2014-01
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Reisen<br />
DER KOFFERKULT<br />
Reisetrophäen in den 50er Jahren<br />
Wenn einer eine Reise tut,<br />
dann kann er … etwas<br />
mitbringen: Souvenirs<br />
für sich selbst, Mitbringsel für die<br />
Lieben zu Hause. An den künstlerischen<br />
oder kitschigen Reiseandenken<br />
lässt sich erkennen, wes<br />
Geistes Kind du bist, aber auch,<br />
was du dir leisten kannst.<br />
So war das schon, als die erste Reisewelle<br />
der Bundesrepublik wogte,<br />
dank des unverhofften wirtschaftlichen<br />
Aufschwungs vor etwa 60 Jahren.<br />
Da gab es kleine, zur Anhaftung<br />
bestimmte Etiketten, die beim Hotelportier<br />
kostenlos zu bekommen und für<br />
das Gepäck gedacht waren und sowohl<br />
den Vielgereisten als auch den Edeltouristen<br />
verrieten, verraten sollten,<br />
jedoch nicht den Zeltbewohner.<br />
Es ist die Rede von Kofferaufklebern:<br />
runde, ovale, eckige und schön<br />
bunte, die ausschließlich in Hotels zu<br />
haben waren; vorzugsweise in den selbst bewohnten. Heute<br />
sehen Sie die Abzeichen manchmal, wenn das Fernsehen<br />
alte Filme zeigt und Rudolf Prack, Dieter Borsche, Hans<br />
Söhnker oder O.W. Fischer darin ihre Koffer packen.<br />
Man reiste damals mit dem Zug, mit dem VW Käfer oder<br />
bequemer mit dem Mercedes, noch nicht mit dem „Flieger“.<br />
Nordseeinseln waren gefragt, das bayerische Voralpenland<br />
und der Sprung in das Ausland: Österreich, die Schweiz und<br />
am liebsten Italien. Spanien kam später dran.<br />
Warum waren jene Gepäckaufkleber so beliebt? Für<br />
Kinder waren es reine Sammelobjekte. Sie sammelten<br />
einfach alles: von Briefmarken über Sanellabilder, Fußballerfotos<br />
bis hin zu Bierdeckeln und -gläsern – letztere<br />
nicht ganz legal. Bei dem erwachsenen Touristen<br />
oder Geschäftsreisenden stand – neben der freiwilligen<br />
Reklame für das Hotel und den Ferienort – das Prestige<br />
im Vordergrund, konnte man doch zeigen und beweisen,<br />
dass man nicht nur in Ruhpolding, sondern auch in Innsbruck,<br />
St. Moritz oder San Remo<br />
gewesen war.<br />
Bisweilen gelang das Aufkleben<br />
der Schildchen nicht ohne Weiteres;<br />
am besten waren glatte Lederkoffer<br />
geeignet, genarbte oder geriffelte Flächen<br />
warfen Haltbarkeitsprobleme<br />
auf, und die immer häufiger auf den<br />
Markt drängenden Lederimitate und<br />
Textilkoffer machten ein Aufkleben<br />
schwieriger und trugen zum allmählichen<br />
Verschwinden des hoteleigenen<br />
Angebots bei. Hartschalenkoffer<br />
von heute wären wieder leichter zu<br />
bekleben, aber<br />
die nette Sammel-,<br />
Werbe- und<br />
Renommieridee<br />
aus der Nachkriegszeit<br />
gibt es<br />
nicht mehr. Eigentlich<br />
schade!<br />
Horst Feger<br />
3 Bilder aus Archiv Feger<br />
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