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2014-01

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Unterhaltung<br />

UNTERHOSE IST NICHT UNTERHOSE<br />

Nie hätte<br />

ich gedacht,<br />

dass mich diese<br />

Zeit noch einmal<br />

so beschäftigen<br />

würde, denn es<br />

sind nun schon<br />

fast zehn Jahre<br />

vergangen seit<br />

meinem Berufs<br />

ende. Aber weitgefehlt,<br />

denn<br />

eines Abends erreichte<br />

mich ein etwas merkwürdiger Anruf von einem<br />

inzwischen 87-jährigen ehemaligen Kunden. Ich war überrascht,<br />

aber sofort im Bilde! Dieser treue Kunde hatte sogar<br />

meine Telefonnummer in alten Telefonbüchern gesucht, da<br />

ich heute dort nicht mehr verzeichnet bin. Man muss sich<br />

allein diese Mühe mal vorstellen, um mir seine wichtige<br />

Frage zu stellen: „Wo bekomme ich nur heute meine passenden<br />

Unterhosen?“<br />

Es bahnte sich ein gewohntes Verkaufsgespräch an, wir<br />

fachsimpelten und redeten über alte Zeiten. Ich wusste natürlich<br />

Rat und erklärte ihm, wo er heute seine Unterhosen<br />

bekommt, denn es muss ja die richtige Qualität und<br />

eine spezielle Firma sein, die noch verstärkt in einem Weidenauer<br />

Herren-Mode-Studio geführt wird. Nach längerem<br />

Schwätzchen und meinen Erklärungen, wie er den Laden<br />

findet, verabschiedete er sich glücklich und zufrieden. Er<br />

war ganz happy! Ja, so wichtig kann eben die passende<br />

Unterhose sein! Also bin ich doch manchem Kunden, Dank<br />

guter Beratung, in angenehmer Erinnerung geblieben. Das<br />

hat mich gefreut!<br />

Noch am selben Abend liefen meine zahlreich erlebten<br />

Anekdoten wie ein Film vor mir ab. Ich dachte an<br />

meine treuen guten Kunden und wie es ihnen inzwischen<br />

wohl gehen mag. Nachdem ich noch lange über meine<br />

Erlebnisse schmunzelte, kam mir die Idee, ein paar davon<br />

zu erzählen. Hätte ich diese in meinen 47 Berufsjahren<br />

notiert, wäre bestimmt ein lustiges Buch entstanden.<br />

Schade!<br />

Meine Lehre machte ich zwar in der Schuhbranche, doch<br />

danach wechselte ich schnell zum Textil-Einzelhandel. Seither<br />

hatte ich stets in Siegens Oberstadt in renommierten<br />

Damen- und Herrenfachgeschäften gearbeitet und dort viel<br />

Berufserfahrung gesammelt. In Sachen Herrenartikel kannte<br />

ich mich besonders gut aus, denn das war mein geliebtes Steckenpferd!<br />

Hemden und Krawatten waren meine Lieblings-<br />

Ein- und Verkäufe, natürlich auch feine Herrenstrickmoden,<br />

Schlafanzüge, Bademoden, Wäsche usw. Aber nun zurück<br />

Foto: Fotolia.de<br />

zu den Unterhosen, welche oft sehr beratungsintensiv waren,<br />

denn eine gut sitzende Unterhose ist für den Herrn so wichtig<br />

wie für die Dame ein gut sitzender BH.<br />

Es gab da natürlich zahlreiche Qualitäten, Formen,<br />

Firmen und Farben, die Auswahl war groß. Nachdem die<br />

Herrenwäsche früher fast nur in Weiß getragen wurde, griffen<br />

die Herren aber auch gerne nach den neuen modischen<br />

Farben wie Hellblau, Marine, Rot und Schwarz. Das war<br />

damals eine kleine Sensation und mit den Farben wurden<br />

die Herren modischer und auch frecher.<br />

So auch meine jüngeren Kunden, die schwarze Slips<br />

bevorzugten! Manche anzüglichen Sprüche lernte ich auszuhalten<br />

und mit einem Lächeln zu übergehen, denn ich<br />

wollte ja schließlich verkaufen. Da gab es die stolzen Machos,<br />

die sogar Slips anprobieren wollten. Das konnte ich<br />

in der Umkleidekabine zulassen, wenn natürlich der eigene<br />

Slip darunter blieb, um die richtige Größe festzustellen. Dabei<br />

ereigneten sich auch mal dreiste Gesten, denn die eitlen<br />

Herren wollten auch eine Begutachtung von mir, kamen dabei<br />

aus der Kabine und drehten sich, nicht ohne neckische<br />

Blicke, vor mir hin und her. Meinen Kolleginnen erging es<br />

ähnlich, jedoch hatten wir diese Situationen gut im Griff.<br />

Wir waren jung, lernten schnell und erlangten durch diese<br />

Vorkommnisse nicht nur Menschen- sondern auch eine gewisse<br />

Männerkenntnis!<br />

Auch daran gewöhnte man sich, denn das gehörte zu<br />

unserem Beruf. Die täglichen Konfrontationen mit diesen<br />

Dingen waren zur<br />

Gewohnheit geworden<br />

und ließen<br />

uns ziemlich kalt.<br />

Damals sprach<br />

auch niemand<br />

über kleine „Brüderle-Witze“<br />

oder<br />

gar Sexismus!<br />

Doch nun zu<br />

meinen seriösen<br />

Kunden zurück,<br />

denen ich auch oft<br />

die Frage stellen<br />

musste: „Tragen<br />

Sie mit oder ohne<br />

Eingriff?“ Für<br />

mich eine ganz<br />

normale Frage,<br />

Gewohnheiteben,<br />

und für meine<br />

weitere Beratung<br />

von Wichtigkeit.<br />

„Aber, oh weh!“<br />

Autorenfoto<br />

Im Beratungsgespräch<br />

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