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Roethlein B. Das Innerste der Dinge.. Einfuehrung in - tiera.ru

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sozusagen dem Herrgott <strong>in</strong>s Handwerk gepfuscht, <strong>in</strong>dem man<br />

Atome künstlich verän<strong>der</strong>t hatte. Und man hatte an<strong>der</strong>erseits<br />

wie<strong>der</strong> an die kühnen Vorstellungen <strong>der</strong> Alchimisten angeknüpft,<br />

die im Mittelalter geglaubt hatten, aus m<strong>in</strong><strong>der</strong>wertigen<br />

Materialien durch geeignete Manipulationen Gold herstellen<br />

zu können.<br />

Nun, Gold war es nicht gerade, was Rutherford zu bieten<br />

hatte, aber er stellte se<strong>in</strong>en Fachkollegen etwas nicht weniger<br />

Aufsehen erregendes vor: Es war ihm 1919 gelungen, Stickstoff<br />

<strong>in</strong> Sauerstoff zu verwandeln. Radioaktive Stoffe, die Alphastrahlen<br />

aussenden, schleu<strong>der</strong>n diese mit sehr großer<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit <strong>in</strong> den Raum. Trifft e<strong>in</strong> solches Geschoß auf<br />

se<strong>in</strong>em Weg durch die Luft zufällig auf den Kern e<strong>in</strong>es Stickstoffatoms,<br />

dann kann es aus ihm e<strong>in</strong> Proton herausschlagen<br />

und selbst <strong>in</strong> dem Kern stecken bleiben. Aus Stickstoff mit<br />

dem Atomgewicht 14 und <strong>der</strong> Ordnungszahl 7 wird dadurch<br />

e<strong>in</strong> Sauerstoffkern mit dem Atomgewicht 17 und <strong>der</strong> Ordnungszahl<br />

8.<br />

Als sich bei Rutherford während se<strong>in</strong>er Versuche <strong>der</strong> Verdacht<br />

e<strong>in</strong>stellte, daß er aus Stickstoffkernen Sauerstoffkerne<br />

gemacht hatte, setzte er alles daran, jede Möglichkeit e<strong>in</strong>es<br />

Fehlers auszuschließen. Sorgfältig entfernte er alle Spuren von<br />

Sauerstoff aus se<strong>in</strong>em Reaktionsgefäß, das er mit Stickstoff<br />

füllte, bevor er das Gas mit Alphateilchen bestrahlte. Im Lauf<br />

von Jahren verdichteten sich die H<strong>in</strong>weise, daß er tatsächlich<br />

e<strong>in</strong>e Kernumwandlung vollbracht hatte. Bisher war es nur <strong>der</strong><br />

Natur gelungen, Kerne e<strong>in</strong>es Elements <strong>in</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es zu verwandeln,<br />

nun hatte zum ersten Mal auch e<strong>in</strong> Mensch dies fertig<br />

gebracht.<br />

Gleichzeitig zeigte sich bei Rutherfords Experimenten, daß<br />

<strong>der</strong> neu entstandene Sauerstoff und das wegfliegende Proton<br />

zusammen mehr Energie hatten als die »Eltern«. Auch hier,<br />

wie schon beim radioaktiven Zerfall von Atomen, gab es also<br />

e<strong>in</strong>e geheimnisvolle Energiequelle, <strong>der</strong>en Ursp<strong>ru</strong>ng immer<br />

noch nicht bekannt war. Es würden noch mehr Beispiele dafür<br />

gefunden werden.<br />

In se<strong>in</strong>en Vorlesungen vor <strong>der</strong> Royal Society stellte Rutherford<br />

nicht nur dieses erstaunliche Resultat vor, son<strong>der</strong>n er<br />

wagte auch e<strong>in</strong>e Reihe von Vorhersagen, die später <strong>in</strong> wun<strong>der</strong>barer<br />

Weise e<strong>in</strong>trafen. So me<strong>in</strong>te er, es sei wahrsche<strong>in</strong>lich, daß<br />

e<strong>in</strong> Atomkern mit <strong>der</strong> Masse von zwei E<strong>in</strong>heiten und e<strong>in</strong>er Ladung<br />

von e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>heit existieren könne. Er solle sich chemisch<br />

wie Wasserstoff verhalten. Dieses Wasserstoffisotop, das<br />

»schwerer Wasserstoff« o<strong>der</strong> Deuterium genannt wurde, wurde<br />

elf Jahre später von Harold D. Urey, Ferd<strong>in</strong>and G. Brickwede<br />

und George M. Murphy <strong>in</strong> den USA entdeckt. Ebenso sagte<br />

Rutherford die Existenz e<strong>in</strong>es Heliumisotops voraus, das<br />

ebenfalls später gefunden wurde. Am erstaunlichsten war aber<br />

se<strong>in</strong>e Vision von e<strong>in</strong>em »Kern«, <strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e Ladung tragen und<br />

die Massenzahl e<strong>in</strong>s habe sollte. Dies ist, wie wir heute wissen,<br />

nichts an<strong>der</strong>es als das Neutron, das er <strong>in</strong> hellsichtiger Weise<br />

bereits zwölf Jahre vor dessen Entdeckung vorhergesagt hatte.<br />

Nachdem nun Rutherford gezeigt hatte, daß mit Hilfe energiereicher<br />

Alphateilchen Atomkerne <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e umgewandelt<br />

werden konnten, war <strong>der</strong> Weg frei für die Herstellung<br />

künstlich radioaktiver Elemente. Dazu verwandten die Forscher<br />

nun die zum Teil neu entdeckten Strahlungsarten wie<br />

Werkzeuge, mit denen man <strong>in</strong>s Dunkel <strong>der</strong> Materie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>tasten<br />

konnte. <strong>Das</strong> Forscherehepaar Irene und Fre<strong>der</strong>ic Joliot-Curie<br />

(Irene war e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> beiden Töchter von Marie und Pierre Curie)<br />

erhielt 1935 den Chemie-Nobelpreis für ihre Synthese neuer<br />

radioaktiver Elemente. Auch heute noch werden fast alle<br />

radioaktiven Stoffe, die <strong>in</strong> Technik und Mediz<strong>in</strong> angewandt<br />

werden, durch die Bestrahlung mit Teilchen künstlich<br />

hergestellt.<br />

<strong>Das</strong> Periodensystem, das die Elemente nach ihrem Atomgewicht<br />

ordnet, endet - wenn man nur die Substanzen betrachtet,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur vorkommen - mit dem schwersten

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