Editorial - Hochschule Hannover
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Partizipation in Planungsprozessen:<br />
Ein Mittel um die Lebensverhältnisse von Frauen zu verbessern?<br />
Zielvorstellung eines Seminars am<br />
27. Mai 2003 war es, die Studierenden<br />
der Fachhochschule<br />
<strong>Hannover</strong> (FHH) für das Thema<br />
Frauen- und Genderforschung zu<br />
sensibilisieren. Aber wie ist dieses<br />
Thema in den sehr fest gefügten<br />
Ausbildungsplan im Studiengang<br />
Architektur zu integrieren? Außerdem<br />
stellten sich die Fragen, ob<br />
die Studierenden für solche Themen<br />
heute noch offen sind und<br />
wie frauenspezifische Themen mit<br />
architektonischen Lehrinhalten<br />
sinnvoll zu verknüpfen sind.<br />
Eingang des „Mädchentreffs“ in Hamburg<br />
Ein Platz für diesen Themenbereich<br />
wurde im Fach Soziologie<br />
gesehen. Partizipation in Planungsprozessen,<br />
also das Planen<br />
mit Betroffenen, ist als solches<br />
geschlechtsneutral und somit für<br />
alle Studierenden interessant. Da<br />
in den letzten Jahren verstärkt<br />
Planungen für Frauen von Frauen<br />
stattgefunden haben und eigene<br />
Erfahrungen in solchen Projekten<br />
vorhanden waren, schien es sinnvoll,<br />
hier anzuknüpfen und mit<br />
den Studierenden zu untersuchen,<br />
ob die Ergebnisse und die<br />
Prozesse, die in solchen Projekten<br />
stattfanden, sowohl von den Nutzerinnen<br />
als auch von den Plane-<br />
spectrum 2/2003 • fachbereiche s. 54<br />
rinnen als sinnvoll und positiv<br />
betrachtet wurden.<br />
Dafür wurden verschiedene Projekte<br />
untersucht und teilweise<br />
konnten auch die Planerinnen als<br />
Referentinnen gewonnen werden:<br />
1. „Beginenhof“ in Bremen<br />
(Arch. Czerner & Czerner)<br />
2. „Wohn- und Geschäftshaus in<br />
Freiburg-Rieselfeld“ (Arch.<br />
evaplan – Architektur + Stadtplanung)<br />
3. „Mädchentreff“ in Hamburg<br />
(Arch. MS Architekten, Martens<br />
und Sternkopf)<br />
4. Planungsfachfrauen<br />
(ein Zusammenschluss von ca.<br />
50 Planerinnen im Raum <strong>Hannover</strong>,<br />
die sich als Interessenvertretung<br />
für Frauen in der<br />
Planung sehen)<br />
5. „Weiberwirtschaft“ in Berlin<br />
(Arch. I. Baller)<br />
Trotz inhaltlicher Unterschiede<br />
bestand die wesentliche Gemeinsamkeit<br />
bei allen Projekten darin,<br />
dass ersten von Frauen für Frauen<br />
geplant worden war und zweitens<br />
die Partizipation der Nutzerinnen<br />
in allen Projekten ein<br />
Anliegen war.<br />
Als Ergebnis der Recherchen der<br />
Studierenden, der Vorträge und<br />
einer Fragebogenaktion wurde<br />
festgestellt, dass in allen Projekten<br />
sowohl von Seiten der Nutzerinnen<br />
als auch der Planerinnen die<br />
Partizipation als überwiegend<br />
positiv und erfolgreich einge-<br />
schätzt wurde. Sie führte zu einer<br />
Verbesserung der Planung und vor<br />
allen Dingen zu einer größeren<br />
Akzeptanz. Allerdings entstand in<br />
allen Fällen durch die Partizipation<br />
ein nicht unerheblicher zeitlicher<br />
Mehraufwand, den die Planerinnen<br />
nicht vergütet bekamen. Dies<br />
wird als kontraproduktive Entwicklung<br />
gesehen und entspricht<br />
dem klassischen Bild der Frau, die<br />
helfend und idealistisch geprägt<br />
unentgeltlich gesellschaftlich notwendige<br />
Arbeit leistet.<br />
Ein anderes wichtiges Ergebnis,<br />
das den Partizipationsgedanken<br />
etwas in Frage stellt, war die Tatsache,<br />
dass fast alle Projekte<br />
heute finanziell um ihre Existenz<br />
kämpfen und dass teilweise über<br />
neue Nutzungen nachgedacht<br />
werden muss. Diese eventuellen<br />
Umnutzungen – Mädchentreff<br />
zum Jugendtreff, Frauenwohnprojekt<br />
zum normalen Wohnprojekt<br />
– lassen Planungen, die spezifisch<br />
auf bestimmte Nutzergruppen<br />
angelegt sind, doch etwas<br />
fragwürdig in ihrer Nachhaltigkeit<br />
erscheinen.<br />
Nichtsdestotrotz muss man die<br />
Frage nach der Verbesserung der<br />
Lebensverhältnisse von Frauen<br />
durch die Projekte mit einem eindeutigen<br />
„Ja“ beantworten, denn<br />
abgesehen von eindeutigen Verbesserungen<br />
der rein räumlichen<br />
Qualitäten hat die Beteiligung an<br />
den Planungen den Nutzerinnen<br />
Selbstvertrauen und ein Gefühl<br />
der Stärke gegeben. Knapp aus-