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Roethlein B. Das Innerste der Dinge.. Einfuehrung in - tiera.ru

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Uran 238 nur e<strong>in</strong> Neutron schlucken muss, um unter Abgabe<br />

von zwei Elektronen zu Plutonium 239 zu werden, benötigt<br />

das Thorium-Atom ganze sieben Neutronen, bevor es sich <strong>in</strong><br />

Plutonium umwandelt, e<strong>in</strong> relativ seltener Vorgang. Während<br />

also e<strong>in</strong> üblicher Tausend-Megawatt-Reaktor etwa zweihun<strong>der</strong>t<br />

Kilogramm Plutonium pro Jahr produziert, entsteht <strong>in</strong> Rubbias<br />

»Energieverstärker« tausend- bis zehntausend Mal weniger<br />

von diesem gefährlichen Material. Außerdem betont Rubbia<br />

immer wie<strong>der</strong>, daß <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Reaktor kaum schwere<br />

radioaktive Elemente entstünden, die e<strong>in</strong>e lange Lebensdauer<br />

besäßen. Deshalb zerfielen die Abfälle daraus schneller als jene<br />

aus konventionellen Kernkraftwerken.<br />

Die Idee des Wissenschaftsmanagers, <strong>der</strong> 1984 für se<strong>in</strong>e<br />

Entdeckung des W-Teilchens mit dem Nobelpreis ausgezeichnet<br />

wurde, stieß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wissenschaftlergeme<strong>in</strong>de auf erhebliche<br />

Skepsis. Insbeson<strong>der</strong>e e<strong>in</strong>e G<strong>ru</strong>ppe von Forschern am amerikanischen<br />

Los Alamos National Laboratory, die sich bereits<br />

seit sechs Jahren mit dem Studium e<strong>in</strong>es ähnlichen Projekts<br />

befaßt hatten, brachte e<strong>in</strong>e ganze Reihe von E<strong>in</strong>wänden vor.<br />

Zu den wichtigsten gehört die Frage, <strong>in</strong>wieweit <strong>der</strong> Reaktor<br />

eben doch langlebige Elemente produziert, etwa Technetium<br />

99 o<strong>der</strong> Jod 129.<br />

Carlo Rubbia, e<strong>in</strong> Mann, <strong>der</strong> - auch wenn er nicht unumstritten<br />

ist - großes Ansehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> wissenschaftlichen Welt<br />

genießt, betont, daß se<strong>in</strong> »Energieverstärker« ausschließlich<br />

auf bekannten Technologien be<strong>ru</strong>he und deshalb mit e<strong>in</strong>em<br />

vertretbaren Kostenaufwand zu realisieren sei.<br />

Unter E<strong>in</strong>beziehung dieser Berechnungen haben Experten<br />

des Laboratoire d'Economie de l'Energie <strong>in</strong> Grenoble e<strong>in</strong>en<br />

Strompreis für das Projekt errechnet, <strong>der</strong> nur wenig über dem<br />

<strong>der</strong> heutigen französischen Kernkraftwerke liegt. Er ist damit<br />

immer noch günstiger als Strom aus deutschen Kernkraftwerken,<br />

aus Kohle o<strong>der</strong> aus französischem Erdgas. Wie kann e<strong>in</strong><br />

Reaktor, <strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>em Beschleuniger komb<strong>in</strong>iert ist, billiger<br />

produzieren als e<strong>in</strong>er ohne? Derartigen E<strong>in</strong>wänden begegnen<br />

die Grenobler Fachleute mit dem Argument, daß <strong>der</strong> Brennstoff<br />

Thorium billiger sei, da er ke<strong>in</strong>e Isotopenanreiche<strong>ru</strong>ng<br />

benötige, und daß <strong>der</strong> Betrieb des Reaktors billiger ist, da man<br />

die Brennstäbe länger an ihrem Ort belassen könne.<br />

Bleibt noch die beson<strong>der</strong>s heftig umstrittene Frage, welche<br />

radioaktiven Abfälle e<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiger Reaktor erzeugt. Während<br />

e<strong>in</strong>erseits Experten im amerikanischen Brookhaven National Lab<br />

und ihre Kollegen <strong>in</strong> den bereits erwähnten G<strong>ru</strong>ppen davon<br />

sprechen, daß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Anlage sogar Atommüll<br />

»verbrannt« werden kann (<strong>in</strong>dem man ihn durch Neutronen-<br />

Beschuss letztlich <strong>in</strong> stabile Elemente umwandelt), warnen an<strong>der</strong>e<br />

Forscher davor, daß - wie <strong>in</strong> konventionellen Reaktoren - auch<br />

beim »Energieverstärker« langlebige radioaktive Elemente<br />

entstehen. Rubbia glaubt, daß die Lösung dieses Problems e<strong>in</strong>e<br />

Frage <strong>der</strong> Kosten ist. Je besser die Abtrennung <strong>der</strong> Spaltprodukte<br />

und <strong>der</strong> aktivierten Elemente aus den St<strong>ru</strong>kturmaterialien<br />

gel<strong>in</strong>gt, desto ger<strong>in</strong>ger bleiben die strahlenden Überreste. Denn<br />

die gefährlichen Strahler lassen sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat durch<br />

Neutronenbestrahlung unschädlich machen. Dies führt jedoch<br />

an<strong>der</strong>erseits zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>buße bei <strong>der</strong> Energiegew<strong>in</strong>nung, da<br />

diese Neutronen natürlich für die Energieerzeugung nicht mehr<br />

zur Verfügung stehen. So könnte es passieren, daß <strong>der</strong> Reaktor<br />

mehr Energie verbraucht, um se<strong>in</strong>e Abfälle unschädlich zu<br />

machen, als er letztlich erzeugt. Rubbia h<strong>in</strong>gegen glaubt, daß<br />

man die »Verbrennung« <strong>der</strong> radioaktiven Stoffe auf die<br />

langlebigen und biologisch aktiven Elemente wie Cäsium 135<br />

o<strong>der</strong> Jod 129 beschränken sollte. Damit könnte man zum<strong>in</strong>dest<br />

das Problem <strong>der</strong> Endlage<strong>ru</strong>ng großer Mengen radioaktiver<br />

Abfälle umgehen. Doch bis die Experten sich e<strong>in</strong>e endgültige<br />

Me<strong>in</strong>ung über Rubbias Konzept gebildet haben, o<strong>der</strong> bis<br />

Politiker gar entsprechende Gel<strong>der</strong> zum Bau e<strong>in</strong>er solchen Anlage<br />

bereitstellen, werden mit Sicherheit noch etliche Jahre vergehen.

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