SDF_Buch_German_Teil1.pdf
SDF_Buch_German_Teil1.pdf
SDF_Buch_German_Teil1.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kombination von Maßnahmen zur Abfluss-, Sediment und Eisverteilung<br />
Bei der Deichrückverlegung Hondsbroeksche Pleij wurde eine Auenabsenkung und das Anlegen<br />
einer Nebenrinne im Überfl utungsraum mit einem Einlassbauwerk zur Steuerung der<br />
Abfl ussverteilung kombiniert. Dabei haben die Planer sich von der besonderen Lage des<br />
Projektgebiets in der Nähe der Gabelung des Rheins in den Nederrijn und die IJssel leiten lassen.<br />
Der zusätzliche Raum, der für den Fluss an und in der Nähe der Gabelung (in diesem Fall am<br />
IJsselkop) geschaffen wird, kann erhebliche Auswirkungen auf die Verteilung von Wasser,<br />
Sediment und Eis haben. Das Gleichgewicht, das an dieser Stelle seit 1775 herrscht, reagiert<br />
extrem sensibel auf lokale Störungen.<br />
Für die Untersuchung des Wasserfl usses stehen geeignete und hinreichend getestete<br />
Rechenmodelle zur Verfügung. Bei der Anwendung solcher Modelle an Prototypen ist allerdings<br />
entsprechendes fachliches hydrologisches Verständnis unabdingbar. Die potenziellen<br />
Auswirkungen der Sedimentverteilung lassen sich schon schwieriger bestimmen. Rechenmodelle<br />
sind hier nicht hundertprozentig verlässlich. Außerdem erfordert es eine große Zahl exakter<br />
Messungen an einem Prototyp, um sie zu konstruieren und zu kalibrieren. Solche Messungen<br />
stehen jedoch nur begrenzt zur Verfügung. Physikalische Modelle sind verlässlicher, aber auch<br />
teurer. Auch sie erfordern zudem Messungen am Prototyp. In der Vergangenheit wurde der<br />
Eistransport in Flüssen anhand empirischer Daten ermittelt. Die Tatsache, dass es seit 1964 kein<br />
Eis mehr auf dem Fluss gegeben hat, bedeutet jedoch, dass sehr wenige Daten zur<br />
Modellerstellung vorliegen. Die Anforderung, eine stabile Verteilung von Wasser, Sediment und<br />
Eis zu gewährleisten, ist daher keine leichte Aufgabe. Hier ist viel historisches Wissen über das<br />
Flussmanagement gefragt.<br />
In Gebieten, in denen Flüsse nicht von Gezeiten beeinflusst werden, sind zwei Hauptfaktoren<br />
ausschlaggebend für den Wasserpegel. Der erste ist der unterstromige hydraulische Widerstand<br />
des Flusses bis zur Mündung. Dieser richtet sich nach der Breite des Flusses, seiner Tiefe und der<br />
Rauheit des Flussbetts. Je größer der Widerstand in einem bestimmten Abschnitt, umso größer<br />
ist das Gefälle über diesen Bereich. Die Senkung des Widerstands eines Flussabschnitts führt zu<br />
einem geringen Gefälle in diesem Abschnitt und bewirkt somit stromaufwärts eine Senkung des<br />
Wasserpegels. Der zweite Faktor ist der Abfl uss. Ein Anstieg der Abfl ussmenge in einem<br />
Nebenarm des Flusses bewirkt einen Anstieg des Pegels in diesem gesamten Nebenarm. Bei<br />
Annäherung an den Bemessungsabfl uss (MHW) steigt in den oberen Abschnitten der IJssel der<br />
Pegel um ca. 7 cm pro 50 m 3 /s Anstieg der Abfl ussmenge. Im Nederrijn steigt der Pegel um ca.<br />
3,5 cm pro 50 m 3 /s. Veränderungen im Abfl uss können also den Pegel im gesamten Flussarm<br />
beeinflussen, während sich eine Veränderung des Widerstands nur in dem betreffenden<br />
Abschnitt sowie unmittelbar stromaufwärts auswirkt.<br />
Wird der hydraulische Widerstand am Einlauf in die IJssel durch eine Nebenrinne gesenkt, wird<br />
das Gefälle an dieser Stelle reduziert und der Pegel der IJssel sinkt an der Gabelung zwischen<br />
IJssel und Nederrijn (IJsselkop). Da die Situation im Nederrijn anfänglich unverändert bleibt, ist<br />
auch nicht mit einer Veränderung des Pegels in diesem Flussarm zu rechnen. Die Pegel der<br />
beiden Flussarme sind an ihrer Gabelung jedoch nicht immer identisch. Um beide Pegel am<br />
IJsselkop aneinander anzugleichen, muss mehr Wasser in die IJssel und eventuell weniger Wasser<br />
in den Nederrijn geleitet werden. Durch die Veränderung des Widerstands in der Einmündung<br />
eines Flussarms oder in deren Nähe verändert sich auch die Abfl ussverteilung. Das wiederum<br />
beeinflusst die Pegel auf der gesamten Länge beider Flussarme.<br />
Wie Sediment und Eis verteilt werden, hängt von der Verteilung des Wassers und vor allem von<br />
der örtlichen Geometrie im Gabelungspunkt ab. Veränderungen in der Stromverteilung im<br />
Sommerbett des Flusses (z. B. durch Buhnen, Sommerdeiche und Deiche unmittelbar am Wasser)<br />
machen sich sehr stark bemerkbar. Veränderungen in der Sedimentverteilung an der<br />
Einmündung in einen Flussarm lassen Sandbänke entstehen, die die Schifffahrt beeinträchtigen<br />
können. Veränderungen im Sedimenteintrag in einen Flussarm bewirken Veränderungen in der<br />
Form des Flussbetts auf seiner gesamten Länge. Wenn Eis ungleichmäßig verteilt und mitgeführt<br />
wird, kann es zur Bildung von Eisdämmen kommen, an denen das Wasser rückgestaut wird, was<br />
zu gefährlich hohen Wasserständen führen kann. Hierdurch sind in der Vergangenheit in den<br />
Niederlanden viele Deiche gebrochen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden mit<br />
dem Bau von Buhnen wichtige Verbesserungen in der Eiskontrolle auf niederländischen Flüssen<br />
Hochwasserschutzmaßnahmen 145<br />
2