Roethlein B. Das Innerste der Dinge.. Einfuehrung in - tiera.ru
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gebackener junger Physiker, Carl An<strong>der</strong>son, am Caltech <strong>in</strong><br />
Kalifornien 1930 die kosmische Strahlung. Von Anfang an fiel<br />
ihm dabei auf, daß manche se<strong>in</strong>er Fotos irgendwelche seltsamen<br />
Spuren von leichten Teilchen zeigten, die entwe<strong>der</strong> von<br />
oben nach unten flogen und positiv geladen waren o<strong>der</strong> sich<br />
von unten nach oben bewegten und negativ geladen waren.<br />
(Auf e<strong>in</strong>er Momentaufnahme <strong>der</strong> Spuren erkennt man die Flugrichtung<br />
<strong>der</strong> Teilchen nicht.)<br />
Wochenlang stritt er mit se<strong>in</strong>em Professor darüber, welche<br />
Teilchen die Ursache für die seltsamen Spuren se<strong>in</strong> könnten.<br />
Die Vernunft sagte, daß sie von oben kommen mussten, denn<br />
kosmische Strahlung kommt immer von oben. Protonen<br />
konnten es aber auch nicht se<strong>in</strong>, dazu waren sie zu kle<strong>in</strong>. Die<br />
Frage nach <strong>der</strong> Laufrichtung beantwortete An<strong>der</strong>son schließlich<br />
mit e<strong>in</strong>em raff<strong>in</strong>ierten Trick: Er ließ alle Teilchen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Nebelkammer durch e<strong>in</strong>e dünne Metallfolie fliegen. Beim<br />
Durchtritt wurden die Teilchen abgebremst. Dadurch verän<strong>der</strong>ten<br />
sie ihre Bahn im Magnetfeld. Die Seite <strong>der</strong> Folie, auf <strong>der</strong><br />
die Teilchenbahn schwächer gekrümmt war, musste folglich<br />
die Seite se<strong>in</strong>, von <strong>der</strong> die Teilchen herkamen.<br />
Am 2. August 1932 gelang An<strong>der</strong>son e<strong>in</strong> so erstaunlich<br />
klares Foto, daß sowohl er als auch se<strong>in</strong> Professor regelrecht<br />
schockiert waren: Es zeigte e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> fraglichen Teilchen. Aus<br />
<strong>der</strong> Dicke <strong>der</strong> Spur, dem Radius <strong>der</strong> Krümmung se<strong>in</strong>er Bahn<br />
und aus <strong>der</strong> Abbremsung durch die Folie war sofort klar, daß<br />
se<strong>in</strong>e Masse <strong>in</strong> etwa <strong>der</strong> des Elektrons entsprechen musste.<br />
Gleichzeitig musste das Teilchen positiv geladen se<strong>in</strong>. Die Spur<br />
stammte also von e<strong>in</strong>em Partikel, das noch nie zuvor beobachtet<br />
worden war.<br />
Tatsache war, daß es sich um e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> om<strong>in</strong>ösen »Löcher«<br />
handelte, die Dirac vorhergesagt hatte. Schließlich nannte An<strong>der</strong>son<br />
das Teilchen »positives Elektron«, später wurde daraus<br />
»Positron«. Die Positronen waren die ersten Vertreter e<strong>in</strong>er<br />
ganz neuen Art von Materie: Antimaterie, die Dirac aufg<strong>ru</strong>nd<br />
se<strong>in</strong>er Theorie zwangsweise vorhersagen musste. Später sagte<br />
er, die Gleichungen seien schlauer gewesen als er selbst.<br />
Schnell fanden Experimentatoren nun heraus, daß sich Elektronen<br />
und Positronen gegenseitig vernichten, wenn sie zusammenstoßen,<br />
wobei zwei w<strong>in</strong>zige Lichtblitze (Photonen)<br />
entstehen. Entsprechend kann sich auch e<strong>in</strong> Photon <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
Elektron und e<strong>in</strong> Positron aufspalten.<br />
Von e<strong>in</strong>er Verlegenheitslösung hatten sich damit die negativen<br />
Energiezustände aus Diracs Theorie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Triumph<br />
<strong>der</strong> Physik verwandelt. Dirac erhielt 1933 den Nobelpreis,<br />
An<strong>der</strong>son drei Jahre später. Im Lauf <strong>der</strong> darauf folgenden Jahrzehnte<br />
entdeckten Forscher nach und nach weitere Antiteilchen,<br />
manche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhenstrahlung, manche <strong>in</strong> den großen<br />
Beschleunigern. Inzwischen kennt man zu jedem e<strong>in</strong>zelnen<br />
Teilchen unserer Welt auch das entsprechende Antiteilchen.<br />
Man ist mit ihren Reaktionen so vertraut, daß man wie <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Art Fabrik beispielsweise Antiprotonen am Fließband<br />
herstellen kann, und Anfang 1996 gelang es Forschern am<br />
Teilchenforschungszent<strong>ru</strong>m CERN (Conseil Europaen pour la<br />
Recherche Nucleaire) bei Genf sogar, e<strong>in</strong> ganzes Atom aus<br />
Antimaterie zu erzeugen und nachzuweisen. Die genaue<br />
Untersuchung <strong>der</strong>artiger Antiatome wird <strong>in</strong> Zukunft zeigen,<br />
ob alle unsere Naturgesetze auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Antimaterie<br />
gelten.<br />
Zurück <strong>in</strong>s Jahr 1920, dort wi<strong>der</strong>fuhr Ernest Rutherford<br />
zum zweiten Mal e<strong>in</strong>e Ehre, die nur wenigen Wissenschaftlern<br />
zuteil wird: Er wurde aufgefor<strong>der</strong>t, vor <strong>der</strong> britischen Royal<br />
Society e<strong>in</strong>e Vorlesungsreihe zu halten. <strong>Das</strong> erste Mal, als er<br />
vor diesem erlauchten Gremium auftrat, war im Jahr 1904 gewesen,<br />
und er selbst damals noch e<strong>in</strong> 32jähriger junger Mann.<br />
Inzwischen war er weltberühmt, und so erregten se<strong>in</strong>e Vorlesungen<br />
großes Interesse. Sie beschäftigten sich diesmal mit<br />
künstlichen Atomumwandlungen. Dies war e<strong>in</strong> Gebiet, das<br />
die G<strong>ru</strong>ndfesten <strong>der</strong> Physik erschüttert hatte, denn man hatte