />
zählt. In den späten 1960er-Jahren hinterfragte<br />
diese Gruppe das Verhältnis von Bildträger<br />
und Bildoberfläche und stellte traditionelle<br />
Gestaltungsweisen auf den Kopf. Rouan ist<br />
mit mehreren Arbeiten in der Schau vertreten,<br />
unter anderem mit dem grossformatigen<br />
Flechtbild ‹Transi›, 2020–<strong>2022</strong>, für das er bemalte<br />
Leinwandstreifen miteinander verwoben<br />
und teilweise erneut übermalt hat. Auch das<br />
Zeitgeschehen spiegelt sich in der Schau: Der<br />
Grafik-Künstler Erik Desmazières zeigt unter<br />
anderem ‹Paysage après la bataille II›, <strong>2022</strong>,<br />
eine Ruinenlandschaft in Gouache und Aquarell,<br />
technisch brillant und bedrückend in der<br />
Aussage. AH<br />
Erik Desmazières · Paysage après la bataille II,<br />
<strong>2022</strong>, Aquarell und Gouache auf präpariertem<br />
Papier, 46,2 x 64,9 cm<br />
François Rouan · Transi, 2020–<strong>2022</strong>, Öl auf<br />
geflochtener Leinwand, 170 x 130 cm<br />
→ Galerie Ditesheim & Maffei, bis 5.11.<br />
↗ www.galerieditesheim.ch<br />
74 <strong>Kunstbulletin</strong> 10/<strong>2022</strong>