Am Scheideweg - FWF
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Fokus » Interview: Wilhelm Krull<br />
Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung und neu gewählter<br />
Vorsitzender des <strong>FWF</strong>-Aufsichtsrats, im Interview mit Stefan Bernhardt:<br />
über Strategien in Zeiten knapper Budgets, den parteienübergreifenden<br />
Pakt für Forschung in Deutschland und kurzsichtige Strategien der<br />
Wirtschaft. Redaktion: Marc Seumenicht<br />
Die Bedeutung der<br />
Grundlagenforschung<br />
» stefan Bernhardt Was hat Sie<br />
dazu bewogen, das <strong>Am</strong>t des <strong>FWF</strong>-<br />
Aufsichtsratsvorsitzenden zu<br />
übernehmen? Was war Ihre Motivation,<br />
dass Sie gesagt haben, „ich mach das“?<br />
» Wilhelm krull Man ist ja seinerzeit –<br />
das war im Jahr 2008 – auf mich zugekommen,<br />
ob ich mir vorstellen könnte, im<br />
<strong>FWF</strong>-Aufsichtsrat mitzuwirken, und das<br />
habe ich sehr gerne gemacht. Jetzt befinden<br />
wir uns in schwierigen Zeiten, in denen<br />
die finanziellen und forschungspolitischen<br />
Anforderungen nicht immer eins<br />
zu eins im Einklang sind. Sich solchen Situationen<br />
zu stellen, solche Herausforderungen<br />
anzunehmen, das mache ich gerne,<br />
und deshalb bin ich da, nun als Vorsitzender<br />
des <strong>FWF</strong>-Aufsichtsrates.<br />
» Bernhardt Stichwort „<strong>FWF</strong>-Strategie in<br />
Zeiten knapper Budgets“. Was sind dazu<br />
Ihre persönlichen Überlegungen und Einschätzungen?<br />
» krull Ich denke, in Zeiten der Finanzmarkt-<br />
und Wirtschaftskrise ist es wichtig,<br />
dass die Politik ihr geäußertes Bekenntnis<br />
zur Bedeutung von Forschung<br />
und Forschungsförderung für die Konkurrenzfähigkeit<br />
der österreichischen<br />
Wirtschaft und Gesellschaft hält und gerade<br />
in Bereiche investiert, in denen insbesondere<br />
die kommende Generation von<br />
kreativen Forscherinnen und Forschern<br />
herangebildet wird – ein Stichwort dazu:<br />
die <strong>FWF</strong>-Doktoratskollegs. Dafür müssen<br />
16 »<strong>FWF</strong>info72<br />
zumindest in hinreichendem Maße Ressourcen<br />
zur Verfügung stehen. Natürlich<br />
müssen wir uns notgedrungen – vor dem<br />
Hintergrund der Kürzungen und Schwierigkeiten,<br />
die ja nicht nur in Österreich,<br />
sondern überall in Europa zu beobachten<br />
sind – darauf einstellen, in bestimmten<br />
Bereichen auch Prioritäten zu setzen. Ich<br />
denke, dass wir das einerseits der Not<br />
gehorchend tun müssen, mit Blick auf die<br />
Overheads, die jetzt nicht gezahlt werden<br />
konnten, aber hoffentlich bald wieder gezahlt<br />
werden können, und ich denke<br />
auch, dass der ja bereits konzipierte<br />
Wettbewerb um Forschungscluster etwas<br />
ist, was wir alsbald auf den Weg bringen<br />
sollten. Insofern sind im Moment Kürzungsmaßnahmen<br />
möglichst zu vermeiden.<br />
Auf der anderen Seite sollte man das<br />
Lancieren neuer Förderprogramme und<br />
Förderinitiativen nicht zu sehr zurückstellen.<br />
Insbesondere auch, weil im internationalen<br />
Wettbewerb die Sichtbarkeit<br />
von größeren Forschungsverbünden doch<br />
eine zunehmend wichtigere Rolle spielt.<br />
» Bernhardt Sie haben es kurz angesprochen:<br />
den europäischen Forschungsraum.<br />
Welche Rolle kommt Ihrer Einschätzung<br />
nach nationalen Förderungsorganisationen,<br />
Förderungsstrukturen, wie der<br />
VolkswagenStiftung, in einem europäischen<br />
Konzert zu, das gegenwärtig noch<br />
nicht so wohlklingend ist?<br />
» krull Der Wettbewerb um die Mittel aus<br />
Brüssel nimmt natürlich rasant zu, nicht<br />
zuletzt durch die enormen Zuwächse, die<br />
das Rahmenprogramm vom ersten bis<br />
zum siebenten erfahren hat. Man kann ja<br />
sagen, es hat mal mit 2,3 Mrd. € begonnen<br />
und liegt jetzt bei fast 50 Mrd. €,<br />
auch wenn inzwischen der Zeitraum von<br />
vier auf sieben Jahre ausgedehnt worden<br />
ist. Das sind enorme Zuwachsraten. Um<br />
auf der europäischen Bühne mithalten zu<br />
können, ist jeder Mitgliedstaat dringlich<br />
aufgefordert, jene Voraussetzungen zu<br />
schaffen, die Erfolge auf europäischer<br />
Ebene möglich machen. Deshalb ist es so<br />
entscheidend, dass jedes Land selbst erst<br />
einmal dafür sorgt, dass die Infrastruktur<br />
da ist, dass die Heranbildung konkurrenzfähiger<br />
Nachwuchswissenschafterinnen<br />
und -wissenschafter gewährleistet ist,<br />
kurz gesagt: dass das Haus gut bestellt<br />
ist. Denn nur dann haben auch die besten<br />
Forscherinnen und Forscher aus Österreich<br />
gute Chancen, sich in Brüssel sowohl<br />
um die Mittel in den verschiedenen<br />
thematischen Programmen wie auch um<br />
die Mittel des European Research Council<br />
mit Erfolg zu bewerben.<br />
» Bernhardt Nach dem Motto „Du<br />
brauchst eine gute, starke nationale Liga,<br />
um in der europäischen Liga, in der<br />
Champions League mitspielen zu können.“<br />
» krull Man kann es ganz klar sehen,<br />
wenn man sich anschaut, wie die Erfolgsraten<br />
der einzelnen Länder beim European<br />
Research Council waren. Hier sind<br />
© <strong>FWF</strong>/Marc Seumenicht