Am Scheideweg - FWF
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insbesondere die bisher kaum zum Zug<br />
gekommen, die in ihrem eigenen Land<br />
keine wirklich tragfähige Forschungsförderungsstruktur<br />
für die Grundlagenforschung<br />
entwickelt haben. Das gilt für einen<br />
Teil der Mittelmeerländer ebenso wie<br />
leider zu meinem großen Bedauern auch<br />
für erhebliche Teile Mittel- und Osteuropas.<br />
Ich denke, die Antwort kann nur lauten:<br />
„Wir müssen im eigenen Land mehr<br />
tun, um auch aus Brüssel mehr zu bekommen.“<br />
Und nicht: „Wir können im Land<br />
sparen, weil es ja neue Töpfe in Brüssel<br />
gibt.“<br />
» Bernhardt Sie sind Generalsekretär der<br />
VolkswagenStiftung. Finanzielle Unabhängigkeit,<br />
Planbarkeit, Kontinuität, das<br />
sind Zuschreibungen, die man mit Stiftungen<br />
landläufig in Verbindung bringt.<br />
Und zugleich sind das Begriffe, die für<br />
die Förderung der Grundlagenforschung<br />
von eminenter Bedeutung sind. Sind Stiftungen<br />
besonders tragfähige Strukturen<br />
für Grundlagenforschung?<br />
» krull Nicht nur. Stiftungen haben natürlich<br />
– aufgrund ihres eigenen Kapitals<br />
und der Möglichkeit, ihre Budgets selbst<br />
zu bestimmen – ganz andere Voraussetzungen;<br />
aber Stiftungen verstehen sich,<br />
gerade in der Wissenschaft, vorrangig als<br />
Impulsgeber, als Ermöglicher von neuen<br />
Ideen, als Institutionen, die exempla-<br />
Fokus » Interview: Wilhelm Krull<br />
WIlHElM Krull, <strong>FWF</strong>-AuFSIcHTSrATSvorSITZEndEr, IM InTErvIEW: „In ZEITEn dEr<br />
FInAnZMArKT- und WIrTScHAFTSKrISE IST ES WIcHTIG, dASS dIE PolITIK IHr GEäuSSErTES<br />
BEKEnnTnIS Zur BEdEuTunG von ForScHunG und ForScHunGSFördErunG HälT.“<br />
risches Gelingen insoweit ermöglichen,<br />
als man auch mit einem enormen Geschwindigkeitsvorteil<br />
handeln kann. Aushandlungsprozesse<br />
sind kurz. Durch die<br />
Schnelligkeit und zugleich die Verlässlichkeit<br />
des Handelns sind Stiftungen sehr<br />
attraktive Partner von Spitzenforscherinnen<br />
und -forschern, weil sie wissen,<br />
dass sie mit originellen Ideen hier auf<br />
entsprechend interessierte Institutionen<br />
treffen, die ihnen wiederum relativ unbürokratisch<br />
und mit einem deutlich geringeren<br />
Verwaltungsaufwand Forschung ermöglichen,<br />
insbesondere an den Grenzen<br />
des Wissens, dem Bereich, den man heutzutage<br />
gemeinhin als Risikoforschung bezeichnet.<br />
Es kommen also zwei Dinge zusammen:<br />
eine starke ökonomische Basis<br />
mit eigenem Kapital, mit der Risikobereitschaft,<br />
Gelder ganz bewusst so einzusetzen,<br />
dass Vorhaben zum Zug kommen,<br />
die in öffentlichen Institutionen nicht in<br />
gleicher Weise leistbar wären.<br />
» Bernhardt Also gewissermaßen als ein<br />
Impulsgeber für Hochrisikoforschung im<br />
wissenschaftlichen Sinn?<br />
» krull Ja, es kommt ganz klar darauf an,<br />
dass eine Stiftung die Chance nutzt, neue<br />
Formen der Förderung auszuprobieren,<br />
neue Strukturen zu schaffen. Ich nenne<br />
ein Beispiel: Die ersten Graduiertenkollegs<br />
in Deutschland wurden von drei<br />
großen Stiftungen, der Thyssen-Stiftung,<br />
der Bosch-Stiftung und der Volkswagen-<br />
Stiftung, Ende der 80er-Jahre ermöglicht.<br />
Daraus sind mittlerweile – ohne die Exzellenzinitiative<br />
einzubeziehen – über<br />
300 Graduiertenkollegs geworden – über<br />
die Jahrzehnte eine enorme Hebelwirkung.<br />
In den 90er-Jahren haben wir bei<br />
der VolkswagenStiftung mit den Nachwuchsgruppen,<br />
den selbstständigen<br />
Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leitern,<br />
eine neue Form eingeführt, die dann<br />
über die Junior-Professuren in die Fläche<br />
ging. Bei der DFG wurde diese Idee mittlerweile<br />
hundertfach im Noether-Programm<br />
umgesetzt. Stiftungen können<br />
entscheidende Veränderungsimpulse geben,<br />
die von größeren Systemen aufgegriffen<br />
werden.<br />
» Bernhardt In Deutschland gibt es einen<br />
bundesweiten Pakt für Forschung, der<br />
klar signalisiert, nicht im Bereiche der<br />
Bildung, der Wissenschaft und Forschung<br />
zu sparen, sondern – im Gegenteil – erheblich<br />
zu investieren. Hat diese Wachstumsperspektive<br />
in Krisenzeiten Bestand?<br />
» krull Es kann natürlich niemand sagen,<br />
ob bei sich wieder verschärfenden Wirtschaftskrisen<br />
so ein Pakt nicht doch in<br />
Frage gestellt wird. Aber im Moment gehe<br />
ich davon aus, dass er hält. »<br />
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