056 HEUTE schwules Utopia und wurden zunächst überwiegend von afro- und lateinamerikanischen Männern frequentiert. Zudem setzten sie in musikalischer Hinsicht neue Maßstäbe, nicht zuletzt dank DJs wie Larry Levan, Frankie Knuckles oder Ron Hardy, die sich aus den verschiedensten Genres ihre Tanzmusik zusammenbastelten. Das neue Hercules-And-Love-Affair-Album »Blue Songs« folgt gewissermaßen chronologisch der Geschichte der elektronischen Musik und orientiert sich verstärkt an den Houseproduktionen der mittleren und späten Achtzigerjahre, verquickt diese Einflüsse aber stimmig mit Elementen aus Industrial, Postpunk, Folk und Kunstlied. Im Gespräch betonen Butler und Foxman immer wieder, dass auch Tanzmusik durchaus in der Lage sei, Botschaften zu vermitteln: »Es ist legitime Musik, die genauso aussagekräftig ist wie die Songs irgendeiner arty Folkindieband, die in Brooklyn an jeder Straßenecke herumläuft«, sagt Butler. All das ist natürlich nicht neu. Disco als queere Utopie. Der Club als im wahrsten Sinne des Wortes unkonventioneller Ort. House music as an univeral language spoken and understood by all. Die Geschichte queerer Popkultur Paris Is Burning / Voguing Jennie Livingstones Film von 1990 beleuchtet die sich größtenteils aus afro- und lateinamerikanischen Transgender und Homosexuellen zusammensetzende New Yorker Ballroom-Szene der Achtziger. Ein Schwerpunkt ist jener »Voguing« genannte Tanzstil, der pantomimische Gesten und Catwalking-Elemente in Tanz überführt. Sowohl in der Bühenshow als auch in der Videoästhetik von Hercules And Love Affair spielt Voguing eine wichtige Rolle. In New York gebe es nach wie vor eine kleine, aber vitale Szene, sagt Kim Ann. Die Voguer aus den Videos der Band seien Kids, die anfangs zu ihren Shows gekommen seien und vor der Bühne einfach drauflosgetanzt hätten. jener Zeit Der damalige New Yorker Bürgermeister Giuliani hatte neben weiteren obskuren Gastronomie-Sanktionen auch ein Tanzverbot verhängt, wegen dem viele Clubs schließen mussten und dessen Einhaltung tatsächlich durch Inspektoren überwacht wurde. Der strenge Regent tat alles, um nächtliche Ausschweifungen zu unterbinden, denn in den Clubs herrsche Sodom und Gomorrha. Im The Hole hielt man es jedoch mit der Weisheit: Interessant ist, was verboten ist. von Andy Warhol über Klaus Nomi, John Waters bis hin zu »Paris Is Burning« können beide im Schlaf runterbeten. Butler erzählt, wie ihm Antony Hegarty von Antony And The Johnsons dafür ein großes Kompliment gemacht habe: »<strong>Als</strong> ich mit Kim Ann im The Hole auflegte, kam er an und sagte: ›Was ihr hier veranstaltet, ist wahrhaft die Insel, die New York gefehlt hat. Es ist genauso wie damals. Es gibt absolut keine Grenzen, es ist scheißegal, ob du schwul, lesbisch, straight, schwarz, weiß, jüdisch, Goi oder what the fuck bist – it’s gonna be alright!‹« – Womit er auf zwei Klassiker aus alten Warehouse-Tagen anspielt. Hegarty ließ sich also nicht zweimal bitten und veredelte unter anderem den größten Hercules-And-Love-Affair-Hit bis dato – »Blind« – mit seinem unverwechselbaren Hermaphroditengesang. You’ve Caught Me Love Dancing der Community so schön vermittelt, so banal es auch klingen mag. Heute Nacht ist etwas ganz Besonderes passiert. Wir haben uns gegenseitig getragen, etwas Tolles zusammen erlebt. Die Dinge mögen schrecklich sein draußen in der Welt, aber hier herrschen andere Regeln. Es ist natürlich eine sehr emotionale Version. Ich kenne Leute, die bei dem Stück sogar geweint haben. Aber Dancemusik sollte eben auch immer in der Lage sein, dich emotional berühren zu können.« It’s Gonna Be Alright ‘Cause The Music Plays Forever Dass Clubmusik diesem Anspruch durchaus gerecht werden kann, beweist Kim Ann Foxman auch im Rahmen ihrer Solo-DJ-Sets, an deren Ende ihr selbst homosexuell lebende Män- ner fortgeschritteneren Alters ewige Liebe schwören und sich wie Teenager für dieses entzückende kleine Wesen begeistern. Das Treiben der in Ekstase auf der Tanzfläche dahinschmelzenden Kreaturen registriert Kim Ann mit stoischer Ruhe, zupft sich nur mal verwundert an der Mütze, derweil ihr Set die Hochzeiten von New-York-, Detroit- und Chicago-House wieder aufleben lässt. »Creature« – so heißt im Übrigen auch ihre erste Solosingle, die kürzlich auf Andys frisch gegrün- detem Label mr.intl. erschienen ist. Kreatur ist ein zauberhaftes Wort, entzieht es sich doch jenem biologistischenGeschlechteridentitäts- zirkus, den sich irgendein Gott mal ausgedacht haben soll. Doch Kategorien wie »männlich« oder »weiblich« führen nur in die Sackgasse. Wir sollten uns also davon frei machen können. Das ist nur eine all jener wahrhaft guten Bot- Die Geschichte der Band beginnt kurz nach der Jahrtausendwende. Damals sei die Musik im New Yorker Nachtleben ziemlich eintönig gewesen, sagt Kim Ann Foxman. Die gebürtige Hawaiianerin war gerade aus San Francisco bieten hat. rübergezogen, Butler kam aus Denver. The Hole war eine Brooklyner Spelunke, in der Kim Ann einen Abend veranstalten durfte – für den sie ihren neuen Kumpel Andy Butler, den sie über eine Ex-Freundin kennengelernt hatte, gleich als Resident-DJ engagierte. Kim Ann: »The Hole an sich war nicht mal sonderlich spektakulär oder cool, aber unser Abend wurde schnell legendär. Jetzt heißt der Laden übrigens The Cock. So The Cock went into The Hole ... [lacht] In erster Linie ging es uns darum, dass wir die Musik spielen konnten, die wir liebten. Das konnten BPitch-Control-Sachen sein, Italo-Disco, Chicago-House, Postpunk, alles, was irgendwie tanzbar war. Eben ein wilder Stilmix. Wir wollten die Homos wieder zum Tanzen bringen, das war zu jener Zeit ja bekanntlich schwer. Am Ende tanzten dann schließlich alle.« schaften, die das fulminante Album »Blue Songs« zu — IntRO eMPFIeHLt DAS AKT. ALBUM: HeRcuLeS anD LOVe aFFaIR »BLue SOnGS« (COOP / UNIVERSAL / Vö 28.01.) AUF TOUR VOM 25.02. BIS 08.03. Die von Kim Ann auf dem neuen Album schwermütig vorgetragene Version von Sterling Voids »It’s Alright« lässt sich als Hommage an das Warehouse und den Chicago-Sound der späten Achtzigerjahre verstehen, der zuletzt eine ziemliche Renaissance erfahren hat. Sie erzählt, dass das Stück immer als letzter Song auf ihren Partys lief. »Deshalb passt er auch so gut ans Ende des Albums. Eben, weil er diesen Gedanken »eS gIBt aBSoLut keINe gReNzeN, eS ISt SCHeISSegaL, oB Du SCHwuL, LeSBISCH, StRaIgHt, SCHwaRz, weISS, JüDISCH, goI oDeR wHat tHe fuCk BISt – It’S goNNa Be aLRIgHt!« zwei Klassiker In Larry Heard a.k.a. Mr. Fingers Klassiker »Can You Feel It?« heißt es: »House music is an universal language spoken and understood by all [...] you may be black, you may be white, you may be jew or gentile, it don’t make a difference in our house [...].« »It’s gonna be alright cause the music plays forever« ist ein Zitat aus Sterling Voids »It’s Alright«. Das Stück wurde später auch von den Pet Shop Boys gecovert.
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