SDF_Buch_German_Teil1.pdf
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Kasten 2.2: Das System der Rückhalte-<br />
becken im Einzugsgebiet der Emscher<br />
Hochwasserschutzmaßnahmen 88<br />
Das System der Rückhaltebecken im Einzugsgebiet der Emscher<br />
Abbildung 2.4: Hochwasserrückhaltemaßnahmen im Emscher-System<br />
In Nordrhein-Westfalen leben rund 75% der Menschen in den Einzugsgebieten von Rhein- oder<br />
Maas-Nebenflüssen, in denen Wasserwirtschaftsverbände mit ihrem Einzugsgebiet für die<br />
wasserwirtschaftlichen Aspekte zuständig sind – so auch für den Hochwasserschutz.<br />
Im dicht besiedelten Emscher-Einzuggebiet (865 km²) beinhaltet der Hochwasserschutz ein breites<br />
Spektrum an Rückhaltemaßnahmen mit abgestuften Sicherheitsanforderungen: Abhängig von<br />
den Landnutzungsformen und –strukturen (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, dünn oder dicht<br />
besiedelt, Industrie, etc.) sind die Gewässer im Emscher-System auf unterschiedliche<br />
Sicherheitslevel ausgelegt – bis zum Wiederkehrintervall eines 200-jährlichen Ereignisses.<br />
Infolge früherer Bergbautätigkeit und der teils abgesunkenen Erdoberfl äche haben einzelne<br />
Deiche am Gewässer eine Höhe von bis zu 10 m und aus Gründen der Standsicherheit und der<br />
Verfügbarkeit wurden diese Deiche aus sogenannten „Waschbergematerial“ gebaut (ungenutztes<br />
Gestein aus dem Steinkohlebergbau).<br />
Für die Renaturierung des Emschersystems ist eine Kombination dezentraler<br />
Retentionsmaßnahmen im gesamten Gebiet sowie großer zentraler Rückhaltungen (wie die<br />
beiden <strong>SDF</strong>-Standorte Ellinghausen und Mengede) geplant. Die dezentralen Maßnahmen sind<br />
teils schon fertiggestellt und in Betrieb, weitere sind im Bau oder in Planung.<br />
Die Ziele der Rückhaltemaßnahmen sind neben der Hochwassersicherheit auch der Schutz künftig<br />
naturnah gestalteter Gewässer vor Erosionsschäden durch Flutwellen.<br />
In Zukunft wird das gesamte Emschersystem durchgängig und ohne Barrieren an den Rhein<br />
angebunden sein. Ein robustes, wartungsarmes Rückhaltesystem ist erforderlich, um den Betrieb<br />
dauerhaft sicherzustellen und die Kosten niedrig zu halten.<br />
Es ist anzumerken, dass der Einfluss von Nebenfl üssen auf die Hochwasserwelle die Effizienz<br />
eines Polders senken kann. Die Auswirkungen der Polder können sich jedoch in bis zu<br />
mehreren hundert Kilometern stromabwärts gelegenen Gebieten bemerkbar machen. Die<br />
hochwasserreduzierende Wirkung des Rückhaltepolders im Gebiet Rijnstrangen (zwischen<br />
Lobith und Pannerden) auf das gesamte niederländische Rheindeltasystem wird auf 20 cm<br />
geschätzt, was mehr als zwei Dritteln des Ziels des Programms „Raum für den Fluss“<br />
entspricht. Gleichzeitig zeigen Berechnungen, dass die derzeitigen deutschen<br />
Hochwasserschutzpläne, die viele Polder umfassen, die Hochwasserpegel in den Niederlanden<br />
um gerade einmal 5 cm senken können, während sie am nördlichen Oberrhein bei Mainz und<br />
im Mittelrheintal eine Absenkung um bis zu 50 bis 70 cm bewirken.<br />
2.1.2 Gegenüberstellung verschiedener Deichkonstruktionen<br />
Deichbau hat in allen Fluss- und Küstenregionen Tradition. Regionale Unterschiede haben<br />
weltweit eine Vielzahl unterschiedlicher Standards und Konstruktionstypen hervorgebracht.<br />
Auch in Europa und sogar innerhalb des Rheineinzugsgebiets sind von Land zu Land und von<br />
Region zu Region Unterschiede zu beobachten. Die Deutsche Industrienorm (DIN) 19712<br />
Flussdeiche soll für eine Harmonisierung der Deichkonstruktionen sorgen. Sie behandelt