Kurzeitung_12-2023
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Medizin und Gesundheit<br />
kann hier nur teilweise Entlastung bringen.<br />
Auch Rehabilitationseinrichtungen<br />
wie in Bad Füssing und in vielen weiteren<br />
Kur und Rehaorten stemmen sich<br />
mit großem Einsatz gegen die demografische<br />
Entwicklung. Durch RehaMaßnahmen,<br />
die die Arbeitsfähigkeit von<br />
Beschäftigten stärken oder wiederherstellen,<br />
kehren bundesweit jedes Jahr<br />
etwa 150.000 Menschen ins Erwerbsleben<br />
zurück. Dennoch wird Jahr für Jahr<br />
die demografische Lücke größer. Hiervon<br />
sind die Bereiche der Gesundheits,<br />
Kranken und Altenpflege besonders<br />
betroffen. Deshalb muss das geplante<br />
Reformvorhaben nachhaltigen Erfolg<br />
bringen.<br />
Ich bin mir sicher, dass nicht nur im<br />
neuen Jahr, sondern auch in den darauffolgenden<br />
Jahren die Umsetzung der<br />
Klinikreform einer der zentralen Punkte<br />
der gesundheitspolitischen Agenda sein<br />
wird.<br />
der vergangenen fünf Jahre fast verdoppelt.<br />
Lagen die GKVBruttoausgaben für<br />
patentgeschützte Arzneimittel im Jahr<br />
2018 noch bei 14,6 Milliarden Euro, so<br />
waren es vergangenes Jahr rund 28 Milliarden<br />
Euro. Das entspricht inzwischen<br />
knapp der Hälfte der Arzneimittelausgaben<br />
insgesamt, obwohl die neuen Medikamente<br />
nur sechs Prozent des Gesamtverbrauchs<br />
ausmachen.<br />
Marktstrategien zu Scheininnovationen<br />
sollte die Politik unterbinden<br />
Dabei ist klar: Die Industrie soll natürlich<br />
mit der Entwicklung von neuen Arzneimitteln<br />
Geld verdienen. Doch die Preise<br />
sollten fair sein. Einige Pharmafirmen<br />
ziehen mit patentgeschützten Arzneimitteln<br />
Geld beziehungsweise Gewinne<br />
angewandte Qualitätsförderung und<br />
Forschung im Gesundheitswesen GmbH<br />
im Mai dieses Jahres veröffentlicht hat<br />
(www.tk.de/presse/2149684).<br />
Dort werden Marktstrategien beschrieben<br />
wie das sogenannte Evergreening,<br />
bei dem durch geringfügige Änderungen<br />
die Patentdauer eines Arzneimittels verlängert<br />
wird. Ebenfalls hohe Preissteigerungen<br />
erzielt die Pharmaindustrie,<br />
wenn ein Medikament, das für die Behandlung<br />
einer Krankheit zugelassen ist,<br />
vom Markt genommen wird, um es dann<br />
für eine andere Indikation mit einem<br />
Vielfachen des ursprünglichen Preises<br />
wieder auf den Markt zu bringen. Diese<br />
und weitere Strategien sind zweifelsfrei<br />
legal, sollten aber in einem solidarisch<br />
finanzierten System nicht möglich sein.<br />
Es fehlt sonst künftig das Geld für tatsächliche<br />
Innovationen, die die Versorgung<br />
der betroffenen Menschen nachhaltig<br />
verbessern könnten.<br />
Ausgaben für patentgeschützte Arzneimittel<br />
innerhalb von fünf Jahren<br />
verdoppelt<br />
Ebenfalls im Fokus der gesundheitspolitischen<br />
Debatten werden in den folgenden<br />
Jahren die steigenden Preise für<br />
neue Arzneimittel sein. Diese sind inzwischen<br />
ein ernstes Problem für unser Gesundheitssystem.<br />
Immer mehr hochpreisige Arzneimittel<br />
wie teure Gentherapien, die pro Dosis<br />
Millionen Euro kosten, drängen auf den<br />
Markt. Natürlich sollen Patientinnen und<br />
Patienten die Therapien bekommen, die<br />
sie benötigen. Doch der Zugang wäre für<br />
alle betroffenen gesetzlich Versicherten<br />
bei der aktuellen Preisentwicklung<br />
nicht mehr finanzierbar. Der breite Einsatz<br />
dieser Mittel, ohne dass sich an der<br />
Preisbildung etwas ändert, würde unser<br />
Gesundheitssystem überfordern.<br />
So haben sich beispielsweise die Ausgaben<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) für neue und damit patentgeschützte<br />
Arzneimittel innerhalb<br />
aus unserem Gesundheitssystem, die<br />
gesellschaftlich nicht mehr akzeptabel<br />
sind. Generell gilt, dass die Hersteller<br />
dieser neuen Arzneimittel zunächst<br />
die Preise frei festsetzen können. Die<br />
Grundlagen für die hohen Preise sind<br />
jedoch völlig intransparent. Realkosten,<br />
wie Ausgaben für Herstellung, Vertrieb<br />
und Forschung für diese Arzneimittel<br />
spielen bei der Preisfindung keine Rolle.<br />
Viel Geld muss die Solidargemeinschaft<br />
der gesetzlich Versicherten deshalb<br />
auch für angebliche Arzneimittelinnovationen<br />
zahlen, die bei genauer Betrachtung<br />
Scheininnovationen sind. Dies zeigt<br />
der Report „ArzneimittelFokus – Pillen,<br />
Preise und Patente“, den die TK<br />
gemeinsam mit dem aQua Institut für<br />
Von überschätztem Drohpotenzial nicht<br />
ins Bockshorn jagen lassen<br />
Begleitet wird die Einführung neuer Arzneimittel<br />
oft mit Drohkulissen in Richtung<br />
Politik. Sollten die hohen Preise der<br />
neuen Medikamente nicht möglich sein,<br />
würden diese dem deutschen Markt<br />
nicht zur Verfügung stehen und der Forschungsstandort<br />
Deutschland werde geschwächt.<br />
Dieses aus meiner Sicht überschätzte<br />
Drohpotenzial, verleitet viele<br />
Politikerinnen und Politiker dazu, nicht<br />
aktiv mit Argumenten dagegenzuhalten.<br />
Deutschland hat bereits im weltweiten<br />
Vergleich überdurchschnittlich hohe<br />
Arzneimittelpreise. Der Markt ist attraktiv,<br />
weil die neuen Medikamente über<br />
die gesetzliche Krankenversicherung<br />
ab Markteintritt sofort bezahlt werden.<br />
Wohl kaum ein Pharmazieunternehmen<br />
wird auf diesen attraktiven Markt verzichten<br />
wollen.<br />
Das Problem bei den sehr hohen Einführungspreisen<br />
ist, dass sie die Ausgangssituation<br />
für die anschließenden<br />
Dezember <strong>2023</strong> / Januar 2024<br />
KURZeitung<br />
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