Sozialarbeit und/oder virtuelle Welten? - E-Beratungsjournal
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Sprechen schwer fällt <strong>und</strong> er auf einen Rollstuhl angewiesen ist. In seiner <strong>virtuelle</strong>n<br />
Identität ist Jason Rowe ein Held. Er kann seinen Avatar mit einem Touchscreen steuern.<br />
„Ich kann dort ein Speedbike fahren, Monster bekämpfen <strong>oder</strong> mich mit Fre<strong>und</strong>en in einer<br />
Bar treffen. [...] Im echten Leben sind viele Menschen befangen, wenn sie mich<br />
kennenlernen. Online ist es gleichgültig, wie ich wirklich aussehe. Da begegnet man<br />
meinen Gedanken, meinem Charakter, nicht meinem Körper. Für mich ist das eine<br />
unglaubliche Befreiung. Der Monitor ist mein Fenster zur Welt“ (Rowe in Hauptmeier<br />
2007: 118).<br />
Für Menschen wie Jason Rowe, aber auch für Menschen mit anderen äußerlichen<br />
Auffälligkeiten wie etwa Übergewicht, Akne <strong>oder</strong> Behinderungen anderer Art (Gehörlose<br />
beispielsweise), kann diese Anonymität ein Stück Integration in die Gesellschaft <strong>und</strong><br />
Normalisierung bedeuten. Es eröffnet sich die Möglichkeit in <strong>virtuelle</strong>n <strong>Welten</strong> auf andere<br />
UserInnen zuzugehen, ohne auf Gr<strong>und</strong> körperlicher Erscheinungsbilder bzw. Merkmale<br />
stigmatisiert zu werden. Da sich die UserInnen in der textbasierten Kommunikation<br />
gegenseitig nicht sehen können, werden alle Beteiligten unvoreingenommen behandelt <strong>und</strong><br />
akzeptiert. Die Möglichkeit sich im Sinne der Selbstmaskierungsthese zu verstecken, birgt<br />
aber auch gleichzeitig die Furcht vor einem Treffen in der Realität.<br />
Die Möglichkeit zur Anonymität hat aber auch eine zweite Seite. So kann nie mit absoluter<br />
Sicherheit gesagt werden, wer sein Gegenüber bei einer rein textbasierten Kommunikation<br />
wirklich ist. Wenn sich die Kommunikationspartner nicht aus dem realen Leben kennen,<br />
bleibt ihnen eigentlich nur, dem/der jeweils anderen ‚blind’ zu vertrauen.<br />
(Im folgenden Kapitel wird im übrigen auch gezeigt, dass es nur eine Minderheit von<br />
UserInnen ist, welche etwa von der Möglichkeit eines Geschlechterwechsels, im Internet<br />
Gebrauch machen).<br />
3.3 Qual der Wahl - maskiert <strong>oder</strong> real<br />
Die zentrale Variable der <strong>virtuelle</strong>n <strong>Welten</strong> ist die Anonymität. Sie verleiht allen<br />
UserInnen die Möglichkeit, ihre wirkliche Identität im Internet zu verbergen. Diese werden<br />
quasi vor die Wahl gestellt, wer sie sein möchten. Sie können für sich eine neue Identität<br />
erfinden, denn es ist relativ einfach, Geschlecht, Alter, Ethnizität, körperliche<br />
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