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048 HEUTE<br />
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INteRVIew mIt »PICCo«-RegISSeuR<br />
PHILIP koCH<br />
Ist die Idee zu »Picco« durch den Foltermord in der JVA<br />
Siegburg im Jahr 2006 entstanden?<br />
Diesem Thema bin ich durch den Siegburger Fall tatsächlich<br />
zum ersten Mal begegnet. Damals wurde ja groß in<br />
den Medien darüber berichtet. Wobei ich mich zu der Zeit<br />
nicht näher damit beschäftigt habe. Weil es einfach zu<br />
heftig war. Die Foltergeschichte blieb im Hinterkopf, weil<br />
da eine Wahrheit über unser Land begraben liegt, die man<br />
anpacken muss. Zwei Jahre später wurde mir klar, dass ich<br />
»Picco« drehen musste, und zwar sofort. Du kannst so was<br />
wie »Picco« nicht mit Fernsehsendern machen, die du aber<br />
eigentlich für einen Kinofilm brauchst. Und ich wusste,<br />
dass da nur sehr wenig Förderer mit einspringen würden.<br />
woran liegt das?<br />
Es gab im Nachhinein Redakteure, die den Film großartig<br />
finden und sagen: »Ja, wir hätten den wahnsinnig gern<br />
gemacht, aber nicht mit diesem brutalen Ende.« Ich finde<br />
trotzdem, schwierige Filme müssen gemacht werden. Man<br />
beugt sich sehr schnell einem Diktat. Da geht es um die<br />
Zuschauer und Kinobetreiber. Das Argument lautet: »Das<br />
gucken sich die Leute so nicht an.« Im Fernsehen ist es sowieso<br />
nicht möglich. Und das Einzige, was für einen deutschen<br />
Kinofilm, also einen deutschen Verleiher, funktioniert, ist<br />
Komödie, Kinderfilm oder so große Literaturverfilmungen<br />
wie »Der Baader Meinhof Komplex«, »Die Päpstin« und so<br />
weiter. Das ist die traurige Wirklichkeit. Und das macht es<br />
natürlich schwierig.<br />
welche Mittel standen dir zur Verfügung?<br />
Da »Picco« zur Hälfte in einer Zelle spielt, radikal im Knast<br />
angesiedelt ist, war uns klar, dass wir nur mit geringem<br />
Budget arbeiten können. Wir haben 150.000 Euro Barmittel<br />
ausgegeben. Natürlich haben alle auf Rückstellung<br />
gearbeitet, d. h., man ist dann am Ende doch bei 600.000<br />
gelandet, inklusive der Kopie und allem. <strong>Als</strong> wir nach Cannes<br />
eingeladen wurden, brauchten wir französische Untertitel<br />
und eine 35mm-Filmkopie. Das hat noch mal 40.000 Euro<br />
verschlungen. Zum Glück wurden wir relativ großzügig gefördert,<br />
weil das ein Abschlussfilm war. Und »Picco« ist auch<br />
nur als Filmhochschul-Abschlussprojekt möglich gewesen.<br />
wie waren die Reaktionen bei den bisherigen Vorführungen?<br />
»Picco« geht an die Nieren und ist eine intensive emotionale<br />
Erfahrung für den Zuschauer. Bei den Festivals zumindest<br />
war die Resonanz sehr extrem, und es hat sich gezeigt, dass<br />
»Picco« die Leute stark bewegt, erschüttert, schockiert und<br />
teilweise auch äußerst wütend macht. Das war auch das<br />
Ziel. Die Leute sollen drüber streiten.<br />
Gab es Gefängnisfilme, an denen du dich orientiert hast?<br />
Der Film, der am meisten künstlerischen und inhaltlichen<br />
Einfluss auf »Picco« hatte, war »Scum« von Alan Clarke,<br />
der 1979 als BBC-Fernsehproduktion in Großbritannien<br />
gedreht, aber dann verboten wurde, weil er zu krass war,<br />
und 1980 noch mal als Kinofilm gemacht wurde. Weil er so<br />
schockierend war, führte er schließlich zu Veränderungen<br />
innerhalb des Jugendgefängnis-Systems – für mich ein<br />
Argument für die Radikalität in »Picco«.<br />
wie hast du die jungen Schauspieler gefunden?<br />
<strong>Als</strong>o, da hatte ich ganz großes Glück und bin auch sehr<br />
dankbar dafür, dass ich Simone Bär als Casting-Direktorin<br />
gewinnen konnte. Sie hat auch das Casting für den deut-