Kunstbulletin Oktober 2022
Unsere Oktober Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Nora Toratu, Monica Bonvicini, F+F Schule für Kunst und Design, Klodin Erb, uvm.
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Barbara Wiggli und Matthias<br />
Huber<br />
Solothurn — Das Künstlerhaus S11 zeigt<br />
bildhauerisches Schaffen von Barbara Wiggli<br />
(*1966) zusammen mit gemalten Werken von<br />
Matthias Huber (*1980), dem kantonalen Preisträger<br />
von 2015. Mit dem sprechenden Ausstellungstitel<br />
‹Flügge› verbindet sich nicht nur<br />
das Entlassen schöpferischer Werke aus der<br />
intimen Sphäre des Atelierraumes, um unter<br />
die Augen der Öffentlichkeit zu treten, sondern<br />
auch eine mehrteilige, partizipatorische Installation<br />
von Barbara Wiggli. In der Zusammenarbeit<br />
mit Schulklassen sind unzählige glasierte<br />
Vogelplastiken aus Ton entstanden. Gerade in<br />
ihrer ungelenken und expressiven Ausdrucksweise<br />
setzen sie ein starkes visuelles Zeichen<br />
in den Räumen der Galerie.<br />
Die Künstlerin arbeitet oft in polaren Konstellationen,<br />
die durch Verbindung unterschiedlicher<br />
Materialien und technischer Herangehensweisen<br />
in Erscheinung treten und Wigglis Werke<br />
zwischen Objekt, Installation und Relief oszillieren<br />
lassen. Fügen, Verbinden, Zusammensetzen<br />
oder Flechten sind konstitutiv für ihren<br />
Werkprozess. Er beginnt mit einer unscharfen<br />
Idee – die Form konkretisiert sich in der<br />
handwerklichen Auseinandersetzung mit dem<br />
Material. Wie stark dabei Details definiert oder<br />
im Vagen belassen werden, ist ein zentraler Teil<br />
der zeitaufwendigen Arbeit. Manchmal dienen<br />
Bilder zur Inspiration, oder ein Objet trouvé<br />
steht am Anfang des schöpferischen Prozesses.<br />
Wie beispielsweise bei ‹Fundstück an Sockel<br />
geschmiegt›, 2018, wo sich ein Gebilde aus<br />
Styropor in verwaschenen Grüntönen an etwas<br />
Möbelartiges in kühlem Blaugrau anlehnt. Im<br />
schöpferischen Prozess reagiert die Künstlerin<br />
auf das zufällig entdeckte, durch Natureinflüsse<br />
geformte Fundstück und nobilitiert es in der<br />
Verbindung mit einer gezimmerten Holzkonstruktion<br />
zur ästhetischen Form. In ‹Eiche stützt<br />
Linde›, 2017, verwandelt Wiggli Tropfspuren<br />
einer zähen Flüssigkeit in ein gewölbtes,<br />
geschnitztes Wandrelief aus schwarz bemaltem<br />
Lindenholz. Ein geometrischer Winkel aus<br />
unbemalter Eiche fängt die organisch fliessende<br />
Form auf. So entsteht ein fruchtbarer<br />
Gegensatz aus Erscheinung und Materialität,<br />
der unterschiedliche Energien visualisiert.<br />
Gleichzeitig tritt das fiktiv strömende Element<br />
von Wiggli in Dialog mit den umgebenden<br />
Farbarbeiten von Mathias Huber, der mit klaren<br />
Setzungen von Farbspuren Elementares aufruft<br />
und mit zeitgenössischem Geist verbindet. IK<br />
Barbara Wiggli · Eiche stützt Linde, 2018,<br />
Lindenholz, Eichenholz, Lack, 48 x 51 x 8 cm<br />
Matthias Huber · Ohne Titel, 2021, 100 x 90 cm,<br />
Öl und Acryl auf Leinwand<br />
→ Künstlerhaus S11, 7.–30.10.<br />
↗ www.s11.ch<br />
78 <strong>Kunstbulletin</strong> 10/<strong>2022</strong>