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Am Scheideweg - FWF

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etwas zu tun und das nachher entsprechend<br />

zu verfeinern und zu spezialisieren.<br />

» Stadler Der Hintergrund meiner Frage<br />

ist die Debatte im Rahmen der Forschungsförderung.<br />

In einer Phase der wirtschaftlichen<br />

Krise scheint es, dass man die angewandte<br />

Forschung favorisiert. Da, denke<br />

ich, gilt es, solche Stimmen wie die Ihre<br />

wieder in Erinnerung zu rufen, dass es keine<br />

Optimierung von Geld und Ressourcen<br />

ist, wenn man diese Trennung tatsächlich,<br />

auch politisch, vornimmt.<br />

» Widmer Ich glaube, dass die angewandte<br />

Forschung von ihrer Natur her ziemlich oft<br />

ziemlich kurzsichtig agieren muss, weil sie<br />

auf kurze Zeit etwas produzieren muss,<br />

was funktioniert. Die wirklich fundamentalen<br />

Ideen brauchen Zeit, die kann man in<br />

so einem Kontext schwer entwickeln. Die<br />

wirklich fundamentalen Dinge entstehen<br />

in der Grundlagenforschung, das möchte<br />

ich so behaupten, daran glaube ich.<br />

» Stadler Welche Bedeutung hat die Forschungsförderung<br />

des <strong>FWF</strong> in Ihrer Forschungslaufbahn?<br />

Sie hatten mit Translational<br />

Research, START oder jetzt Wittgenstein<br />

fast eine ideale <strong>FWF</strong>-Karriere.<br />

» Widmer Der <strong>FWF</strong> ist ideal. (lacht)<br />

» Stadler Eine Bestätigung der Forschungsförderungspolitik<br />

des <strong>FWF</strong>?<br />

» Widmer Das würde ich wohl behaupten.<br />

Man sollte auch betonen, dass diese Förde-<br />

rung fast zu 100 Prozent in die wissenschaftliche<br />

Heranbildung<br />

kreativer, guter Leute geht.<br />

Es wird ein Stamm von jungen<br />

Leuten aufgebaut, die<br />

dann erst als Team ein riesiges<br />

Potenzial haben und<br />

neue Dinge langfristig entwickeln<br />

können.<br />

» Stadler Welche Antwort würden<br />

Sie der Politik geben, wie man<br />

auch in Zeiten beschränkter Mittel agieren<br />

könnte?<br />

» Widmer Ich sehe nicht ein, dass man in<br />

Zeiten beschränkter Mittel, und die Mittel<br />

sind immer beschränkt, die Forschungsförderungsmittel<br />

überhaupt kürzen muss.<br />

Das sehe ich nicht ein. In Relation zum<br />

Gesamtbudget sind die Mittel nicht groß.<br />

Es ist so eine fundamentale Zukunftsinvestition,<br />

dass ich dieses Argument, man<br />

müsste in Zeiten bescheidener Mittel in<br />

der Forschungsförderung kürzen, einfach<br />

nicht akzeptieren kann. Punkt.<br />

» Stadler Welche Rolle spielt in Ihrem Arbeitsbereich<br />

die eigene musikalische Praxis,<br />

das Musizieren?<br />

» Widmer Die musikalische Praxis, ob ich<br />

selber spiele oder nicht, ist weniger wichtig,<br />

sondern es ist eine Liebe zur Musik<br />

und ein tiefes Verständnis, das ich über<br />

ein mittellanges Leben entwickelt habe –<br />

natürlich auch durch das eigene Spielen.<br />

Das intensive Beschäftigen mit der Musik<br />

PANOPTIKUM » Persönliche Paradigmen<br />

ist die Basis dafür, dass ich<br />

mich überhaupt interdisziplinär<br />

nennen darf.<br />

» Stadler Kann ich daraus schließen, dass<br />

Sie ohne diese Ausbildung nicht so in<br />

dieses Feld gekommen wären oder nicht<br />

so aktiv geworden wären?<br />

» Widmer Ich könnte zumindest nicht so<br />

fundierte Dinge tun, dass ich auch in der<br />

Musikwissenschaft ernst genommen würde.<br />

Es ist nicht eine Spielerei, ein bisschen<br />

Informatik mit ein wenig Musik daraufgeklebt,<br />

weil es das attraktiver macht, sondern<br />

es hat eben musikalisch und musikwissenschaftlich<br />

Hand und Fuß. Das äußert<br />

sich auch daran, dass ich zu musikwissenschaftlichen<br />

Symposien eingeladen werde<br />

und mich in Oxford mit Musikwissenschaftern<br />

genauso unterhalten kann wie mit Informatikern,<br />

und dass sie unsere Arbeit<br />

kennen. Und das zeigt, dass das Ganze<br />

doch Substanz hat, dafür braucht man natürlich<br />

den entsprechenden Hintergrund.<br />

Und gute Leute.<br />

» Stadler Herzlichen<br />

Dank für das Ge -<br />

spräch. «<br />

» Gerhard Widmer ist seit 2004 Professor für Computational Perception an der Johannes-Kepler-Universität<br />

in Linz und leitet die Abteilung für Intelligent Music Processing and Machine<br />

Learning am Österreichischen Forschungsinstitut für Artificial Intelligence (OFAI) in Wien.<br />

Nach seinem Informatikstudium an der Technischen Universität Wien ging Widmer 1984 für zwei<br />

Jahre als Fulbright-Stipendiat an die University of Wisconsin, USA. 1986 kehrte er nach Wien<br />

zurück, promovierte an der Technischen Universität Wien und habilitierte sich ebenda. Von<br />

1991 bis 1997 war Widmer Universitätsassistent und von 1997 bis 2004 a.o. Univ.-Prof. am<br />

Institut für Medizinische Kybernetik und Artificial Intelligence der Universität Wien. Gerhard<br />

Widmer ist erst der dritte Wissenschafter, der nach der Aufnahme in das START-Programm<br />

(1998) auch den begehrten Wittgenstein-Preis zugesprochen<br />

bekam.<br />

KüNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER<br />

BANG & OLUFSEN BEOSOUND 5<br />

<strong>FWF</strong>info72» 51

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