2014-01
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Gesellschaft<br />
Teilnehmerinnen im Gespräch<br />
Im letzten Teil der Biografied Arbeit wurde die eigene<br />
Rolle als Großeltern heute thematisiert. Das Ergebnis war<br />
ein Brief an die eigenen Enkel mit den Wünschen und Gedanken,<br />
die die TeilnehmerInnen ihnen als ihre Großeltern<br />
mit auf den Weg geben wollten. Sehr bewegend. Auch hier<br />
Auszüge aus zwei Briefen:<br />
Was wir euch, liebe Enkel, mit auf den Weg geben<br />
möchten: Geht achtsam und liebevoll mit euch<br />
selbst um. Werdet stark und selbstbewusst, habt<br />
aber auch immer ein offenes Ohr für andere Menschen.<br />
Freut euch mit und an den Menschen und<br />
ihrer Welt. Nehmt andere wie sie sind, denn sie sind<br />
wie ihr, einzigartig. Verliert im Leben nie den Humor,<br />
auch über euch selbst nicht. Es macht vieles<br />
leichter.<br />
Liebe Grüße von Oma und Opa<br />
… Für Deine nähere und weitere Zukunft wünschen<br />
wir Dir, dass Du wirkliche Freunde finden wirst, die<br />
nicht nur in schönen, sondern auch in schwierigen<br />
Zeiten zu Dir stehen, dass Du erkennst, was wirklich<br />
wichtig ist, und dass Du Deinen Weg gehst, den Du<br />
für Dich als richtig erkannt hast. Bewahre Dir Dein<br />
Interesse an der Natur, an Büchern, an allen Dingen,<br />
die Deine Aufmerksamkeit erregen.<br />
Das alles wünschen Dir Oma und Opa“<br />
So wurde ein großer Bogen gespannt über fünf Generationen<br />
hinweg, in denen sich viele Werte gewandelt haben.<br />
Die eigene Biografie zu betrachten aus der Sicht und<br />
Erinnerung als Enkelkind einerseits, und andererseits als<br />
Foto: JAnne Alhäuser<br />
Großmutter oder Großvater heute,<br />
wirft ein ganz spezielles Licht auf<br />
die eigene Biografie.<br />
Als wahrhaft „handgreifliches“<br />
Ergebnis ist am Ende dieser besonderen<br />
Biografied Arbeit eine wunderschön<br />
gestaltete Broschüre mit den<br />
Beiträgen der einzelnen TeilnehmerInnen<br />
entstanden, die ihnen zum<br />
Abschluss überreicht wurde. Beim<br />
Vorlesen einzelner Berichte daraus<br />
war man dann schnell wieder im<br />
Gespräch über die gemeinsame erlebte<br />
Zeit. „Der intensive Austausch<br />
war wichtig und außergewöhnlich<br />
bereichernd für mich“, betont eine<br />
der Teilnehmerinnen. Eine weitere<br />
fügt an: „Einiges was besprochen<br />
wurde, hat mich tief bewegt und<br />
über anderes haben wir herzhaft lachen<br />
können“. Alle haben die Arbeit<br />
als großen Gewinn bezeichnet, und<br />
manch eine hat sich vorgenommen,<br />
ihren Beitrag noch um andere Bereiche zu ergänzen und weiterzuführen,<br />
für ihre eigenen Kinder und Enkelkinder „…damit<br />
sie überhaupt wissen, wer ich bin und wie alles so war.“ Für<br />
die Initiatorinnen ein schöner Erfolg und Anreiz, das Angebot<br />
zu wiederholen.<br />
Anne Alhäuser<br />
* Ursula Roth, freischaffende Künstlerin aus Regensburg,<br />
Homepage: http://www.studio-orsa-rossa.de<br />
DÉJA-VU IM CAFÉ<br />
Sie kommt herein, grüßt die Anwesenden wie alte<br />
Freunde, einige sehen plötzlich genervt aus und<br />
verlassen dann bald das Café.<br />
Ich saß schon einmal mittwochs hier, vor Wochen,<br />
und jetzt dämmert es mir, dass sie wahrscheinlich jeden<br />
Tag herkommt und auf ihren Mann wartet, der sie abholen<br />
soll, aber er sieht immer fern und sie muss die ganze<br />
Arbeit machen. Das sagt sie so in den Raum hinein.<br />
Sie fragt mich auch heute, ob ich von hier sei, ich<br />
sage nein, und sie dann, das habe sie nicht gewusst.<br />
Und immer dieser Regen, aber hier sei es schön und<br />
der Kuchen so gut. Obwohl ich eigentlich ein Buch<br />
lese, spricht sie weiter mit mir.<br />
Sie lacht, wenn andere irgendwo lachen. Ihre ganze<br />
Einsamkeit schillert durch dieses verzweifelte Lachen<br />
und ich empfinde eine unendliche Zärtlichkeit für sie.<br />
Sie schaut auf die Uhr und ich frage mich, ob es für ihr<br />
Leben etwas bedeutet, dass Mittwoch ist und halb vier.<br />
Ich habe ein Déja-vu. Und sie vermutlich auch.<br />
Lisa Neumann<br />
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