Editorial - Hochschule Hannover
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Existenzgründung eines Designers:<br />
„Der Designer – König oder Hofnarr?“<br />
Das Aufsatzthema meiner Begabtensonderprüfung<br />
an der Fachhochschule <strong>Hannover</strong> (FHH) rief nach<br />
Entscheidung. Wie sie damals fiel, ist mir nach 30<br />
Jahren entfallen. Inzwischen bin ich Designer, aber<br />
nicht herrisch oder närrisch geworden. Und falls<br />
doch, dann sicher beides.<br />
Ästhetik oder Funktion? Zweck oder Selbstzweck?<br />
Intuition oder Verstand? Designer wollen immer beides,<br />
aber nie als Kompromiss. Designer sind Menschen,<br />
die sich nicht beschränken wollen. Damit sind<br />
sie prädestiniert für eine selbstständige Existenz.<br />
Existenz sichernd auf Dauer ist nur gutes Design.<br />
Davon braucht man eine Vorstellung.<br />
Design ist Ästhetik in Funktion. Es ist gut, wenn es<br />
funktioniert. Design funktioniert nicht als Selbstzweck<br />
oder Beiwerk. Design orientiert, lässt erkennen<br />
und erinnern. Dabei kann es „schön“ sein.<br />
Dann entsteht ein Gefühl. Das Gefühl entscheidet<br />
vor dem Verstand.<br />
Gutes Design darf nicht entscheiden zwischen<br />
Ästhetik, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit. Praktische<br />
Ästhetik ist gezielter Umgang mit Stilmitteln.<br />
Einen eigenen Stil schaffen die Wenigsten. Nur die<br />
können wählen: Welcher Kunde passt zu meinem<br />
Beispiele kreativer Logoentwicklung<br />
Weitere Informationen und Kontakt unter http://www.odeonzwo.de/<br />
spectrum 2/2003 • blickpunkt s. 32<br />
Stil? Alle anderen fragen besser umgekehrt. Stile<br />
altern schnell. Manche haben viele Leben. Umfassende<br />
Stilkompetenz ist gut für eine Designerexistenz.<br />
Die Form darf die Funktion strapazieren, mehr nicht.<br />
Sonst wäre sie vielleicht „schön“, aber sicher falsch.<br />
Richtiges Design verbindet Produzentenabsicht mit<br />
Rezipientensicht. Darin liegt sein Gebrauchswert für<br />
beide. Empathie ist gut für eine Designerexistenz.<br />
Design muss immer angemessen sein. Unangemessener<br />
Aufwand ist unwirtschaftlich für die, die ihn<br />
bezahlen, oder für jene, die ihn nicht bezahlt<br />
bekommen. Mäßigung ist keine Einschränkung.<br />
Mäßigung ist gut für eine Designerexistenz.<br />
Beliebt bei FHH-Studierenden: Praktikum bei odeon zwo.<br />
Zu „meiner“ Zeit wurde die Werkkunst- zur Fachhochschule<br />
<strong>Hannover</strong>. Mit Professoren statt Lehrern<br />
und Studierenden statt Schülern. Zu meinem Glück<br />
war der Wandel unabgeschlossen. Kinomaler lehrten<br />
neben Wahrnehmungstheoretikern, Buchbinder<br />
neben Kunstfotografen, herrische Gestalter neben<br />
närrischen Gestalten. Viel von allem, wenig<br />
Beschränkung: Das war gut. Nicht nur für meine<br />
Designerexistenz.<br />
Michael Kronacher