Am Scheideweg - FWF
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PANOPTIKUM » International ausgezeichnet<br />
» Internationalität scheint für Silke Bühler-Paschen etwas<br />
ganz Normales: Hat sie doch – als Tochter eines Naturwissenschafters,<br />
der berufsbedingt viel unterwegs war –<br />
bereits ihre Schulzeit in Deutschland, Holland, Brasilien und<br />
Österreich verbracht. Ebenso international verlief ihre akademische<br />
Karriere: Sie studierte Physik an der TU Graz, dissertierte<br />
an der ETH Lausanne, war Postdoc an der ETH Zürich, wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Chemische<br />
Physik fester Stoffe in Dresden und Gastprofessorin im Japanischen<br />
Nagoya. Seit 2005 ist sie Professorin für Festkörper physik<br />
an der TU Wien.<br />
Hochkomplexe Materialien Die Festkörperphysikerin untersucht<br />
Eigenschaften von Materie im festen Aggregatzustand, wie z. B.<br />
die elektrische Leitfähigkeit von Metallen oder das magnetische<br />
Verhalten bestimmter Verbindungen. Hochkomplexe Materialien<br />
können reproduzierbar hergestellt und auf bestimmte Funktionalitäten<br />
hin maßgeschneidert werden.<br />
Lohnende Doppelgleisigkeit Die 42-Jährige sieht die Festkörperphysik<br />
als das anwendungsnächste Teilgebiet der Physik. Sie arbeitet<br />
mit ihrem Team zum Teil anwendungsorientiert, zum Teil<br />
grundlagenorientiert. Eine Doppelgleisigkeit, die zwar aufwändig<br />
ist – muss man doch das internationale Geschehen auf beiden Gebieten<br />
verfolgen –, sich jedoch bezahlt macht: „Innovative Anwendungen<br />
sind ohne Grundlagenforschung kaum möglich und noch<br />
so grundlegende Effekte können auch ganz unerwartet Anwendungen<br />
nach sich ziehen“, nennt die Professorin ihre Motivation.<br />
Hochkompetitive Auszeichnung Für ihr grundlagenorientiertes<br />
Projekt „Quantum criticality – the puzzle of multiple energy scales<br />
(Quantum-Puzzle)“ wurde sie 2008 vom Europäischen Forschungsrat<br />
mit dem prestigeträchtigen ERC Advanced Grant ausgezeichnet.<br />
Ein Preis, der ihr ermöglicht, „neue Dinge auszuprobieren“.<br />
So möchte sie quantenkritisches Verhalten von Schwere-<br />
Fermionen-Verbindungen, das durch einen am absoluten Temperaturnullpunkt<br />
liegenden Phasenübergang bedingt ist, mit ganz<br />
neuen Ansätzen untersuchen. Der ERC richtet sich an herausragende<br />
ForscherInnen, die mindestens zehn Jahre außergewöhnliche<br />
Forschungsleistungen aufweisen können. Gefördert werden<br />
46 »<strong>FWF</strong>info72<br />
ERC Advanced Grant (Europäische Union)<br />
für Silke Bühler-Paschen<br />
Puzzles auf höchstem Niveau<br />
pro Jahr etwa 200 anspruchsvolle, risikoreiche, fünfjährige Projekte<br />
mit jeweils maximal 3,5 Mio. €. In der ersten Ausschreibungsrunde<br />
für 2008 haben sich insgesamt 2.166 ForscherInnen<br />
beworben, 40 davon aus Österreich. Mit dem ERC-Projekt erreicht<br />
ihre Gruppe die kritische Masse an „(wo)man power“ und die nötigen<br />
Mittel, so umfassend arbeiten zu können, wie sie es sich<br />
wünscht.<br />
Begeisterte Detektivin Die persönliche Motivation für ihre Forschung<br />
sieht Bühler-Paschen in der Begeisterung, den Dingen auf<br />
den Grund zu gehen. Gerade in der Festkörperphysik könne man<br />
dieser detektivischen Tätigkeit „mit atemberaubenden Mitteln“<br />
nachgehen: „Man kann sich die Versuchsobjekte selbst zurechtschneidern,<br />
sie mit ausgeklügelten Verfahren auf verschiedenste Eigenschaften<br />
hin durchleuchten und mit Hilfe theoretischer Modelle<br />
die Wahrheit herauslocken. Kaum eine andere Disziplin kann ein<br />
Problem so umfassend angehen“, begeistert sich die Physikerin.<br />
Internationale Karriere mit Familie Dass es nicht selbstverständlich<br />
ist, wenn Forscherpaare trotz mehrmaligem Wohnortwechsel<br />
ihre Karrieren weiter verfolgen können, weiß Silke Bühler-Paschen<br />
aus eigener Erfahrung. „Man braucht Glück. Arbeitgeber in<br />
Europa interessieren sich in den seltensten Fällen für den ‚Anhang‘.<br />
In den USA ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man<br />
auch für den Partner eine gute Lösung finden muss, um den gewünschten<br />
Mitarbeiter zu gewinnen“, erzählt sie. Die Mutter dreier<br />
Kinder kennt etliche Familien, denen dieses Problem zum Verhängnis<br />
wurde: „Entweder zerbricht die Familie oder einer der<br />
Partner muss seine Karriere opfern. Europa muss hier dringend<br />
umlernen“, fordert sie. « [Margit Schwarz-Stiglbauer]<br />
» Silke Bühler-Paschen studierte Physik an der TU<br />
Graz, dissertierte an der ETH Lausanne, war als<br />
Postdoc an der ETH Zürich, danach am Max-Planck-<br />
Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden und<br />
ist seit 2005 Professorin für Festkörperphysik an der TU<br />
Wien.<br />
© Johannes Braumann, privat