2014-01
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Gesellschaft<br />
GROßELTERN …<br />
Biografiearbeit einmal anders<br />
Biografiearbeit ist heute eine gängige Arbeitsmethode<br />
in der Erwachsenenbildung. Es geht darum, die<br />
eigene Geschichte besser verstehen zu lernen: Was<br />
sind meine Wurzeln? Welche Menschen und Umstände haben<br />
mein Leben so geprägt? Welche Werte sind mir wichtig?<br />
Und vieles mehr.<br />
Einen etwas anderen Weg, sich mit der eigenen Biografie<br />
auseinanderzusetzen, bot vor kurzem Barbara Kerkhoff vom<br />
Verein ALTERAktiv in einem Kurs an. Das Ziel war, nach<br />
einer begrenzten Zeit, im wahrsten Sinne des Wortes ein Ergebnis<br />
in Händen zu halten. Dazu gab es konkrete Schritte und<br />
Aufgabenstellungen, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass es<br />
bei diesem Thema unendlich viel zu erzählen gibt, wovon<br />
aber eher wenig oder meistens nichts festgehalten wird.<br />
Es waren sechs Frauen und ein Mann, allesamt bereits<br />
selbst Großeltern, die von dem Angebot Gebrauch gemacht<br />
und sich auf das Projekt eingelassen haben. Eine kleine<br />
Gruppe, aber für den oft sehr intensiven persönlichen Austausch<br />
untereinander eher förderlich, wie mir von allen<br />
Beteiligten bestätigt wurde.<br />
Zum Einstieg in das Thema konnten sich die TeilnehmerInnen<br />
aus einem Angebot von Darstellungen in der<br />
Kunst, die Großeltern mit ihren Enkelkindern zeigten, ein<br />
Bild aussuchen, das sie besonders ansprach. Hier die ausgewählten<br />
Bilder:<br />
" Eine Studie von Rembrandt: Zwei alte, gebückte<br />
Menschen führen zwischen sich ein kleines Kind bei<br />
seinen Gehversuchen.<br />
" Ein Holzschnitt von Rudolf Nehmer: Großvater mit<br />
Enkel und Taube am Fenster, Besuch erwartend.<br />
" Ein Holzschnitt vom selben Künstler: Im Hintergrund<br />
sitzt ein Großelternpaar gemeinsam die Bibel lesend<br />
auf einer Gartenbank, im Vordergrund steht ganz<br />
selbstvergessen die Enkelin mit einem Schmetterling<br />
auf der Hand.<br />
" Ein Gemälde von Pierre Bonnard: Am Tisch sitzende<br />
Großmutter, die ihren kleinen Enkel füttert.<br />
" Ein Aquarell von Ursula Roth: Eine strahlende<br />
afrikanische Großmutter mit ihrem Enkel auf<br />
dem Schoß.<br />
" Zwei Illustrationen von Gustav Süs aus einem<br />
Kinderbuch von Franz Wiedemann aus dem<br />
19. Jahrhundert: Großvater im Lehnstuhl hört, eine<br />
bodenlange Pfeife rauchend, dem eifrig erzählenden<br />
Enkel zu. Auf dem zweiten Bild eine Großmutter,<br />
die schützend hinter der kleinen Enkelin über den<br />
Hühnerhof geht.<br />
" Eine Buchillustration von Jessie Willox Smith:<br />
Heidi und ihr Almöhi vor ihrer Berghütte.<br />
Über die eigene Bilderwahl wurde dann in der<br />
Gruppe miteinander geredet, sicher ein lebhafterAustausch.<br />
Die Aufgabe war, den eigenen Bezug zu dem<br />
gewählten Bild in einem Kommentar festzuhalten.<br />
Hier zwei Beispiele von Teilnehmerinnen:<br />
Zur Zeichnung von Rembrandt:<br />
Dieses Bild mit<br />
wenigen Strichen –<br />
so ausdrucksstark.<br />
Zwei gebeugte Gestalten<br />
– es könnten<br />
die Großeltern sein –<br />
halten zwischen sich<br />
ein kleines Kind. Es<br />
steht aufrecht, den<br />
Blick nach vorn gewandt.<br />
Es schaut in<br />
Richtung der ausgestreckten<br />
Hand des Großvaters. Es will seine ersten<br />
Schritte machen, getrost an den fest packenden Händen<br />
der Alten. Beide schauen wohlwollend zu dem<br />
Enkel hinunter. Man hat fast den Eindruck, als sähe<br />
man die trippelnden Füßchen des Kindes. Obwohl<br />
klein, wirkt es doch stark.<br />
Eine Szene auf dem<br />
Gemüsemarkt in Lagos<br />
Zum Aquarell von<br />
Ursula Roth*:<br />
Das Beobachten<br />
dieses Bildes von Ursula<br />
Roth löst bei mir ein<br />
entspanntes Lächeln<br />
aus. Dieses vollkommene<br />
Glück, ein munteres<br />
Lebewesen auf dem<br />
Schoß zu spüren, befreit<br />
von Sorgen und Belastungen.<br />
Nur der Augenblick<br />
zählt. Das kleine<br />
Wichtchen genießt die<br />
Nähe der Großmutter ebenso. Munter beobachtet es<br />
das Markttreiben. Glückseligkeit pur.<br />
In einem zweiten Schritt wurden die TeilnehmerInnen<br />
dann gebeten, von sich selbst ein „Situationsporträt“<br />
anzufertigen. Sie sollten Ihre Charaktereigenschaften,<br />
so wie sie selbst sich heute sehen,<br />
in einer Grafik darstellen. Schön, wie selbstbewusst<br />
diese lebenserfahrenen Großeltern ihre eigenen Stärken<br />
erkannt und benannt haben, insgesamt ein starkes<br />
20 durchblick 1/<strong>2<strong>01</strong>4</strong>