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ROH- UND INHALTSSTOFFE | Rebsortentag 2023 REBSORTENTAG 2023 Zukunftsorientierte Rebenzüchtung Das Institut für Rebenzüchtung der Hochschule Geisenheim University lädt seit 1978 jährlich Fachpublikum und Weininteressierte zu den Geisenheimer Rebsortentagen ein, um einen Einblick in die neuesten Forschungsarbeiten des Instituts zu geben. Traditionell finden die Rebsortentage immer am ersten Wochenende im September statt. Abb. oben: Die Weinberge des Instituts für Rebenzüchtung der Hochschule Geisenheim University. Fotos: Hochschule Geisenheim D er diesjährige Rebsortentag fand am Sonntag, dem 3. September, bei strahlendem Sonnenschein direkt in den Weinbergen des Instituts für Rebenzüchtung statt. In sechs verschiedenen Themenpavillons, die in den Versuchsweinbergen rund um das Institut aufgestellt waren, konnten sich die Besucher über die zahlreichen Sorten und die aktuellen Züchtungsarbeiten informieren und darüber hinaus die hieraus entstandenen Weine verkosten. Neben den Versuchsweinen wurden, themenbezogen, Weine von privaten Weingütern, die neben traditionelle Sorten, wie beispielsweise Riesling, Spätburgunder oder Chardonnay, auch pilztolerante Rebsorten oder andere historische Rebsorten anbauen, zur Probe angeboten. Im Mittelpunkt stand jedoch die Vorstellung der neuesten Züchtungen von pilztoleranten Rebsorten aus Geisenheim. Das Ziel bei diesen, Rebsorte Pamina durch systematische Kreuzung entstandenen, Sorten ist es, der Praxis neue Rebsorten zur Verfügung zu stellen, die weniger anfällig gegen Pilzkrankheiten der Rebe sind, später reifen und ein höheres Säurepotenzial besitzen. Die späte Reife und das höhere Säurepoten zial sind wichtige Parameter, wenn es um die Anpassung an die Klimaveränderung geht. Alles in Allem ist aber das Wichtigste, dass der Wein schmeckt. Um den Prozess der Züchtung zu beschleunigen und nichts dem Zufall zu überlassen, werden aktuelle Techniken der Untersuchung des Reben-Erbguts mittels neuester Sequenzierungs-Technologien genutzt. Das Institut für Rebenzüchtung hat im Jahre 2021 die beiden weißen pilzwiderstandsfähigen Rebsorten Pamina (Gm 8622-3) und Fidelio (Gm 8107-3) beim Bundessortenamt zur Prüfung angemeldet. Die ersten beiden Ziffern der Zuchtnummern beinhalten das Jahr der Kreuzung. Es lässt sich also erahnen wie lange ein neuer Zuchtstamm vom Züchter und Bundesoberbehörde geprüft wird bis eine neue Rebsorte angebaut werden darf. Die Rebsorte Pamina bringt fruchtige, schmelzige Weine hervor, die an Birne und Karamell erinnern. Sie eignen sich sehr gut als Essensbegleiter, sei es zu Fisch oder Meeresfrüchten, aber auch für bodenständigere Gerichte passt sie gut. 42 | Getränke! 05 | 2023
ROH- UND INHALTSSTOFFE | Rebsortentag 2023 Der Wein von Fidelio hat eine spritzige, muntere, frische, rieslingähnliche Art, die auch für die Secco- oder Sektproduktion sehr gut geeignet ist. Das Aroma erinnert an Quitte und Stachelbeere gepaart mit frisch geschnittenem Gras und ähnelt entfernt der österreichischen Sorte Welschriesling. Aktuell hat das Institut auch rote pilztolerante Rebsorten im Zuchtprogramm, die langjährig ausgewertet und bonitiert werden. In diesem Jahr wird von den vielversprechendsten Kandidaten ein Wein ausgebaut, der im nächsten Jahr sicherlich anlässlich des Rebsortentags verkostet werden kann. Das Institut für Rebenzüchtung der Hochschule Geisenheim hat bereits in den 60iger Jahren mit den Züchtungsarbeiten von pilztoleranten Rebsorten begonnen. Diese Rebsorten aus Geisenheim wie zum Beispiel Rondo, Hibernal oder Saphira werden bereits in Deutschland, aber auch in Frankreich, Tschechien, Dänemark oder England erfolgreich kultiviert. Die Rebsorte Hibernal hat Sauvignon Blanc-Charakter und ist die wichtigste pilztolerante Rebsorte für Tschechien, denn sie ist auch sehr frostfest. Auch kann das Institut für Rebenzüchtung mit der Rebsorte Accent die einzige existierende pilztolerante Deckrotweinsorte weltweit vorweisen. Unterlagenzüchtung Bereits in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts wird sich in Geisenheim auch mit der Unterlagenzüchtung befasst. Bei der Züchtung von neuen Unterlagsreben ist die Hochschule Geisenheim aktuell weltweit eine der wenigen Institutionen, die sich noch mit Unterlagen- Forschung beschäftigt. Auch hier spielt die Anpassung an das sich ändernde Klima eine sehr große Rolle. Reblaus am Laptop Weltkulturerbe Historische Rebsorten Die Trockenheit der letzten Jahre stellt ein großes Problem für den Deutschen Weinbau dar. Deshalb werden dringend Unterlagen benötigt, die eine höhere Trockentoleranz aufweisen. Zudem ist die Reblausresistenz nach wie vor ein wichtiges Zuchtziel, denn der Schädling lebt nach wie vor in europäischen Weinbergsböden und wird die Rebe auch noch auf nicht absehbare Zeit begleiten. Am diesjährigen Rebsortentag konnten die Besucher lebendige Rebläuse unter dem Mikroskop bestaunen und sogar bei der Eiablage in die Blattgalle beobachten. Das Institut für Rebenzüchtung hat auch im Unterlagensektor zwei neue Sorten angemeldet, Vinto und Libero. Sie werden ebenfalls vom Bundessortenamt geprüft bevor sie dem kommerziellen Weinbau zur Verfügung stehen. Traditionelle Rebsorten Das Institut für Rebenzüchtung beschäftigt sich aber nicht nur mit Züchtung von neuen Rebsorten, sondern sie kümmert sich auch um die Erhaltung von alten, traditionellen Rebsorten wie zum Beispiel Weißer Riesling, Blauer Spätburgunder, Grauburgunder, Chardonnay oder dem Müller-Thurgau. Den Winzerinnen und Winzern wird PIWI Stand am Rebsortentag damit qualitativ hochwertiges, gesundes und leistungsfähiges Material zur Pflanzung zur Verfügung gestellt. In unserem eigenen Virustestlabor werden die Reben ständig auf Krankheiten untersucht; denn auch Reben können an Viren erkranken, die teilweise dazu führen, dass der Ertrag sehr stark reduziert wird, oder die Rebe sogar abstirbt. Weiterhin wichtig im Hinblick auf feuchte und heiße Witterungsverhältnisse ist eine lockere Traubenstruktur, so dass keine Fäulnis (Botrytis) durch ein Abdrücken oder Aufplatzen der Beeren in der Traube entsteht. Solche lockerbeerigen Typen selektionierte das Institut beim Blauen Spätburgunder, beim Weißburgunder und dem Ruländer, so dass den Winzern in der Praxis diese weniger fäulnisanfälligen Typen zur Verfügung stehen. Auch Kuriositäten anderer traditioneller Rebsorten sind im Institut für Rebenzüchtung zu finden. So gibt es eine rosafarbene Spielart des Chardonnays, die hervorragend als Schaumwein schmeckt, oder eine rote Variante des Rieslings. Die Farbe der Beerenhaut des Roten Riesling ähnelt der des Grauburgunders – beide Sorten werden als Weißwein gekeltert und geführt. Fotos: Hochschule Geisenheim Weiter auf der nächsten Seite. Getränke! 05 | 2023 | 43
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