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D: Genau, und das ist für uns extrem wichtig.<br />

T: Wir geben unserer Musik zwar gerne bestimmte Bilder<br />

mit, gleichzeitig ist es aber entscheidend, dass der Song sich<br />

komplett verändert, wenn er bei jemandem ankommt. Die<br />

alte Frage: Liest man die Einleitungen zu Büchern oder nicht?<br />

R: Ich habe das nie gemacht.<br />

D: Ich hab’s immer gemacht und jetzt damit aufgehört. Ich<br />

weiß nicht, manchmal kann gegebener Kontext aber auch<br />

interessant sein.<br />

Lest ihr die kleinen Schildchen im Museum?<br />

D: Man will irgendwie, aber ich finde, man sollte zurücktreten,<br />

sich das Bild angucken und dann, wenn es einen<br />

wirklich interessiert, eben später was nachlesen.<br />

R: Du hast die Option, und das ist der Schlüssel. Es wäre<br />

fantastisch, wenn Leute sich auf unsere Musik einfach<br />

einließen. Wenn sie diese dunkle Straße runterlaufen und<br />

einfach mal gucken, was passiert. Das mache ich auch bei<br />

den Songs, die ich selbst liebe.<br />

D: Da sind wir aber auch innerhalb der Band unterschiedlich.<br />

Ich versuche meistens, jede Spur rauszuhören und sie<br />

zurückzuverfolgen und so viel wie möglich über einen Song<br />

rauszufinden. Dann habe ich diese geeky Infosammlung<br />

und mag ihn noch lieber.<br />

eure Musik wirkt auch sehr filmisch. es gibt immer so<br />

etwas Lauerndes, Spannendes.<br />

D: Auf jeden Fall. Da verstecken sich dramatische Geschichten.<br />

R: Auch auf einer anderen Ebene soll das so sein: Viele Filme<br />

sind, wenn du sie das erste Mal siehst, ein Rätsel. Dann entdeckst<br />

du mit jedem Sehen neue kleine Dinge, die manche<br />

Unklarheiten lösen oder sie im Gegenteil verstärken, dich<br />

noch tiefer in ihr Rätsel verstricken. Gleichzeitig ist dieses<br />

Album ein Ganzes, keine einzelnen Songs ... Und von daher<br />

funktioniert es auch narrativ.<br />

Verbunden sind einige Songs durch eine kriegs-Meta-<br />

phorik, wobei man natürlich nicht so genau weiß, ob<br />

ihr euch tatsächlich auf Schlachten bezieht oder eher<br />

auf emotionale Grabenkämpfe.<br />

D: Man denkt nicht von vornherein darüber nach, so<br />

ein Grundthema für ein Album herzustellen, aber es<br />

hängt natürlich mit dem Zeitabschnitt zusammen, in<br />

dem die Songs entstanden sind: martialische Texte<br />

in martialischen Zeiten. Aber einzelne Wörter<br />

wie »Warpath« oder »Battlecry« können auch<br />

irreführende Felder aufmachen, wenn man eben<br />

zu sehr auf Sprache in der Musik achtet und<br />

Bedeutung in Songs finden will.<br />

»Violet cries« wirkt wie aus der Zeit gefallen,<br />

scheint aber einen nerv zu treffen, wenn man<br />

sich anschaut, wie viele Fans ihr in so kurzer<br />

Zeit gewonnen habt. wenn das überhaupt<br />

geht: wie würdet ihr euch das selbst er-<br />

klären?<br />

D: Für mich ist die Musik am besten, der<br />

man nicht anhört, wann genau in den<br />

letzten 30, 40 Jahren sie entstanden ist.<br />

Und solche Musik mit einem langen<br />

Atem versuchen wir auch zu machen.<br />

Aber es ist immer gleichzeitig schön<br />

und furchtbar, den Prozess des Musikmachens<br />

abzuschließen, indem<br />

man ein Album hergibt. Was uns<br />

zurück zu unserem Thema von<br />

eben führt. Wenn jemand zu dir<br />

sagt: »Hey, dieser Song klingt für<br />

mich nach diesem oder jenem,<br />

HEUTE 045<br />

finde ich total schön«, kannst du nicht antworten: »Quatsch,<br />

das stimmt nicht!« Wenn es für diese eine Person so ist,<br />

dann ist es auch so. Und das ist die Essenz eines Kunstwerks.<br />

In englischen Musikkritiken wird in letzter Zeit gerne<br />

geschrieben, diese oder jene Band würde es verstehen,<br />

»negative space« zu produzieren.<br />

Ich habe aber erst richtig<br />

kapiert, was mit dieser Phrase<br />

gemeint sein könnte, als ich euer<br />

album gehört habe.<br />

T: Ich würde behaupten, es geht da<br />

um Spannungen, die irgendwie aus<br />

einem Wechsel entstehen. <strong>Als</strong>o ganz<br />

schlicht erst mal zwischen Stille und<br />

Sound. Wenn etwas da ist und plötzlich<br />

weggenommen wird, ist der Moment, der<br />

entsteht – die hörbare Lücke – sehr stark.<br />

Wir experimentieren mit so was auf jeden Fall.<br />

D: Na ja, natürlich nicht nach dem Motto: »Hey, lass uns da<br />

jetzt mal ‘n bisschen negativen Raum reintun!« Das Phänomen<br />

um diesen Ausdruck kam mit James<br />

Blake auf, glaube ich, der sehr schlichte<br />

Kompositionen macht. Tatsächlich finde<br />

ich, dass die Wirkung dessen, was man<br />

nicht spielt, genauso stark sein kann wie die<br />

Wirkung dessen, was man spielt.<br />

wir haben jetzt viel über die Produktionsbedingungen<br />

von Musik geredet – vor allem eilt euch<br />

aber der Ruf voraus, eine unglaubliche Liveband zu<br />

sein. was bedeutet es, dieses album auf die Bühne<br />

zu bringen?<br />

D: Noch mal etwas völlig anderes. Live spürst du, wie die<br />

Spannung, die du aufbaust, vom Publikum zurückgeworfen<br />

wird. Der Wechsel zwischen klaustrophobischer Dichte und<br />

Aufatmen hat eine ganz andere Energie.<br />

T: Wenn man so involviert in alle Details war, ist einem die<br />

eigene Musik so nah, dass sie schon fast wieder fremd ist.<br />

R: Wie wenn man das gleiche Wort immer und immer wieder<br />

sagt, bis es sich komplett sinnlos anhört.<br />

T: Du weißt einfach nicht, wie sich deine Musik für andere<br />

anfühlt. Die Bühne ist der Ort, an dem man alles kollabiert,<br />

an dem das Spiel noch mal neu beginnt, alles wieder real<br />

und körperlich wird.<br />

Ihr seid gerade von einer uS-tour wiedergekommen, auf<br />

der ihr in einem Van 11.000 Meilen in fünf wochen zurückgelegt<br />

und fast jede nacht eine Show gespielt habt.<br />

wie macht man das?<br />

D: Eigentlich war es gar nicht so schlimm, wie es klingt. Wir<br />

sind gerne durch die Wüste gefahren und haben Godspeed<br />

gehört – auch eine irgendwie sehr filmische Band, die eher<br />

Landschaften produziert als Songs.<br />

R: Die Wüste hat dann sozusagen Godspeed transformiert<br />

und Godspeed die Wüste. Es wäre allerdings ziemlich blöd<br />

gewesen, wenn wir da plötzlich kein Benzin mehr gehabt<br />

hätten. Aber auch irgendwie erhaben. Du bist eben tatsächlich<br />

allein.<br />

T: Meine am wenigsten favorisierten Momente waren die<br />

fiesen Verhöre an den Grenzen. Diese Typen mit ihren<br />

Riesenwaffen am Gürtel haben einfach die Politik, für alles<br />

viel länger zu brauchen, als sie sollten. Das macht einen<br />

total mürbe.<br />

— IntRO eMPFIeHLt DAS AKT. ALBUM: eSBen anD tHe wItcH »VIOLet<br />

cRIeS« (MATADOR / BEGGARS / INDIGO / Vö 28.01.)<br />

— IntRO eMPFIeHLt DIE TOUR: 13.02. KöLN, 14.02. HA<strong>MB</strong>URG, 17.02. BERLIN<br />

Negativer Raum<br />

... ist in der bildenden Kunst das, was das<br />

eigentliche Objekt umgibt, zum Beispiel<br />

die weiße Fläche um eine schwarze Silhouette.<br />

Auf Musik angewandt ist das<br />

Konzept entsprechend abstrakter.<br />

Der japanische Komponist Toru Takemitsu<br />

beschreibt so den liminalen<br />

Moment, in dem sich ein Sound<br />

in Stille auflöst. Aber Esben And<br />

The Witch formulieren es hier<br />

ja auch ganz schön.<br />

James Blake<br />

Junger Londoner Produzent und einer<br />

der Protagonisten dessen, was man<br />

vielleicht Post-Dubstep nennt. Hatte<br />

einen Blog-Hit mit seinem Cover<br />

von Feists »Limit To Your Love« und<br />

setzt auch auf einem neuen Album<br />

seine eigene klassisch ausgebildete<br />

Stimme ein – fragmentiert und zu<br />

Patterns umarrangiert.<br />

Godspeed You! Black Emperor<br />

Die Meister des epischen Instrumentaltracks<br />

fanden sich im Montréal der<br />

90er-Jahre als sich beständig veränderndes<br />

Kollektiv zusammen. Sie<br />

arbeiten mit Field Recordings vom<br />

wild gewordenen Straßenprediger<br />

bis zum nostalgischen Nachruf auf<br />

das alte Coney Island und legen<br />

ihren eher selten erscheinenden<br />

Alben gerne Extras bei, zum<br />

Beispiel platt gefahrene Pennys<br />

oder kleine linke Manifeste.<br />

2011 steht eine große Europa-<br />

Tour an.

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