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»Es hat mir wahnsinnig<br />
geschmeichelt, zu<br />
sehen, wie zwei Männer,<br />
die in nichts einer<br />
Meinung sind, darin<br />
einer Meinung sind, wie<br />
verblödet mein Song ist.«<br />
HEUTE 069<br />
Parry Gripp kennt die Vorurteile gegen seine Musik zur<br />
Genüge, hat aber kein Problem damit. »Ich bekomme oft<br />
Mails, in denen mir Leute Dinge schreiben wie: ›Ich mag<br />
deine Musik total gerne. Weißt du was? Du solltest mal<br />
richtige Musik machen!‹«<br />
Richtige Musik, das heißt Albummusik und nicht zuletzt:<br />
Songs, die drei, vier Minuten gehen. Aber warum<br />
eigentlich? In den 60ern lag die landläufige Single-Länge<br />
zwischen zwei und drei Minuten, danach stieg sie bis in die<br />
Achtziger stetig an. Und heute? Heute organisieren Jugendliche<br />
mit breit gefächertem Medien-Nutzungsverhalten,<br />
kleinerer -Verweildauer und angeblich immer geringerer<br />
Aufmerksamkeitsspanne ihre Lieblingssongs in Playlists.<br />
Oder sie klicken Dutzende Links in der Stunde, die schnell<br />
überzeugen müssen. Ist Gripps Häppchen-Musikansatz<br />
da nicht sogar eher zukunftsweisend? »Mir schreiben viele<br />
Leute, die ausdrücklich mein kurzes Songformat loben<br />
und es tatsächlich als alternative Form des längeren, auch<br />
massiv formatierten Radio-Popsongs akzeptieren. Meine<br />
Songs werden, weil sie nur ein Drittel so lang sind wie ein<br />
normaler Song, oft einfach dreimal hintereinander gehört.«<br />
Bei witziger Musik hört der Spaß auf<br />
Eine weitere markante Kluft zwischen Gripp und dem »richtigen«<br />
Musiker, dem die Hoheit für die Vermittlung echter<br />
Gefühle alleinig zu gehören scheint, macht der subtile<br />
Witz in Gripps Musik aus. Mit Szenegrößen wie Weird<br />
Al Yankovic oder Tenacious D ist der aber kaum zu<br />
vergleichen. »In meinen Songs geht es eher um<br />
Absurditäten, um Lächerlichkeiten, aber nie um<br />
die klassische Humorpointe oder das Schenkelklopfen.<br />
Ich möchte, dass in meinen Songs ein<br />
ernsthaftes äußeres, also Sound und Pathos<br />
des Liedes, auf einen lächerlichen Textinhalt<br />
trifft. Nur an dem Kontrast entsteht das, was<br />
die Leute dazu bewegt, zu sagen, meine Musik<br />
sei witzig.«<br />
Eine Ballade wie »Pile Of Kittens« macht<br />
das deutlich. Die äußere Form des Liedes<br />
rührt zu Tränen, aber textlich handelt der<br />
Song lediglich davon, dass sich der Ich-<br />
Erzähler »Berge von Katzen« erträumt.<br />
Viele Musikhörer dürften sich von der<br />
Magie dieser Musik unterschwellig verarscht<br />
fühlen – darf dieses Liedchen das<br />
Gleiche in mir auslösen wie ein Song von<br />
Elliott Smith oder Arcade Fire? Parry<br />
Gripp liebt dieses Versteckspiel hinter<br />
schrägen Fassaden und kultiviert<br />
seinen Außenseiter-Status. Welchen<br />
Wert hätte es heutzutage auch schon,<br />
»richtiger« Musiker zu sein? Solange er<br />
es sich leisten kann, wird er im Schlafzimmer-Studio<br />
weiter Songs aufnehmen. Und<br />
wenn das Geld mal nicht mehr reichen sollte,<br />
wird er den von der Sonne beschienenen Hof überqueren<br />
und wieder im Orchideen-Zuchthaus arbeiten.<br />
»Das ist das Gute an Familienbetrieben«, weiß Parry<br />
Gripp. »Man kann immer wieder dorthin zurück, und sie<br />
können einen nicht feuern.«<br />
— SONG OF THE WEEK: (FAST) JEDEN MONTAG NEU AUF<br />
WWW.PARRYGRIPP.COM. / VORAUSSICHTLICH BALD IM HANDEL:<br />
»PET SOUNDS« (OGLIO RECORDS)<br />
— AUF INTRO.DE: DAS KOMPLETTE INTERVIEW UND DIE BESTEN<br />
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