Sozialarbeit und/oder virtuelle Welten? - E-Beratungsjournal
Sozialarbeit und/oder virtuelle Welten? - E-Beratungsjournal
Sozialarbeit und/oder virtuelle Welten? - E-Beratungsjournal
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
zu verschaffen.<br />
Bei Frauen, welche in die Rolle eines Mannes schlüpfen, wird dagegen vermutet, dass sie<br />
dies tun, um unerwünschten sexuellen Annäherungen auszuweichen <strong>und</strong> um von Männern<br />
ernst genommen, bzw. gleichberechtigt anerkannt zu werden.<br />
Döring (vgl. 2007: 378) verweist auf Interviewdaten <strong>und</strong> Erfahrungsberichte, laut denen<br />
Männer in die Rolle von Frauen schlüpfen, um ihre Emotionalität <strong>und</strong> Verletzlichkeit<br />
zuzulassen. Frauen hingegen wechseln in die Rolle eines Mannes, um ihre Kompetenz <strong>und</strong><br />
Stärke zu erk<strong>und</strong>en. Dabei machen sowohl Männer als auch Frauen zwiespältige<br />
Erfahrungen.<br />
So können Männer in der Rolle einer Frau auf der einen Seite leichter mit Frauen ins<br />
Gespräch kommen, sie bekommen mehr Aufmerksamkeit von anderen Männern <strong>und</strong><br />
werden plötzlich fre<strong>und</strong>lich begrüßt, wenn sie einen Chat betreten. Auf der anderen Seite<br />
werden sie plötzlich mit unerwünschten Hilfsangeboten <strong>und</strong> Belästigungen konfrontiert.<br />
So erhalten sie unzählige Einladungen zu privaten Chats <strong>und</strong> werden mit eMails überhäuft.<br />
Frauen in der Rolle eines Mannes machen hingegen zum einen die Erfahrungen, dass ihnen<br />
die eigenen Geschlechtsgenossinnen nun mit größerer Distanz begegnen <strong>und</strong> sie von<br />
Männern weniger Beachtung <strong>und</strong> Hilfe erhalten. Zum anderen haben sie nun die<br />
Möglichkeit, an „Männer-Gesprächen“ teilzunehmen <strong>und</strong> es ermöglicht ihnen, expansive<br />
<strong>und</strong> aggressive Verhaltensweisen, welche traditionell als männlich gelten, zu übernehmen<br />
<strong>und</strong> auszuprobieren.<br />
Im sexuellen Kontext übt der Geschlechterwechsel auch den Reiz aus, um das Begehren<br />
des anderen Geschlechts nachvollziehen zu können. Auch Menschen, die im<br />
Zusammenhang mit Transsexualität bzw. Transidentität stehen, nutzen einen<br />
Geschlechtertausch in <strong>virtuelle</strong>n <strong>Welten</strong> als Übungsfeld <strong>und</strong> stellen so eine Verbindung zur<br />
realen Identität her. Virtuelle Identität wird quasi als Vorbereitung auf die neue Offline-<br />
Identität genutzt (vgl. Döring 2003: 378ff).<br />
Ähnlich sieht Knatz (vgl. 2008: 3) den Geschlechterwechsel als ein Experimentieren um<br />
mit den Facetten des Ich zu spielen. Das gender-switching kann dazu dienen, Konflikte zu<br />
ergründen, indem man in die Rolle des anderen schlüpft, um ihn besser zu verstehen.<br />
Durch den Geschlechtertausch werden die Handlungen des Anderen transparenter <strong>und</strong> man<br />
erhält somit einen Einblick in die Rolle einer Frau <strong>oder</strong> eines Mannes. Knatz berichtet von<br />
Ausbildungen, Supervisionen <strong>und</strong> Trainings, in welchen sie die Erfahrung gemacht hat,<br />
24