der BerG ist kulisse - 041 Kulturmagazin
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ein vergleichsweise kleines festival, dementsprechend<br />
richtet sich unsere auswahl<br />
auch an ein relativ kleines Publikum.<br />
leimgruber: aber man kann dieselbe Beobachtung<br />
sowohl in luzern als auch in<br />
an<strong>der</strong>en städten machen: an lesbischschwulen<br />
festivals finden sich im Publikum<br />
hauptsächlich schwule, lesben und<br />
einige transgen<strong>der</strong>. man bleibt in lesbischschwulen<br />
filmen mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger unter sich.<br />
Eine gute ausnahme<br />
hat vor einigen Jahren<br />
die hollywood-Produktion<br />
«Brokeback mountain»<br />
bewiesen, die mit <strong>der</strong> geschichte von<br />
zwei schwulen Cowboys ein breites Publikum<br />
erreichte. Da hat wohl <strong>der</strong> topos Wil<strong>der</strong><br />
Westen die Brücken geschlagen.<br />
im mainstream-kino werden schwule<br />
und lesben ja oft zu klischeecharakteren<br />
stilisiert.<br />
leimgruber: Es <strong>ist</strong> für uns o. k., dass es<br />
im mainstreamkino und den soapoperas<br />
den Quotenschwulen und die Quotenlesbe<br />
gibt, doch darum geht es uns hier nicht.<br />
Wir gehen mit PinkPanorama und unserem<br />
kinoprogramm in die an<strong>der</strong>e richtung.<br />
Wir wollen schwule und lesbische<br />
filme mit einer eigenen künstlerischen<br />
aussage, einer eigenen sprache zeigen –<br />
auch anspruchsvolle filme, schockierende<br />
filme. als leiter des stattkinos weiss ich,<br />
wie schwierig es ganz allgemein <strong>ist</strong>, dem<br />
Publikum anspruchsvolle filme schmackhaft<br />
zu machen. heute sind die sehgewohnheiten<br />
<strong>der</strong> me<strong>ist</strong>en leute von den<br />
massenmedien, vom Privatfernsehen geprägt.<br />
nie<strong>der</strong>er: Zudem sind wir als homosexuelle<br />
wirklich eine min<strong>der</strong>heit. Diese min<strong>der</strong>heit<br />
aufzurütteln und abzuholen <strong>ist</strong><br />
wahnsinnig schwierig. Denn wir haben<br />
politisch schon viel erreicht, wir haben einen<br />
extremen schritt nach vorne gemacht.<br />
gleichzeitig muss ich sagen: Wir sind noch<br />
nirgends. Die lesben und schwulen, die<br />
sich mit Cheminee, Beamer und sofa gemütlich<br />
zu hause einrichten, sollte man<br />
unbedingt wach behalten für die Probleme,<br />
die nach wie vor bestehen.<br />
Wie zeigt sich dies in eurer Programmierung?<br />
aktuell<br />
nie<strong>der</strong>er: Wir wollen unterschiedliche<br />
lebensentwürfe, aber auch politische situationen<br />
von lesben und schwulen thematisieren.<br />
homosexualität wird nach wie<br />
vor in über 70 län<strong>der</strong>n als Delikt geahndet<br />
und strafbar gemacht. Dokumentarfilme<br />
wie auch spielfilme von ausländischen regisseurinnen<br />
und regisseuren führen uns<br />
diese situation vor augen. Da muss ich oft<br />
«Wir leben nach wie vor in einer von<br />
Männern definierten Gesellschaft.»<br />
leer schlucken, wenn ich sehe, was 2011<br />
noch mit schwulen und lesben passiert.<br />
Das <strong>ist</strong> hardcore.<br />
leimgruber: im kleinen bestehen viele<br />
Problemherde auch hier noch: von homophoben<br />
äusserungen über Diskriminierungen<br />
bis zu körperlicher gewalt. Ein<br />
Coming-out <strong>ist</strong> auch in <strong>der</strong> schweiz noch<br />
lange keine selbstverständliche sache, daher<br />
wollen wir auch die sozialen Dimensionen<br />
<strong>der</strong> lesbischen und schwulen lebensführung<br />
immer wie<strong>der</strong> aufzeigen. Die<br />
filme, die wir in unser Programm aufnehmen,<br />
müssen uns betreffen, auch wenn es<br />
nicht um unsere eigene Welt geht. Wenn<br />
wir einen film über männliche Prostitution<br />
zeigen, dann <strong>ist</strong> das relativ weit weg<br />
von mir o<strong>der</strong> von uns. aber es <strong>ist</strong> ungeheuer<br />
wichtig, solche filme und themen aufzugreifen.<br />
«Brokeback mountain», «la mala education»,<br />
«milk», «a single man» – in <strong>der</strong> filmwelt<br />
scheinen schwule besser vertreten zu<br />
sein als lesben. Wie <strong>ist</strong> das Verhältnis zwischen<br />
lesbischen und schwulen filmen?<br />
leimgruber: Wir leben nach wie vor in<br />
einer von männern definierten gesellschaft.<br />
Das zeigt sich auch darin, dass<br />
schwule gegenüber lesben oft besser organisiert<br />
und vernetzt sind. schliesslich zeigt<br />
sich das auch in <strong>der</strong> Programmierung:<br />
Chr<strong>ist</strong>ina hat etwas mehr schwierigkeiten,<br />
an die filme für das lesbische Programm<br />
zu kommen.<br />
nie<strong>der</strong>er: Peter kriegt die filme für das<br />
schwule Programm in den me<strong>ist</strong>en fällen<br />
via filmverleiher. in <strong>der</strong> lesbischen filmszene<br />
hingegen muss man öfters auch direkt<br />
bei den regisseurinnen anfragen. Vie-<br />
21<br />
le frauen haben keine Produktionsfirma<br />
und weniger finanzielle mittel, um ihre<br />
filme zu drehen. Das spiegelt sich natürlich<br />
auch in <strong>der</strong> Breite und <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong><br />
angebote wi<strong>der</strong>. allerdings gibt es inzwischen<br />
schon deutlich mehr filme im lesbischen<br />
Bereich als zu unserem festivalstart<br />
vor zehn Jahren.<br />
Was sind die Pläne für die Zukunft von<br />
PinkPanorama?<br />
nie<strong>der</strong>er: Wir kommen bald zu einem<br />
Punkt, wo wir uns entscheiden müssen:<br />
grösser werden o<strong>der</strong> klein bleiben. Es würde<br />
uns natürlich freuen, hätten wir mehr<br />
Publikum und volle säle, eine ganze Woche<br />
lang. gleichzeitig haben wir mit diesem<br />
Programmumfang die möglichkeit,<br />
uns auf das zu reduzieren, was wir auch<br />
wirklich zeigen wollen. Uns <strong>ist</strong> wichtig,<br />
dass dies filme sind, in denen wir uns als<br />
lesben und schwule an<strong>der</strong>s erkennen als<br />
in mainstreamfilmen. Daher <strong>ist</strong> es auch<br />
eine realität, dass PinkPanorama ungefähr<br />
in diesem grössenrahmen bleiben<br />
wird: ein kleines, feines, spezielles festival.<br />
20 Filme und ein Konzert<br />
meg. Vom 3. bis 9. November sieht man im<br />
Bourbaki Panorama pink: Das LesBiSchwule<br />
Festival PinkPanorama feiert dieses Jahr sein<br />
10-Jahre-Jubiläum. Ein vielseitiges Programm<br />
aus zwanzig lesbischen und schwulen Filmen,<br />
zusammengestellt von Chr<strong>ist</strong>ina Nie<strong>der</strong>er und<br />
Peter Leimgruber, erwartet die Zuschauer. Die<br />
Filmauswahl dokumentiert unterschiedlichste<br />
Perspektiven von Homosexualität und Queer:<br />
etwa vom Mädchen, das lieber ein Junge wäre<br />
(«Tomboy»), von <strong>der</strong> Unterdrückung schwuler<br />
Männer in Ägypten («All my Life»), von einer<br />
indischen Filmemacherin, die nach elf Jahren<br />
erstmals wie<strong>der</strong> in ihre Heimat zurückkehrt<br />
(«I AM») o<strong>der</strong> von Homosexualität in <strong>der</strong> Rapperszene<br />
(«Off beat»). In je eigener Bildsprache<br />
drücken die insgesamt zwanzig Spiel- und<br />
Dokumentarfilme einerseits aus, was eine gesellschaftliche<br />
Min<strong>der</strong>heit beschäftigt, werfen<br />
zugleich aber auch gesellschaftspolitische Fragen<br />
auf, die ebenso eine Mehrheit betreffen.<br />
Für Diskussionen steht täglich ab 18 Uhr die<br />
PinkBar offen. Am 5. November gibt zudem<br />
<strong>der</strong> renommierte Schwule Männerchor Zürich<br />
– bekannt unter dem Kürzel schmaz – im Südpol<br />
ein Jubiläumskonzert.<br />
Programm im Kulturkalen<strong>der</strong> (Seite 52)<br />
www.pinkpanorama.ch