Roethlein B. Das Innerste der Dinge.. Einfuehrung in - tiera.ru
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Exponentialgesetz und Halbwertszeit<br />
Die Beobachtung <strong>der</strong> Radioaktivität bei allen strahlenden<br />
Substanzen zeigt, daß die Aktivität <strong>in</strong> gleichen Zeiträumen<br />
immer um den gleichen Faktor abnimmt, beispielsweise alle<br />
vier Tage auf die Hälfte abs<strong>in</strong>kt. Faßt man dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e mathematische<br />
Formel, ergibt sich für die Anzahl <strong>der</strong> radioaktiven<br />
Kerne zu e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit die Vorschrift:<br />
N(t) ist die Anzahl <strong>der</strong> radioaktiven Kerne zum Zeitpunkt t.<br />
N(0) ist die Anzahl <strong>der</strong> radioaktiven Kerne zum Zeitpunkt t = 0.<br />
t ist die Zeit, l ist die so genannte Zerfallskonstante, sie gibt<br />
die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für e<strong>in</strong>en radioaktiven Zerfall pro<br />
Zeite<strong>in</strong>heit an. Diese Konstante ist charakteristisch für das<br />
jeweilige Element. Aus <strong>der</strong> hier gezeigten Formel ergibt sich,<br />
daß die Radioaktivität e<strong>in</strong>es Elements immer die gleiche Zeit<br />
benötigt, um auf die Hälfte abzufallen. Man nennt diese Zeit<br />
die Halbwertszeit. Je nach Element liegt diese Zeit zwischen<br />
Sekundenb<strong>ru</strong>chteilen [Bor 9 hat e<strong>in</strong>e Halbwertszeit von nur 5 •<br />
10 2 Sekunden) und extrem langen Zeiträumen Blei 204 zum<br />
Beispiel hat e<strong>in</strong>e Halbwertszeit von 1,4 • 10 17 Jahren).<br />
heraus, daß die Radioaktivität dieses Elements durch chemische<br />
Verfahren zum größten Teil entfernt werden konnte, beispielsweise<br />
durch Ausfällen mit Ammoniak. Sie nannten den<br />
Stoff, <strong>der</strong> dabei isoliert wurde, Thorium X. Er besaß e<strong>in</strong>e Halbwertszeit<br />
von etwa vier Tagen.<br />
Nach dieser Zeit hatte auch das zurückbleibende Thorium<br />
se<strong>in</strong>e halbe Aktivität wie<strong>der</strong>gewonnen. Rutherford und Soddy<br />
konnten nun zeigen, daß diese neu gewonnene Aktivität des<br />
Thoriums dadurch entstanden war, daß es kont<strong>in</strong>uierlich neues<br />
Thorium X bildete, das dann mit vier Tagen Halbwertszeit<br />
wie<strong>der</strong> zerfiel.<br />
Der wesentliche Punkt <strong>der</strong> Theorie war also, daß Thorium X<br />
e<strong>in</strong> eigenes Element war, das sich von Thorium unterschied.<br />
Außerdem schien es, daß die Neubildung von Thorium X nur<br />
durch die Verwandlung von Thorium zu erklären war. Die beiden<br />
Forscher schrieben: »Da deshalb die Radioaktivität e<strong>in</strong>e<br />
Eigenschaft des Atoms ist und von chemischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
begleitet wird, bei denen neue Arten von Materie entstehen,<br />
müssen diese Verän<strong>der</strong>ungen im Inneren des Atoms stattf<strong>in</strong>den,<br />
und die radioaktiven Elemente müssen spontanen Umwandlungen<br />
unterworfen se<strong>in</strong>.«<br />
Dies war e<strong>in</strong>e hellsichtige Theorie, wie wir heute wissen, e<strong>in</strong>e<br />
Theorie, die um so erstaunlicher ersche<strong>in</strong>t, wenn man bedenkt,<br />
daß Rutherford und Soddy ihre Erkenntnisse im G<strong>ru</strong>nde nur<br />
durch Beobachten <strong>der</strong> Strahlung gefunden hatten, die aus <strong>der</strong><br />
Black Box namens Materie herauskam.<br />
Heute, <strong>ru</strong>nd neun Jahrzehnte später, ist längst durch vielfältige<br />
Experimente bewiesen, was Rutherford und Soddy e<strong>in</strong>st<br />
nur vermuteten: Elemente verwandeln sich durch die Aussendung<br />
radioaktiver Strahlung <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Elemente, zum Teil<br />
über viele Zwischenschritte h<strong>in</strong>weg.<br />
So endet beispielsweise die Zerfallsreihe des Uran am Ende<br />
immer mit Blei. In den Jahren 1911 bis 1913 wurden nach und<br />
nach die drei Zerfallsreihen von Uran-Radium, Akt<strong>in</strong>ium und<br />
Thorium erforscht und die Gesetzmäßigkeiten herausgearbeitet,<br />
die h<strong>in</strong>ter den Umwandlungen stehen. Wenn beispielsweise<br />
e<strong>in</strong> Kern e<strong>in</strong> Alphateilchen aussendet, verr<strong>in</strong>gert sich se<strong>in</strong><br />
Atomgewicht um vier E<strong>in</strong>heiten, se<strong>in</strong>e Ordnungszahl um zwei.<br />
Es <strong>ru</strong>tscht also im Periodensystem <strong>der</strong> Elemente um zwei<br />
Stellen nach l<strong>in</strong>ks. Emittiert e<strong>in</strong> Kern h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> Betateilchen,<br />
also e<strong>in</strong> Elektron, verän<strong>der</strong>t sich se<strong>in</strong> Atomgewicht nicht (die<br />
ger<strong>in</strong>ge Masse des Elektrons ist hier unbedeutend),