Am Scheideweg - FWF
Am Scheideweg - FWF
Am Scheideweg - FWF
- TAGS
- scheideweg
- www.fwf.ac.at
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
panoptiKum » Interview: Claus Raidl<br />
» Stefan Bernhardt Herr Raidl, Sie<br />
sind Top-Manager, Präsident des<br />
Generalrates der Oesterreichischen<br />
Nationalbank und Vorsitzender des Board<br />
of Trustees beim IST Austria. Welche Bedeutung<br />
messen Sie der Grundlagenforschung<br />
in Österreich zu?<br />
» Claus Raidl Ich glaube, dass ein Land<br />
wie Österreich als einziges Kapital die<br />
Menschen hat. Wir müssen versuchen,<br />
von der Rolle des Imitators wegzukommen,<br />
um echte Innovatoren zu werden;<br />
also nicht nur verbessern, sondern wirklich<br />
Neues machen. Dafür braucht man<br />
die Grundlagenforschung und für Grundlagenforschung<br />
benötigen wir Geduld,<br />
ein unglaublich hohes Maß an Geduld.<br />
Grundlagenforschung definiere ich als<br />
Forschung, die nur durch die Neugierde<br />
der Forschenden getrieben ist, sonst<br />
nichts. Sie ist in diesem Sinne zweckfrei,<br />
42 »<strong>FWF</strong>info72<br />
Claus Raidl, Vorsitzender des Board of Trustees, Institute of Science and<br />
Technology Austria (IST Austria), im Gespräch mit Stefan Bernhardt: über<br />
die Rolle der Grundlagenforschung in Österreich, die „Bremser“ in der<br />
Finanzierung der Grundlagenforschung und das Effizienzproblem der<br />
Universitäten. Redaktion: Marc Seumenicht<br />
Vom imitator zum innovator<br />
und ob „brauchbare“ Ergebnisse herauskommen,<br />
ist völlig offen. Es kann auch<br />
sein, dass jemand drei Jahre lang forscht,<br />
und dann kommt leider nichts raus. Oder<br />
etwas völlig Unerwartetes passiert. Ich<br />
gebe Ihnen ein Beispiel: Mir hat einmal<br />
Haim Harari erzählt, dass die Magnetresonanztomographie<br />
auf Physiker zurückgeht,<br />
die ihre Teilchen dreidimensional<br />
sehen wollten. Und erst Jahre später wurde<br />
das dann von der Medizin „entdeckt“.<br />
Ergebnisse aus der Grundlagenforschung<br />
haben – ohne dass es so intendiert war –<br />
Beachtliches hervorgebracht.<br />
» Bernhardt Und Grundlagenforschung,<br />
die so etwas leisten kann, soll auch am<br />
IST Austria stattfinden?<br />
» Raidl Ich glaube, für eine Volkswirtschaft<br />
wie Österreich war es notwendig,<br />
ein auf Naturwissenschaften fokussiertes<br />
Grundlagenforschungsinstitut zu schaffen.<br />
Wir wollen in Österreich neue Felder<br />
etablieren, für die wir die besten Köpfe<br />
hierherholen können. Schwerpunkte sollen<br />
mit und um diese besten Köpfe entstehen.<br />
Mit Tom Henzinger und Nick<br />
Barton nenne ich die ersten zwei Schwerpunkt-Setzer<br />
am IST Austria. Für Österreich<br />
ist es wie schon gesagt wichtig, weil<br />
wir nur mit neuen Produkten, neuen Verfahren,<br />
unsere Position halten können.<br />
So kontrovers das IST Austria gesehen<br />
wurde – alleine die Diskussion darüber hat<br />
für die Grundlagenforschung schon einiges<br />
gebracht. Letztlich erwarten wir uns<br />
eine Stärkung unseres Landes durch hochkarätige<br />
Forschung. Wir brauchen Impulse<br />
für die Wirtschaft, für die Gesellschaft; es<br />
geht um die Absicherung von Wohlstand,<br />
es geht um Wachstum. Die Grundlagenforschung<br />
muss dabei aber völlig frei bleiben,<br />
© <strong>FWF</strong>/Marc Seumenicht