Diskurs 1/2024
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Gesundheit<br />
Lungentag So prägend die Corona-Pandemie<br />
war – es scheint, als hätte sie sich nunmehr<br />
aus dem kollektiven Bewusstsein weitgehend<br />
verabschiedet. Doch es gibt Menschen, die<br />
auch Wochen oder Monate nach einer Infektion<br />
noch mit Spätfolgen zu kämpfen haben.<br />
Beim Siegener Lungentag referierten (von rechts) Dr. Rainer Grübener<br />
(Diakonie Klinikum Bethesda Freudenberg), die niedergelassene Lungenärztin<br />
Sabrina Schmidt sowie Dr. Jörg Hinrichs (Klinikum Siegen).<br />
Genesen, aber<br />
nicht gesund<br />
Über das Post-Covid-Syndrom<br />
wird nach wie vor eifrig geforscht<br />
– einen Sachstand<br />
lieferte der Siegener Lungentag.<br />
Im Haus der Siegerländer Wirtschaft<br />
informierten Experten vor rund<br />
80 Zuhörern zudem über Diagnose- und<br />
Therapiemöglichkeiten bei Asthma,<br />
COPD oder Lungengerüsterkrankungen.<br />
Genesen, aber nicht gesund: Schätzungen<br />
zufolge leiden bis zu 15 Prozent<br />
der an Covid-19 Erkrankten auch lange<br />
nach einer abgeklungenen Infektion<br />
noch an körperlichen oder psychischen<br />
Beeinträchtigungen – quer durch alle<br />
Altersgruppen und unabhängig davon,<br />
ob sich bei ihnen ein schwerer oder milder<br />
Verlauf gezeigt hatte. „Warum manche<br />
Menschen von Post-Covid betroffen<br />
sind, andere nicht, ist bis heute nicht<br />
eindeutig geklärt“, erläuterte Dr. Rainer<br />
Grübener, Chefarzt der Inneren Medizin<br />
und Lungen- und Bronchialheilkunde<br />
am Diakonie Klinikum Bethesda in<br />
Freudenberg. Fakt ist jedoch: Die Patienten<br />
klagen längst nicht nur über<br />
Lungensymptome wie Atemnot oder<br />
Kurzatmigkeit, sondern vielfach auch<br />
über chronische Ermüdung, verminderte<br />
Leistungsfähigkeit, Husten sowie<br />
Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen.<br />
Bei manchen ist der Geruchs- und Geschmackssinn<br />
beeinträchtigt. Auch ein<br />
gestörter Schlaf oder depressive Verstimmungen<br />
sind häufige Symptome.<br />
Weil es sich um eine Krankheit mit noch<br />
vielen Fragezeichen und individuell<br />
sehr unterschiedlichen Verläufen handelt,<br />
könne eine Therapie bis dato allein<br />
auf die Symptombekämpfung abzielen,<br />
so Dr. Grübener. Der erste Gang führt<br />
in der Regel zum Hausarzt. Zeigen sich<br />
indes schwerwiegende Komplikationen,<br />
etwa am Herz-Kreislauf-System, sind<br />
tiefergehende Untersuchungen geboten.<br />
Allerdings stößt die bewährte Diagnostik<br />
bisweilen an Grenzen, schilderte der<br />
Experte. Mit seinem Team hatte Dr. Grübener<br />
bei rund 70 Betroffenen Lungenfunktionstests<br />
durchgeführt, darunter<br />
auch bei jungen Leuten, „die aufgrund<br />
von Atemnot kaum mehr eine Treppe<br />
hochkamen“. Doch nur bei einem einzigen<br />
Patienten zeigte sich eine gestörte<br />
Lungenfunktion. „Bei den anderen war<br />
strukturell nichts erkennbar – und dennoch<br />
waren diese Patienten natürlich<br />
keineswegs gesund.“ Der Internist plädiert<br />
daher für eine interdisziplinäre<br />
Betrachtung: Ebenso wie Herz- und<br />
Lungenbeschwerden seien Schmerzsymptome,<br />
neurologische und psychische<br />
Aspekte oder auch Schlafstörungen<br />
ernst zu nehmen. Bei dem Ziel, dass<br />
die Betroffenen bald wieder gewohnte<br />
Alltagsaktivitäten aufnehmen können,<br />
sei jedoch Geduld gefragt: „Zu viel wollen<br />
bringt keinen Vorteil.“ Abschließend<br />
riet Dr. Grübener dringend dazu, den eigenen<br />
Impfschutz aktuell zu halten.<br />
Sabrina Schmidt, niedergelassene Pneumologin<br />
in Siegen, hatte zuvor über Asthma<br />
und COPD referiert. Ferner informierte<br />
Dr. Jörg Hinrichs, Chef arzt am<br />
Klinikum Siegen, über Lungengerüsterkrankungen.<br />
Diese entstehen durch Vernarbungen<br />
des Lungengewebes infolge<br />
einer Entzündungsreaktion in den Lungenbläschen.<br />
Die Patienten leiden unter<br />
Sauerstoffmangel und Luftnot. Neben<br />
der Sarkoidose und der exogen-allergischen<br />
Alveolitis (z.B. Farmerlunge,<br />
Vogelhalterlunge) gilt die idiopathische<br />
Lungenfibrose (IPF) als häufigste Form.<br />
Allen Erkrankungen gemein ist, dass sie<br />
sich zumeist schleichend entwickeln<br />
und häufig (zu) spät erkannt werden.<br />
Die Diagnosestellung ist oft schwierig,<br />
zugleich aber Grundvoraussetzung für<br />
eine erfolgreiche Therapie. Daniel Weber<br />
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