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2014-01

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STICKEN UM IHR LEBEN<br />

Birkenhof fördert Selbshilfeprojekt Siegener Studenten<br />

Hilfe zur Selbsthilfe. „SSL-Projekt“ freut sich auch<br />

über Spenden. 1 Euro sichert für 1 Tag das Leben eines<br />

Menschen. Geldzuwendungen gelangen in voller Höhe an<br />

bedürftige afghanische Familien.<br />

Foto: Zohra Soori-Nurzad<br />

Es ist schon ansteckend, der Optimismus, die Zuversicht<br />

und die Fröhlichkeit, mit der Zohra Soori-<br />

Nurzad an ihrem Verkaufsstand im Birkenhof den<br />

Besucherinnen und Besuchern begegnet. Dabei hätte sie<br />

allen Grund, verzweifelt zu sein.<br />

Wenn wir im durchblick von Flucht und Vertreibung<br />

berichten, handelt es sich zumeist um jetzt ältere Menschen,<br />

um Vertreibung als Folge des verlorenen Krieges,<br />

um Zeiten, die bald 70 Jahre zurückliegen.<br />

Zohra Soori-Nurzad hat das vor 18 Jahren, als 10-Jährige,<br />

erfahren müssen. Damals flüchtete sie mit Vater und<br />

Bruder aus den Kriegswirren in Afghanistan nach Rudersdorf.<br />

Zurück blieben Mutter, Geschwister, Opas, Omas,<br />

Tanten und Onkel, Neffen und Nichten.<br />

Zohra war traumatisiert, sie wollte zunächst ihre Heimat<br />

nur vergessen. Zu groß war der Schmerz über den Verlust der<br />

Familie, über die Demütigungen, die Unterdrückungen, denen<br />

sie schon als kleines Mädchen ausgesetzt war. In Wilnsdorf<br />

ging sie mit großer Freude zur Schule, machte Abitur und studiert<br />

Kunst und Sozialwissenschaften an der Uni Siegen.<br />

Es dauerte 15 Jahre, bis sie sich erstmals wieder „nach<br />

Hause“ wagte. Dieses „zu Hause“, immer noch ein Land, in<br />

dem Frauen unterdrückt werden, Familien in Behausungen<br />

leben müssen, aus denen sie sich aus Angst vor den Taliban<br />

kaum heraustrauen.<br />

Die Erfahrungen dieses Besuchs ließen in ihr den Wunsch<br />

reifen, etwas tun zu wollen. Sie wollte den Menschen in ihrer<br />

alten Heimat etwas zurückgeben, etwas von dem Glück das ihr<br />

hier zuteil wurde. Ein Gedanke verfestigte sich! Mit Hilfe von<br />

zwei Kommilitonen entstand das Projekt Sticken für Schule und<br />

Leben (ssl). Eine Studenteninitiative bildete sich und es entstanden<br />

brauchbare Organisationsstrukturen. Helfen wollten die<br />

jungen Studenten Frauen und Waisenkindern aus besonders bedürftigen<br />

Regionen,<br />

dort, wo Hilfe kaum<br />

möglich schien.<br />

Mit Unterstützung<br />

der westlichen<br />

Truppen rechnet<br />

kaum noch jemand<br />

in dem zerschundenen<br />

Land. Und<br />

nach Abzug der<br />

Soldaten wird die<br />

Lage gewiss nicht<br />

besser, fürchtet<br />

Frau Soori-Nurzad.<br />

Im Internet schreibt<br />

sie dazu:<br />

Afghanistan hat<br />

mehr als 30 Jahre<br />

Bürgerkrieg erleiden<br />

müssen. Die Bevölkerung<br />

ist hochtraumatisiert.<br />

Die Menschen<br />

lebeningroßerArmut<br />

und müssen hungern.<br />

Das gilt besonders<br />

für Frauen und Waisenkinder,<br />

die oft nur<br />

durch Betteln überleben<br />

können.<br />

Foto: Gottfried Klör<br />

Durch den Kauf ihrer Handarbeiten<br />

wird afghanischen Familien direkt<br />

und unbürokratisch geholfen. Angeboten<br />

werden die Produkte: Birkenhof<br />

Wilgersdorf; denns Biomarkt;<br />

Galerie ANALOG in der Siegener<br />

Alte Poststraße<br />

Afghanistan, ist ein Land mit wunderschönen Bergen und<br />

Tälern, wurde aber vom jahrelangen Krieg zerstört. Es hat eine<br />

völlig unterentwickelte Infrastruktur, wird durch Korruption<br />

ausgebeutet und ist durch mangelhafte Entwicklungspolitik gezeichnet.<br />

Ohne fremde Hilfe ist es nicht in der Lage, alleinstehende<br />

Frauen und Kinder zu ernähren oder ihnen Schulbildung<br />

und Gesundheitsfürsorge zu gewährleisten. Infolge mangelnder<br />

Frauenrechte, hoher Analphabetenrate und anderer Benachteiligungen<br />

befinden sich Frauen in Afghanistan in besonders<br />

prekären Lebenssituationen. Aus Hoffnungslosigkeit, bedingt<br />

durch große Armut, werden junge Mädchen oftmals gegen<br />

ihren Willen verheiratet, wodurch sich ihre Lage meist weiter<br />

verschlechtert, weil sie wie Arbeitssklaven ausgebeutet werden.<br />

Dennoch – oder: gerade deswegen – will diese Initiative afghanischen<br />

Frauen eine Perspektive geben, selbständig ihr Leben führen<br />

zu können, indem ihre wunderschönen Handarbeiten hier verkauft<br />

werden, und dadurch ihr Lebensunterhalt gesichert werden<br />

kann. Und sie will mehr, nämlich auch den Kindern dieser Frauen<br />

eine Schulbildung mit aufgeklärtem Unterricht ermöglichen.<br />

Derzeit bietet „SSL-Projekt“ sieben Familien eine<br />

Perspektive. Bis Ende des Jahres sollen es 20 Familien<br />

sein. Frau Soori-Nurzad und ihre Kommilitonen<br />

Tim Kronow (23), Johst Schuhmacher (22) und<br />

Zohal Soori (25) wünschen sich große Unterstützung<br />

aus der Region.Weitere Informationen, auch über Spendenmöglichkeit<br />

erhalten Sie unter % <strong>01</strong>52-51499725<br />

und im Netz unter: www.ssl-project.org Eugen Werner<br />

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